Hintergrund: Die idiopathische Lungenfibrose (idiopathische pulmonale Fibrose, IPF) ist eine progredient verlaufende Erkrankung, die mit erheblicher körperlicher Einschränkung einhergeht. Die im Sechs-Minuten-Gehtest (6MGT) zurückgelegte Strecke als Maß für die Belastungstoleranz ist bei IPF von prognostischer Aussagekraft. Doch der 6MGT liefert ein punktuelles Messergebnis, das gegebenenfalls nicht repräsentativ ist, während eine Selbsteinschätzung der Patienten bezüglich ihrer Aktivität im Alltag möglicherweise ein umfassenderes Bild von der körperlichen Leistungsfähigkeit liefern könnte, auch bei jenen mit geringerem Erkrankungsgrad. Ziele: Wir evaluierten und charakterisierten ein einfaches Klassifizierungssystem, das auf der Selbstauskunft der Patienten zur täglichen Aktivität basiert, und untersuchten, ob dies bei Patienten mit IPF zu einer signifikant höheren prognostischen Aussagekraft im Vergleich zum alleinigen 6MGT führt. Methoden: Bei Patienten mit IPF (n = 156) wurde die Aktivität im Alltag mit standardisierten Fragen beurteilt und in Aktivitätsklassen (AC I-IV) eingestuft, wobei die weniger stark beeinträchtigten Patienten AC I und II zugeteilt wurden. Der 6MGT wurde ebenfalls ausgewertet. Ergebnisse: Zwischen AC und Beeinträchtigung der Lungenfunktion bestand ein Zusammenhang, zwischen AC und 6MGT eine inverse Korrelation. 32 Patienten wurden in AC I/II eingestuft, 98 in AC III und 26 in AC IV. 37 Patienten (23,7%) verstarben während des Follow-ups (Median 14,9 Monate); hiervon ein Patient aus der AC I/II-Gruppe. Zusätzlich war eine 6-Minuten-Gehstrecke <470 m ein Prädiktor für die Mortalität. Aus der Kombination von AC I/II und >470 m im 6MGT ergab sich eine Subgruppe von Patienten mit günstigem Verlauf. Schlussfolgerungen: Die Aktivitätsklassifizierung (AC) ist ein neuartiges Scoring-System, das einfach zu erheben ist und sowohl mit der Lungenfunktions- und körperlichen Einschränkung als auch mit der Mortalität korreliert. Darüber hinaus erhöht die AC die prognostische Aussagekraft des 6MGT.Übersetzung aus Respiration 2015;90:460-467 (DOI:10.1159/000441302)

Trotz neuer Entwicklungen in der Behandlung der idiopathischen pulmonalen Fibrose (IPF) bleibt sie immer noch eine unheilbare Krankheit, die zur respiratorischen Insuffizienz und zum Tod führt. Darüber hinaus bleibt der Verlauf der Krankheit nach wie vor hochvariabel.

Verschiedene Parameter sind zur Vorhersagekraft des klinischen Verlaufs und zum Überleben bei Patienten mit IPF bereits bewertet worden. Neben der gut dokumentierten Korrelation von forcierter Vitalkapazität (FVC) und Überleben sind andere Funktionsparameter - wie CO-Transferfaktor der Lunge (TLCO) und der Sechs-Minuten-Gehtest (6MGT) - in verschiedenen Studien als Prädiktoren der Sterblichkeit bewertet worden. Darüber hinaus wurden Indizes wie der GAP-Index (Geschlecht, Alter und physiologische Parameter) entwickelt, um den klinischen Verlauf des einzelnen Patienten besser vorhersagen zu können.

Patienten mit IPF leiden aufgrund der Dyspnoe und der verminderten körperlichen Belastbarkeit unter einer starken Einschränkung ihrer täglichen Aktivitäten. Um den Grad der Einschränkung besser zu erfassen, sind verschiedene Fragebögen verwendet worden. Die Korrelation der Einschränkung der täglichen Tätigkeiten und des Überlebens ist jedoch bis dato nicht ausgiebig untersucht worden.

Das Ziel der vorliegenden Studie von Leuchte et al. war es zu prüfen, ob ein einfaches Bewertungssystem, das die Einschränkung der täglichen Aktivitäten basierend auf den Angaben der Patienten mit IPF erfasst, mit der Sterblichkeit dieser Patienten korreliert. Zudem wurde die Aussagekraft dieses Scores mit anderen funktionellen Parametern verglichen.

156 Patienten wurden in die Studie eingeschlossen und für eine mittlere Zeit von 14,9 Monaten prospektiv verfolgt. Die Patienten wurden basierend auf Fragen zu ihrer täglichen Aktivität in ein Vier-Stufen-Bewertungssystem eingeordnet, das die folgenden Fragen umfasste: «Sind Sie in der Lage, Ihre persönliche Hygiene durchzuführen?»; «Sind Sie in der Lage, leichte Hausarbeit zu verrichten?»; «Sind Sie in der Lage, regelmäßig zu arbeiten?»; «Sind Sie in der Lage, Sport zu treiben?»

Patienten, die alle Fragen positiv beantwortet haben, wurden Stufe I, Patienten mit drei positiven Antworten Stufe II, Patienten mit zwei positiven Antworten Stufe III und Patienten mit nur einer positiven Antwort Stufe IV zugeordnet.

Die Auswertung ergab eine negative Korrelation zwischen der Aktivitätsstufe und den Lungenfunktionsparametern wie FVC und TLCO oder der Gehstrecke während des 6MGT. Zudem korrelierte die Sterblichkeit besser mit der Aktivitätsstufe als mit der Strecke während des 6MGT.

Eine Aktivitätsstufe >II wurde mit einem 16,9-fachen Mortalitätsrisiko verbunden. Die Kombination der Aktivitätsstufe I/II und einer Sechs-Minuten-Gehstrecke >470 m entsprach Patienten mit niedrigerem Mortalitätsrisiko.

Die Vorhersage des klinischen Verlaufs bei Patienten mit IPF ist komplex. Trotz des etablierten Einsatzes von FVC als Vorhersageparameter spielen andere klinische und funktionelle Parameter eine Rolle und sind in Stufen-Systemen wie z.B. dem GAP-Score implementiert worden. Fragebögen, die die Lebensqualität von Patienten mit IPF erfassen, sind von großer Bedeutung, um eine ganzheitliche Sicht auf die Bedürfnisse der Patienten zu erhalten. Sie werden jedoch selten in der klinischen Praxis eingesetzt.

Ein einfaches, auf den täglichen Tätigkeiten der Patienten basierendes Klassifikationssystem, wie von Leuchte und Kollegen vorgestellt, zeigt, wie wichtig es ist, die grundlegenden Aspekte des täglichen Lebens von Patienten mit IPF zu berücksichtigen und bestätigt, dass Patienten, die weniger aktiv in ihrem Alltag sind, eine schlechtere Prognose haben.

Obwohl nicht spezifisch, da es durch Komorbiditäten (z.B. pulmonale Hypertonie und Depression) beeinflusst werden kann, erinnert uns dieses Klassifikationssystem daran, das ganze Bild zu sehen und sich nicht nur auf Werte physiologischer Tests wie Lungenfunktion, Gasaustausch oder 6MGT zu konzentrieren.

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