Abstract
Hintergrund: Unsere vorausgehenden Tier- und ersten Humanstudien deuteten darauf hin, dass die Bronchoskopie-geführte, gekühlte Hochfrequenzablation (RFA) für die Lunge ein unbedenkliches und praktikables Verfahren ohne größere Komplikationen ist. Ziele: Diese Studie diente der Beurteilung der Sicherheit, Wirksamkeit und Durchführbarkeit einer CT-gesteuerten, bronchoskopischen gekühlten RFA bei Patienten mit medizinisch inoperablem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC). Methoden: Aufgenommen wurden Patienten mit pathologisch diagnostiziertem NSCLC ohne Lymphknotenbefall oder Fernmetastasen (T1-2aN0M0), die jedoch aufgrund von Komorbiditäten für eine Operation nicht geeignet waren (z. B. synchrone multiple Herde, hohes Lebensalter, Herz-Kreislauf-Erkrankung, schlechte Lungenfunktion). Diagnosestellung und Lokalisierung zwischen dem nächsten Bronchus und dem Zieltumor erfolgten durch CT-gesteuerte Bronchoskopie vor der Behandlung. Insgesamt wurden 28 Bronchoskopie-geführte, gekühlte RFA-Eingriffe bei 20 Patienten vorgenommen. Nach der Behandlung erfolgten serielle CT-Aufnahmen zum Follow-up. Ergebnisse:11 Läsionen zeigten signifikante Tumorverkleinerung und 8 Läsionen Stabilisierung; dies entsprach einer lokalen Krankheitskontrollrate von 82,6%. Die mediane progressionsfreie Überlebensdauer betrug 35 Monate (95%-KI: 22-45 Monate), und die 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate (OS) betrug 61,5% (95%-KI: 36-87%). Bei 3 Patienten trat eine akute ablationsbedingte Reaktion auf (Fieber, Schmerzen im Brustraum), die eine stationäre Behandlung erforderlich machte, sich unter konservativer Behandlung jedoch besserte. Weitere unerwünschte Ereignisse traten in dieser Studie nicht auf. Schlussfolgerung: Die CT-gesteuerte, bronchoskopische gekühlte RFA ist nur für ausgewählte Patienten geeignet; unsere Studie könnte jedoch eine alternative Strategie insbesondere für die lokale Krankheitskontrolle bei medizinisch inoperablen Patienten im NSCLC-Stadium I darstellen. Übersetzung aus Respiration 2015;90:47-55 (DOI:10.1159/000430825)
Experten-Kommentar
Transfer in die Praxis
Das Lungenkarzinom kann sich zentral wie peripher in der Lunge zeigen. Die periphere pulmonale Läsion, meist ein Rundherd, ist nicht nur schwieriger zu diagnostizieren, sondern manchmal auch schwieriger zu therapieren. Die Operation stellt die Standardtherapie beim peripheren Karzinom dar. Bronchoskopische Methoden können in der Zukunft eine Rolle spielen, wenn eine Operation nicht möglich ist. Gründe können bei zunehmend älteren Patienten häufigere Komorbiditäten sein. Die stereotaktische Bestrahlung stellt eine solche Alternative dar, die bereits verfügbar, aber auch an bestimmte Bedingungen gebunden ist.
Die Arbeitsgruppe um Koizumi entwickelte einen gekühlten Katheter für die Radiofrequenzablation, der durch den Arbeitskanal des flexiblen Bronchoskops eingebracht werden kann. Dabei wird eine Koagulationsnekrose im Tumorgewebe erzeugt. Verwendung fanden ein Katheter mit einer 10 mm-Spitze und ein monopolarer Radiofrequenzgenerator. Die Kühlung erfolgt über eine Pumpe mit 4 °C-kaltem Wasser, um eine größere Effektivität zu erzielen. Das System wurde an Patienten mit inoperablem frühem peripheren Lungenkarzinom eingesetzt. Es erfolgte eine flexible Bronchoskopie mit Prämedikation und Sedierung unter Spontanatmung auf dem CT-Tisch mit dem notwendigen Monitoring. Mithilfe einer Niedrigdosis-CT wurde dann versucht, die Elektrodenspitze im Tumor zu lokalisieren. Nach Überprüfung der Lage erfolgten 2-3 RFA. Die Gesamtdauer lag unter 20 Min. Das Follow-up erfolgte mit CT nach 1, 3, 6 und 12 Monaten, dann halbjährlich.
In die Studie wurden 20 Patienten mit 23 Läsionen eingeschlossen. Die Ergebnisse waren vielversprechend mit mindestens einer lokalen Tumorkontrolle bei 19 von 23 Läsionen (82,6%), davon bei 11 mit signifikantem Tumorrückgang (47,8%). In der Nachbeobachtung zeigte sich bei 12 Läsionen ein Progress, bei 5 erfolgte eine weitere RFA. Bei 3 Patienten folgte später eine Radiotherapie, bei einem eine Chemotherapie. Das 5-Jahres-Überleben ist mit 61,5% sehr gut. Die Komplikationen waren gering. Leichte Schmerzen konnten durch Lagekorrektur der Sonde reduziert werden. Im Verlauf kam es bei 3 Patienten zu einer Konsolidierung mit Fieber. Die derzeitig verfügbaren Alternativen sind durch relevantere Nebenwirkungen gekennzeichnet: Der Pneumothorax bei der perkutanen RFA oder die Strahlenpneumonitis bei der stereotktischen Strahlentherapie. Die bronchoskopische RFA ist auch bei Wiederholung sicher. Lediglich eine Lymphknotenmetastasierung oder eine Fernmetastastasierung müssen ausgeschlossen sein, da das Verfahren nur lokal wirkt.
Eine wichtige Voraussetzung ist, dass die Sonde im Tumor platziert werden kann. Dies wird durch das CT ermöglicht. Das Bronchuszeichen im CT ist ein wichtiger Hinweis, dass die Läsion auf bronchoskopischem Wege erreichbar ist. Die Autoren halten dies für einen wichtigen Anhaltspunkt bei der Planung des Verfahrens. Auf der anderen Seite kann ein fehlendes Bronchuszeichen bedeuten, dass man mit dem Katheter nicht ausreichend nahe an die Läsion kommen kann und damit eben eine solche Therapie nicht möglich ist. Zur besseren Lokalisation könnte allerdings der Einsatz der EBUS-Minisonde mit Hüllkatheter und/oder eines Navigationsverfahrens beitragen und das Vorgehen unmittelbar unter CT-Kontrolle ersetzen.
In der Studie wurde der Erfolg nur mit CT überprüft. Bioptische Verfahren wurden nicht eingesetzt. Wir haben mit der Biopsie und Re-Biopsie bei Tumoren gute Erfahrungen. Dies ist wichtig, da weitere Untersuchungen des Biopsiematerials heutzutage häufig eingesetzt werden und der molekularen Analyse ein hoher Stellewert zukommt.
Fazit
Die zunehmende Zahl von peripheren malignen Tumoren erfordert bessere lokale Behandlungsmöglichkeiten, wenn die Resektion wegen Inoperabilität oder Ablehnung der Operation ausscheidet. Die stereotaktische Bestrahlung kann nicht immer eingesetzt werden. Der bronchoskopische Weg zur Behandlung solcher Läsionen erscheint vielversprechend. Die Behandlung kann über eine flexible Bronchoskopie in Lokalanästhesie durchgeführt werden. Allerdings ist eine begleitende Niedrigdosis-CT notwendig, um die Lokalisation der Sonde im Herd zu überprüfen. Allerdings ist nicht jede Läsion auf bronchoskopischem Wege erreichbar. Das ist sicherlich die entscheidende Einschränkung. Unter den genannten Voraussetzungen stellt die RFA eine neue Therapieoption dar, die gerade angesichts der Zunahme älterer Patienten mit Komorbiditäten an Bedeutung gewinnt. Weiterentwicklungen der Technik können dazu beitragen, das Verfahren breiter verfügbar zu machen.