Zusammenfassung
Eine Dysfunktion der Skelettmuskulatur und Bewegungsmangel sind 2 klinisch bedeutsame Merkmale zahlreicher akuter und chronischer Atemwegserkrankungen. Die Optimierung dieser beiden Faktoren ist sehr wichtig dafür, die körperliche Funktionsfähigkeit zu verbessern, einer klinischen Verschlechterung vorzubeugen und die Teilhabe am Sozialleben zu maximieren. Zu den wirksamsten und am besten belegten Maßnahmen, mit denen diesen physischen Defiziten begegnet wird, zählt die pulmonale Rehabilitation (PR). Der Großteil der Studien zur PR ist zwar bei Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung durchgeführt worden, doch es ist weithin anerkannt, dass die PR auch bei vielen anderen Atemwegserkrankungen hilfreich sein kann. Dies gilt beispielsweise für Patienten mit interstitieller Lungenerkrankung, Asthma, pulmonaler Hypertonie, vor/nach einer Lungenoperation (z.B. bei Lungenkarzinom, Transplantation) oder mit Mukoviszidose, um nur einige zu nennen. Ein körperliches Trainingsprogramm muss von kompetentem medizinischem Fachpersonal mit umfassender Kenntnis der Pathologie und Physiologie dieser Krankheiten und fundiertem Verständnis der Sportphysiologie und Grundlagen der Gestaltung, Überwachung und Steigerung eines Bewegungstrainings verordnet werden. Zunehmend wird auch anerkannt, dass Menschen mit - insbesondere chronischen - Atemwegserkrankungen körperlich erheblich weniger aktiv sind als Gesunde. Das Ziel einer PR sollte daher auch sein, Verhaltensumstellungen im Sinne der dauerhaften Annahme eines aktiven Lebensstils herbeizuführen. Außerdem sollte eine PR auch das psychische Wohlbefinden des Patienten und sein Selbstmanagement der Lungenkrankheit in all seinen Facetten berücksichtigen. Dazu sollten individualisierte interdisziplinäre Programme angeboten werden. Die vorliegende Übersichtsarbeit skizziert die Grundlagen der PR als Hintergrund für eine Serie von Artikeln, in denen einzelne Krankheiten behandelt werden, bei denen ähnlich wie bei chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung die Rehabilitation einen klinisch bedeutsamen Aspekt der Versorgung über die medikamentöse Therapie hinaus darstellen kann.
Einleitung
Die pulmonale Rehabilitation (PR) hat sich als evidenzbasierte Therapie bei Patienten mit Atemwegserkrankungen etabliert [1]. Sie hat auch Eingang in verschiedene Therapieleitlinien spezifischer Krankheitsbilder gefunden, besondere Aufmerksamkeit ist ihr jedoch im Bereich der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zuteilgeworden. Diese Artikelserie wird deutlich machen, dass der Nutzen einer umfassenden PR weit über das Krankheitsbild COPD hinausgeht. Die Hauptziele der PR sind es, 1) die nichtrespiratorischen (extrapulmonalen) Auswirkungen von Atemwegserkrankungen anzugehen, 2) sicherzustellen, dass die Patienten den bestmöglichen Umgang mit ihrer Krankheit erlernen, und 3) den Patienten die Kompetenz zu vermitteln, ein gesundes Leben in Bezug auf physische Aktivität (PA), Ernährung sowie emotionales und psychisches Wohlbefinden zu führen. Diese Aspekte sind von höchster Relevanz bei vielen chronischen Lungenerkrankungen (z.B. interstitielle Lungenerkrankung, pulmonale Hypertonie, Mukoviszidose) und akuten Atemwegserkrankungen mit chronischen Folgen (z.B. Zustand nach intensivstationärer Behandlung oder nach Lungenkrebs). Alle diese Krankheitsbilder haben gemeinsam, dass die Morbidität des Patienten oft mehr umfasst als die unmittelbar betroffenen Atemwege. Muskelfunktionsstörungen beispielsweise sind bei COPD gut dokumentiert [2], spielen aber auch bei Mukoviszidose [3], Lungenfibrose [4], pulmonaler Hypertonie [5] sowie nach intensivmedizinischer Behandlung [6] eine bedeutende Rolle. Ebenso sind depressive Symptome und soziale Isolation bei vielen Atemwegserkrankungen weitverbreitet. Ein wichtiger zugrunde liegender Faktor, der zu diesen nichtpulmonalen Folgen von Atemwegserkrankungen beiträgt, ist Bewegungsmangel. Wiederum ist dies besonders für COPD gut untersucht [7], aber auch in anderen respiratorischen Indikationen ist der Zusammenhang anerkannt [8,9,10]. Dies sind nur einige der offensichtlichen Ansatzpunkte für Rehabilitationsmaßnahmen.
In diesem Artikel werden allgemeine Grundlagen der Rehabilitation in einem weitgefassten Kontext respiratorischer Erkrankungen behandelt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt hierbei auf einem Referenzrahmen für die Rehabilitation und insbesondere das körperliche Training und die Reaktivierung der Patienten. Auch auf andere Aspekte des Rehabilitationsprozesses und einige allgemeine Grundsätze zum Aufbau und Zugang wird eingegangen. Weitere Übersichtsarbeiten in dieser Serie* werden sich dann mit den spezifischen Modifikationen der Rehabilitation für einzelne Atemwegserkrankungen befassen. Insgesamt will diese Serie bei Klinikern das Bewusstsein für die Bedeutung der PR in Bezug auf die meisten Patienten mit Atemwegserkrankungen schärfen - das angestrebte Ziel ist, dass jeder einzelne Kliniker durch das Lesen der Serie die Möglichkeiten der Rehabilitation in seinem spezifischen klinischen Umfeld und für seine spezifische Patientenpopulation reflektiert. Diese Serie erscheint zur rechten Zeit, nachdem kürzlich eine Umfrage ergeben hat, dass PR im Allgemeinen relativ schlecht angenommen wird, vor allem aber bei Patienten, die an einer anderen Krankheit als COPD leiden [11]. Während an 97% aller Programme Patienten mit COPD überwiesen worden waren, hatten nur 74% Überweisungen von Patienten mit restriktiven Lungenerkrankungen (darunter interstitielle Lungenerkrankung und Erkrankungen der Thoraxwand) und 71,9% von Patienten mit Asthma oder vorausgehender Thoraxchirurgie. Noch erheblich niedriger waren die Prozentsätze für Patienten mit Mukoviszidose, pulmonaler Hypertonie und anderen Atemwegserkrankungen [11]. Das unterstreicht, wie wichtig es ist, tiefere Einblicke in die spezifischen Vorteile der Rehabilitation bei diesen Patientengruppen zu vermitteln, und zeigt auf, wie diese Programme aufgebaut sein könnten.
Grundlagen des körperlichen Trainings
Körperliches Training ist heute weithin anerkannt als grundlegende Komponente der besten medizinischen Praxis bei einer stetig steigenden Zahl chronischer Krankheiten. Es kann in frühen wie in späten Krankheitsstadien, bei stabilem wie bei akut verschlechtertem Zustand angewandt werden. Zu den charakteristischen Zielen der PR zählen die Optimierung der körperlichen Funktionsfähigkeit, die Besserung von Symptomen und Steigerung der Lebensqualität sowie, bei übermäßiger Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, eine Reduktion des Behandlungsaufwands. Bezogen auf COPD werden diese Ziele durch hochwertige Evidenz der Stufe I gestützt. Bei anderen Krankheitsbildern als COPD ist die Beweislage weniger gut ausgeprägt. Dennoch ist die Rationale für ähnliche Effekte zweifelsfrei gegeben, und in der aktuellen Stellungnahme der ATS/ERS zur PR wurde eine Zusammenfassung von Studien und Empfehlungen für spezifische Krankheitsgruppen geliefert [1], der zufolge positive Effekte unabhängig von der zugrunde liegenden Pathologie erwiesen sind [12,13,14,15,16,17,18]. Außer im Fall rasch fortschreitender Krankheiten wie interstitieller Lungenfibrose, bei denen das Trainingsprogramm durch eine Krankheitsprogression kompliziert werden kann, ist es unwahrscheinlich, dass krankheitsspezifische Unterschiede in der Größenordnung des Effekts auf die zugrunde liegende Pathologie zurückzuführen sind. Wahrscheinlicher ist, dass sie sich zum Teil durch Variationen in der Trainingsintensität, -dauer und -häufigkeit erklären lassen, die den besonderen Bedürfnissen der jeweiligen Patientengruppe entsprechen. So wird beispielsweise bei pulmonaler Hypertonie sowie bei manchen Patienten im Vorfeld einer Lungentransplantation eine geringere Belastungsintensität empfohlen [1,19].
Körperliches Training umfasst eine Reihe festgelegter, strukturierter und repetitiver Übungen, die auf die Erreichung bestimmter Trainingsziele ausgelegt sind (z.B. Steigerung der Kraft, Ausdauer oder aeroben Kapazität/Fitness). Von der PA unterscheidet es sich dadurch, dass es spezifisch auf die Verbesserung von Gesundheit und/oder Fitness abzielt und dass die Reizintensität und -dauer in der Regel höher sind als bei normalen Alltagsaktivitäten. Bei Patienten mit einer Atemwegserkrankung beruht körperliches Training auf den gleichen physiologischen Mechanismen wie bei Menschen mit anderen Krankheiten oder Gesunden, und es gelten die gleichen Trainingsgrundsätze. Hierzu zählt die Berücksichtigung der Frequenz, der Intensität, des Typs und des Timings des Trainings (die «FITT»-Prinzipien; Tab. 1). Außerdem sind bei der Verordnung von körperlichem Training auch die Prinzipien von Überlastung und Progression sowie Spezifität und Reversibilität zu berücksichtigen. Auf diese letzteren Prinzipien wird nachstehend näher eingegangen.
Überlastung und Progression
Um die Skelettmuskulatur und/oder die Herz-Kreislauf-Funktion zu stärken, müssen diese Systeme regelmäßig «überlastet» werden, ohne dabei bleibende Schäden hervorzurufen. Mehrere Studien belegen einen größeren physiologischen Nutzen von körperlichem Training bei Atemwegserkrankungen, wenn das Training mit höherer statt niedriger Intensität durchgeführt wurde [21,22,23,24]. Dies schließt nicht aus, dass stark einschränkende Atemwegssymptome und die gesundheitsbezogene Lebensqualität auch durch Training niedrigerer Intensität effektiv verbessert werden können [25]. Jedoch entfaltet Training niedriger Intensität seine Wirkung wahrscheinlich über andere Mechanismen als durch Veränderungen der Muskelfunktion. Möglicherweise ist seine (vergleichsweise begrenzte) Wirksamkeit durch eine verbesserte Bewegungseffizienz und eine dadurch verursachte Desensibilisierung gegenüber Dyspnoe zu erklären. Bei COPD-Patienten, die am Ende eines Trainingstermins erhebliche Skelettmuskel-Ermüdung empfanden - ein Zeichen für Überlastung -, zeigte ein körperliches Trainingsprogramm bessere Wirkung [26,27], was erneut bestätigt, dass die allgemeinen Trainingsprinzipien auch bei Patienten mit Atemwegserkrankungen gelten. Eine Überlastung wird erzielt, indem ein oder mehrere Aspekte des Trainings verändert werden. Bei Atemwegserkrankungen bedeutet dies meist eine Erhöhung der Trainingsbelastung (Intensität und/oder Anzahl der Wiederholungen), kann aber auch eine Steigerung der Bewegungsgeschwindigkeit, Verkürzung der Erholungszeit oder (seltener) eine Erhöhung der Trainingshäufigkeit umfassen [28]. Für das Herz-Kreislauf-System wird eine Trainingsintensität zwischen 40 und 85% der Sauerstoffaufnahme(VO2)-Reserve oder Herzfrequenzmax-Reserve empfohlen; für Erwachsene mit eher schlechter Fitness gelten niedrigere Werte (40-50% der VO2-Reserve) [20]. Bei Patienten mit Atmungs- oder Gasaustausch-Beschränkung unter Belastung wird eine adäquate Trainingsintensität in der Regel bei einem Symptom-Score von 3-4 auf einer modifizierten Borg-Dyspnoe-Skala (Bereich 0-10) bzw. von 12-13 auf der Borg-Skala für das Anstrengungsempfinden (Bereich 6-20) erzielt. Für Krafttraining werden Lasten in Höhe von 50-85% der maximalen willkürlichen Kontraktion empfohlen [20].
Spezifität
Kliniker müssen bedenken, dass körperliches Training in der Regel jeweils hochspezifische Trainingseffekte bewirkt. Durch Gehtraining beispielsweise wird sich die Gehleistung stärker verbessern als die Kapazitäten beim Radfahren. Übungen für die oberen Extremitäten werden geringe Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der unteren Extremitäten oder des ganzen Körpers haben [29,30,31]. Interessanterweise besteht eine solche Spezifität sogar bei der Art der Aktivierung der Muskeln im Training und den zu verzeichnenden Ergebnissen nach dem Training. So hat beispielsweise das Training mit dem Armergometer nur marginale Auswirkungen auf funktionellere Aufgaben der oberen Extremität und umgekehrt [32].
Hierbei ist anzumerken, dass möglicherweise bei gebrechlichen älteren Patienten und bei Patienten in schlechterer Verfassung ein stärkerer Transfer von Trainingseffekten stattfindet als bei jungen, gesunden Menschen, da bei Ersteren eine schlechtere Ausgangslage im Hinblick auf die kardiorespiratorische und/oder Skelettmuskel-Funktion vorliegt. Ein solcher Transfer von Trainingseffekten wurde bei Patienten mit COPD nachgewiesen; bei ihnen wurden nach Krafttraining Verbesserungen der Gehleistung beobachtet [33,34]. Ebenso wurde gezeigt, dass Krafttraining bei älteren Patienten die oxidative Kapazität der Skelettmuskulatur verbesserte [35] - ein Effekt, der bei jungen, gesunden Probanden nicht auftritt.
Reversibilität
Die vorteilhaften Auswirkungen des körperlichen Trainings lassen wieder nach, sobald ein Trainingsreiz unterbrochen wird. Das gilt für Sportler genauso wie für Atemwegspatienten; mehrere Studien zu chronischen Atemwegserkrankungen belegen einen Nutzenverlust bis zu 12 Monate nach Beendigung der PR [36,37,38]. Welche Mechanismen diesem funktionellen Abbau genau zugrunde liegen, ist nicht bekannt; sie sind wahrscheinlich multifaktoriell. Bei Menschen mit Atemwegserkrankungen liegt die Vermutung nahe, dass mangelnde PA ein wichtiger Faktor für den Verlust von durch Training erzielten Verbesserungen ist, gerade auch angesichts ihres im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen erheblich niedrigeren Niveaus an PA [39,40,41]. Andere Faktoren, die möglicherweise zum Nutzenverlust beitragen, sind Exazerbationen und ein Fortschreiten der Krankheit.
Belastungsgrenzen
Körperliches Training wird in der Regel auf der Grundlage der Belastungsgrenzen bei stabilen Patienten verordnet. Mögliche limitierende Faktoren für die Trainingsbelastung sind das Herz-Kreislauf-System, das Atmungssystem, das Gasaustausch-System sowie die Skelettmuskulatur selbst. Das Trainingsprogramm kann an diese Begrenzungen angepasst werden - durch Intervalltraining, Training kleinerer Muskelgruppen oder nichtinvasive Beatmung bei Patienten mit stärkerer respiratorischer Einschränkung. Die Sauerstofftherapie ist eine Möglichkeit bei Patienten mit Einschränkung des pulmonalen Gasaustauschs und starkem Abfall der Sauerstoffsättigung unter Belastung. Krafttraining kann bei Menschen sinnvoll sein, deren Trainingsleistung durch eine schwache Skelettmuskulatur begrenzt ist. Inspirationsmuskel-Training kann zusätzlich bei Patienten angewandt werden, bei denen eine schwache Atemmuskulatur die Trainingsleistung limitiert. Die Ursachen für diese Leistungseinschränkungen können bei akuten Beschwerden andere sein als in einer stabilen Krankheitsphase. Dies leuchtet ein, wenn die signifikante pathophysiologische (atem- und peripher-muskuläre) Verschlechterung während dieser Episoden bedacht wird. Strategien für das körperliche Training müssen dann gegebenenfalls geändert werden, um die respiratorische Last möglichst gering zu halten. In der klinischen Praxis haben sich mehrere Vorgehensweisen bei dieser Patientengruppe herauskristallisiert, unter anderem eine Umstellung von aktivem, bewusst gesteuertem Ganzkörpertraining (z.B. Radfahren, Gehen) [42] auf Krafttraining für kleinere Muskelgruppen [43] oder passive Modalitäten ohne aktive Steuerung (neuromuskuläre Elektrostimulation) [44]. Man nimmt an, dass die physiologischen und trainingsbezogenen Prinzipien der Verordnung während einer stationären Behandlung gleichermaßen gelten; zu beachten ist jedoch, dass die Evidenzbasis bezüglich dieser Krankheitsphase erheblich weniger umfangreich ist als die zur stabilen Phase. Besondere Aufmerksamkeit muss darüber hinaus ausgewählten Patientengruppen zuteilwerden, die in dieser Krankheitsphase ein erhöhtes Risiko für unerwünschte Ereignisse oder Verletzungen haben könnten, z.B. Patienten, die hochdosierte Kortikosteroide erhalten und einem erhöhten Osteoporoserisiko unterliegen könnten oder die Fluorchinolone (eine Klasse von Antibiotika) erhalten und ein erhöhtes Risiko für Sehnenrisse haben könnten [45,46].
Während die PR für alle COPD-Patienten eine empfohlene Therapieform darstellt, wird anerkannt, dass sie für eine Minderheit von Menschen mit einer anderen Erkrankung als COPD potenziell ungeeignet sein kann [1]. Tatsächlich müssen die Modalitäten und die Intensität des körperlichen Trainings den Belastungsgrenzen des Patienten entsprechend angepasst werden. Die weiteren Komponenten des Programms, darunter Selbstmanagement-Strategien und Aufklärung, sollten ebenfalls auf den individuellen Bedarf zugeschnitten werden; eine Einheitslösung ist nicht angemessen.
Typische Trainingsprogramme im Überblick
PR wurde kürzlich definiert als «umfassende Intervention auf der Grundlage einer gründlichen Beurteilung des Patienten, gefolgt von auf den Patienten zugeschnittenen Therapiemaßnahmen wie insbesondere körperliches Training, Aufklärung und Verhaltensumstellung ...» [1]. In Bezug auf das körperliche Training, die zentrale Komponente der PR, setzt eine maßgeschneiderte Therapie zwingend eine gründliche Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit voraus. Dazu gehört die Untersuchung der aeroben Ausdauerleistung und der Muskelkraft [2]. Das körperliche Training im Rahmen der PR findet üblicherweise an mindestens 2-3 Tagen pro Woche unter Aufsicht statt; hinzu kommt selbständiges Training zu Hause an weiteren Tagen, sodass an maximal 5 Tagen pro Woche trainiert wird. Es ist wichtig, dass Ruhepausen eingehalten werden, damit die Muskeln und andere Körperstrukturen sich von der Trainingsbelastung erholen. Die wichtigsten Trainingskomponenten der PR sind nachstehend dargestellt.
Aerobes Training beinhaltet anhaltende, repetitive Übungen von mittlerer bis hoher Intensität, die größere Muskelmassen beanspruchen und eine recht hohe kardiorespiratorische Belastung erzeugen. Typische Übungen sind (rasches) Gehen oder Joggen sowie Radfahren und Wassergymnastik. Diese Übungen können entweder kontinuierlich oder unterteilt (intermittierend) ausgeführt werden. Beide Modalitäten (kontinuierlich und intermittierend) erzielen ähnliche Ergebnisse, allerdings bietet das Intervalltraining mehr Möglichkeiten zur Steigerung der Intensität, insbesondere bei Vorliegen von Atemeinschränkungen, und es wird allgemein von den Patienten als angenehmer empfunden. Die Übungen werden in der Regel bis zu einer Zieldauer von, wenn möglich, 20 min gesteigert; zur Orientierung dient ein Dyspnoe-Score laut Selbsteinschätzung des Patienten (z.B. modifizierte Borg-Dyspnoe-Skala).
Krafttraining besteht aus Übungen mit hohem Widerstand und geringer Wiederholungszahl, um die Kraft zu steigern, oder mit niedrigerem Widerstand und höherer Wiederholungsrate, um die Ausdauer zu verbessern. Typische Beispiele sind freie Gewichte (z.B. Bizeps-Curls, Seitheben) und Trainingsgeräte (z.B. Brustmuskel-Presse, Beinpresse im Sitzen). Die Dosierung erfolgt in der Regel anhand der Zahl der Wiederholungen sowie des Widerstandsgrads und der Steigerung durch Widerstands-/Lastzunahme (für Kraft) bzw. Erhöhung der Wiederholungszahl/Dauer (für Ausdauer). Krafttraining soll wichtige Muskelgruppen ansprechen, insbesondere solche mit großer Muskelmasse (z.B. Quadrizeps, Gluteus), solche mit Beteiligung an mehreren Gelenkfunktionen (z.B. Gastrocnemius, Bizeps, ischiocrurale Muskulatur) und solche von zentraler Bedeutung für Alltagsaktivitäten (z.B. Brust- und Schultermuskeln zum Duschen und Waschen).
Die anfängliche Trainingsbelastung wird in der Regel gemäß der maximalen Kapazität des Patienten bei Trainingsbeginn festgelegt. Diese wird für das aerobe Training in der Regel anhand eines Geh- oder Ergometertests mit Maximal- oder Beinahe-Maximalbelastung bestimmt. Beim Krafttraining erfolgt die Verordnung üblicherweise auf der Grundlage eines Tests der maximalen Kontraktion bei 1 Wiederholung. Die Steigerung der Trainingsintensität kann anhand objektiver Maße (z.B. % der maximalen Leistungsrate) oder auf subjektiver Basis (z.B. gemäß empfundener Dyspnoe oder Anstrengung) erfolgen [1,20].
Eine Intensitätssteigerung innerhalb einer Trainingssitzung kann in Abhängigkeit von der individuellen Steigerungsfähigkeit [1] oder vom potenziellen Nebenwirkungsrisiko (z.B. für belastungsinduzierte Bronchospasmen bei Asthma) stattfinden. Die Steigerung erfolgt typischerweise weitestgehend linear, aber seit Kurzem wird bei COPD auch nichtlineares periodisiertes Training erfolgreich angewandt [47]. Im Rahmen dieses Konzepts, das aus dem Sport übernommen wurde, wird die Gesamtbelastung gesteigert, indem die Intensität und Dauer verändert werden. Zu beachten sind außerdem adäquate Zusatztherapien wie Sauerstoffsupplementierung bei Patienten mit entsprechenden Indikationen (z.B. Gasaustausch-Beschränkung, pulmonale Hypertonie oder interstitielle Lungenerkrankung). Das Monitoring der Patienten mittels Pulsoximeter, Herzfrequenz oder Skalen für das Anstrengungs- oder Dyspnoeempfinden beim Training muss ebenfalls an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden (z.B. bei pulmonaler Hypertonie), um die sichere Erreichung der individuellen Ziele im jeweiligen krankheitsspezifischen Kontext zu gewährleisten.
Weitere Rehabilitationsmaßnahmen außer körperlichem Training
Die PR-Stellungnahme der ATS/ERS von 2013 ruft dazu auf, neben der Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit noch andere Ziele zu berücksichtigen [1]. Hierzu können Faktoren zählen wie die Maximierung der gesellschaftlichen Funktionsfähigkeit (d.h. Teilhabe) und die PA, die Minimierung der Inanspruchnahme des Gesundheitswesens, die Optimierung von Selbstmanagement-Fähigkeiten und die Förderung langfristiger, nachhaltiger Verhaltensumstellungen. Umfassende PR-Programme müssen daher mehr enthalten als nur körperliches Training. Während der Nutzen des körperlichen Trainings relativ einfach zu erzielen ist, wenn ein adäquates Trainingsprogramm umgesetzt wird, ist die Wirksamkeit der Rehabilitation im Hinblick auf eine «nachhaltige Verhaltensänderung» erheblich ungewisser. Dennoch sollte versucht werden, auch andere Aspekte der Verbesserung über die reine Sportphysiologie hinaus anzugehen - umso mehr, als der Nutzen des Trainings ohne eine insgesamt gesündere Lebensführung kurzlebig ist. Beispiele für solche weiteren Komponenten, die für die meisten chronischen Atemwegserkrankungen relevant sind, sind Patientenaufklärung, interdisziplinäre Unterstützung, Selbstmanagement und Verhaltensumstellung.
Aufklärung
Die Patientenaufklärung kann formelle oder informelle Schulungseinheiten zu Themen wie Hintergrundwissen über die Krankheit, die Anwendung von Medikamenten, das richtige Training oder Symptommanagement umfassen. Aufklärung zielt darauf ab, Wissen und Selbstvertrauen aufzubauen, um die Patientenversorgung [48] und das Selbstmanagement zu optimieren. Sie ist ein gängiger Bestandteil von PR-Programmen; ihr klinischer Nutzen zusätzlich zu dem des körperlichen Trainings ist jedoch fraglich [49], was daran liegen könnte, dass die angewandten Lehrmethoden (im Allgemeinen didaktischer Art) nicht dem Lernverhalten dieser erwachsenen Patientenpopulation entsprechen. Viele der Schulungsthemen sind außerdem krankheitsspezifisch und können nicht einfach aus COPD-Programmen übernommen werden.
Interdisziplinäre Unterstützung
Die Trainingskomponente der PR wird in der Regel unter Anleitung von Physiotherapeuten oder Spezialisten für Bewegungstherapie durchgeführt; oft sind in die Programme jedoch auch benachbarte und verwandte Gesundheitsberufe eingebunden, etwa Thoraxspezialisten, Atemwegs-Pflegefachpersonal, Ergotherapeuten, Ernährungsberater, Logopäden, Sportphysiologen und Sozialarbeiter. Dieses unterstützende Netzwerk, das oft auch mit dem heimischen Netzwerk durch die Einbeziehung von Fachpersonal aus der Grundversorgung und Allgemeinmedizin verknüpft wird, ist ein wichtiges Merkmal einer ganzheitlichen PR. Große Netzwerke haben häufig keine externen Programme für das lokale oder heimische Umfeld, technisch möglich wären diese jedoch durch enge Zusammenarbeit zwischen Referenzzentren und externen kommunalen oder primärmedizinischen Rehabilitationseinrichtungen, um so optimale Zugänglichkeit bei minimalen Qualitätseinbußen zu gewährleisten. Solche Kooperationen wurden auch bereits in den USA (zwischen an der National Emphysema Treatment Trial beteiligten Referenzzentren und Satellitenzentren) [18] und in den Niederlanden (zwischen miteinander vernetzten niedergelassenen und klinischen Fachkräften im Rahmen des INTERCOM-Projekts) [50] dokumentiert. Bei seltenen Erkrankungen der Atemwege scheint es zwingend notwendig, solche Kooperationen ins Leben zu rufen, um die Rehabilitationsversorgung zwischen Referenz- und Rehabilitationszentren optimal zu koordinieren.
Selbstmanagement
Viele Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen haben Schwierigkeiten im Umgang mit ihren Symptomen, mit ihrer Medikation oder mit Angst und Depression, oder ihnen fehlt das Wissen, wie sie auf Veränderungen ihres stabilen Krankheitszustands reagieren sollen. Aktionspläne sind ein Beispiel für eine Selbstmanagement-Strategie, die während der Zeit umgesetzt und verfestigt werden kann, die der Patient im strukturierten Umfeld eines PR-Programms verbringt. Besonders bei Erkrankungen wie Asthma und COPD kommen Aktionspläne häufig zum Einsatz. Andere Aspekte des Selbstmanagements, wie Entspannungstechniken oder Techniken zur Befreiung der Atemwege, können in formellen oder informellen Schulungen vermittelt werden. Selbstmanagement-Strategien können zwar eine wichtige Ergänzung der Rehabilitation bei anderen Krankheiten als COPD (z.B. Mukoviszidose) darstellen, die Wirksamkeit solcher Programme ist jedoch noch nicht gesichert [51].
Verhaltensumstellung
Eine kritische Priorität vieler Rehabilitationsprogramme ist die Notwendigkeit, nachhaltige gesundheitsfördernde Verhaltensweisen zu vermitteln, die weit über den Abschluss des Programms hinaus beibehalten werden. Dies gilt insbesondere bei Vorliegen von reversiblen Risikofaktoren oder Komorbiditäten wie Adipositas, schlechter Ernährung, Rauchen, Nichteinhaltung von Medikationsvorschriften oder Bewegungsmangel. In jedem Fall sollten mit dem Patienten das problematische Verhalten und die Prioritäten in Bezug auf Verhaltensänderungen besprochen werden. Beispiele für weitverbreitete problematische Verhaltensweisen bei Atemwegspatienten und Möglichkeiten zu deren Beurteilung und für Abhilfe im Rahmen eines umfassenden interdisziplinären PR-Programms sind in Tabelle 2 aufgeführt (Tab. 2). Verhaltensumstellungen können informell im Ad-hoc-Gespräch und in Absprache mit dem interdisziplinären Team thematisiert oder formell durch Interventionen nach den Prinzipien von motivierender Gesprächsführung und Zielsetzung besprochen werden. Die Bedeutung der Förderung eines körperlich aktiven Lebensstils (auch als Reaktivierung bezeichnet) während und nach der PR wird zunehmend anerkannt und verdient besondere Aufmerksamkeit.
Reaktivierung (PA): Die Herausforderung der Rehabilitation
Während die konventionelle PR mit signifikanten Verbesserungen der körperlichen Leistungsfähigkeit assoziiert ist, führt sie beim Ausmaß der PA im Alltag nur zu minimalen Veränderungen (wenige Minuten) [52,53]. Das liegt daran, dass diese beiden Faktoren nur intuitiv miteinander verknüpft sind und bestenfalls moderat korrelieren [7]. Derzeit ist nicht bekannt, 1) welches Maß an PA (hinsichtlich Menge und Intensität) für die Prävention nichtrespiratorischer Folgen von Lungenerkrankungen erforderlich ist und 2) wie viel PA notwendig ist, um die Vorteile so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, dass alle Erwachsenen mindestens 150 min pro Woche eine aerobe Aktivität mittlerer Intensität (z.B. Gehen) betreiben sollten, um einen gesunden Lebensstil zu pflegen [54]. Das veranschaulicht eine der großen Herausforderungen der PR: Körperlich aktiv zu werden, ist nicht dasselbe, wie eine begrenzte Anzahl von Wochen ein Training zu absolvieren. Es geht dabei um mehr als Physiologie, und es ist ein komplexer Prozess, an dem das Verhalten und die Interaktion zwischen Individuum und Umwelt beteiligt sind [55,56].
Prinzipien der Reaktivierung
Um die PA zu steigern, sind andere Best-Practice-Strategien gefragt als zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, aber die Strategien ergänzen einander. Während Trainingsstrategien vor allem auf physiologischen Grundlagen aufbauen, beruhen Strategien zur Steigerung der PA auf Prozessen, die Motivation und Selbstwirksamkeit verbessern, Hürden im täglichen Leben überwinden und Möglichkeiten bieten, aktiv zu sein oder zu werden. Körperliches Training kann ein Wegbereiter für eine Steigerung der PA sein, aber wenn es ohne besondere Ausrichtung hierauf umgesetzt wird, ist es unwahrscheinlich, dass es ausreicht, um das Maß der PA wesentlich und nachhaltig zu erhöhen. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass dies bei verschiedenen Atemwegserkrankungen unterschiedlich sei. Kürzlich hat die European Respiratory Society eine Stellungnahme zur PA bei COPD befürwortet und veröffentlicht [7]. Evidenzbasierte Empfehlungen konnten nicht ausgesprochen werden, aber verschiedene Strategien wurden als vielversprechend für eine Verbesserung des Aktivitätsniveaus bei einzelnen Patienten dargestellt. Diese Strategien sind vermutlich auch über das Anwendungsgebiet der COPD hinaus anwendbar; geprüft wurde dies jedoch noch nicht. Beispiele für solch vielversprechende Strategien sind Beratung [57,58], Rückmeldung durch Schrittzählgeräte [59] und die Aufnahme von Trainingsformen, die im Alltag unkompliziert zu praktizieren sind und Spaß machen (z.B. Nordic Walking). Die moderne Technik ermöglicht uns auch, Patienten in diesem Prozess der bewussten Aktivierung zu unterstützen, z.B. durch Telecoaching oder den Einsatz von Zielvereinbarungen und Echtzeit-Feedback [60,61]. Eine wichtige Überlegung bei Maßnahmen dieser Art, insbesondere wenn sie während der PR angewandt werden, ist die gründliche Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Wirksamkeit der PR insgesamt.
Um die Therapie bestmöglich auf den individuellen Rehabilitationsbedarf des Patienten auszurichten, sollte vor Beginn der PR eine umfassende Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit, der Skelettmuskel-Funktion und der PA erfolgen (Abb. 1). Erst dann kann die Priorität vom körperlichen Training zur PA-bezogenen Verhaltensumstellung verschoben werden. Dies ist wichtig, da die PA-Umstellung - wie das körperliche Training - entsprechend den persönlichen Fähigkeiten und Zielen und in einer Dosierung im sicheren Bereich verschrieben werden sollte. Eine gründliche Beurteilung der kardiovaskulären Risiken körperlicher Belastung muss erfolgen, bevor ein Patient zum Thema PA beraten wird, insbesondere bei Nicht-COPD-Atemwegserkrankungen, die mit schneller Entsättigung statt Atemwegsobstruktion einhergehen können (z.B. pulmonale Hypertonie, interstitielle Lungenerkrankungen). Auf der Ebene der öffentlichen Gesundheit betrachtet ist für eine weitreichende Annahme körperlich aktiver Lebensgewohnheiten weit mehr erforderlich als die Möglichkeiten, die Rehabilitationsprogramme bieten. Dazu gehören wesentliche Reformen in Politik und Gesundheitswesen, Gesellschaft und Kultur sowie der Umwelt [56], von denen Patienten mit Atemwegserkrankungen letztlich auch profitieren können.
Entwurf eines Modells zur umfassenden Patientenbeurteilung und individualisierten physischen Rehabilitation und Reaktivierung. ESWT = «Endurance shuttle walk test»; 6MGT = Sechs-min-Gehtest.
Entwurf eines Modells zur umfassenden Patientenbeurteilung und individualisierten physischen Rehabilitation und Reaktivierung. ESWT = «Endurance shuttle walk test»; 6MGT = Sechs-min-Gehtest.
Einbettung der Rehabilitation in die allgemeine Patientenversorgung
Die PR kann für die Menschen, die sie brauchen, nur dann eine wirksame Maßnahme sein, wenn sie auch zugänglich ist. Leider übersteigt die Zahl der Menschen mit Atemwegserkrankungen die der Plätze in PR-Programmen bei Weitem. Und selbst wenn sie die Möglichkeit haben, eine PR zu absolvieren, nehmen nicht alle Patienten diese wahr, und viele Teilnehmer bleiben nicht bis zum Schluss dabei [62]. Hindernisse, die der Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen entgegenstehen, wie z.B. mangelndes Vertrauen des Patienten in die Wirksamkeit (was bei Nicht-COPD-Populationen möglicherweise eine besonders große Rolle spielt), die Anfahrt [62], Wetterbedingungen und mangelnde Unterstützung [63,64], können schwierig zu überwindende Herausforderungen darstellen. Alternative Versorgungsmodelle wie Telerehabilitation, Rehabilitation zu Hause oder Gruppenprogramme in lokalen Zentren werden daher zunehmend als Optionen betrachtet, die nicht nur neuartig sind, sondern möglicherweise essenziell - vor allem in Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte. Diese Ansätze sind jedoch in der klinischen Praxis noch nicht weitverbreitet und können zum Teil bedeutende Investitionen an Ressourcen, Unterstützung und/oder Technologie erfordern. Darüber hinaus kann die Rehabilitation bei weniger verbreiteten Krankheiten schwierig zu überwachen sein. Auch ist die Wirksamkeit im Vergleich zu konventionellen PR-Programmen noch weitgehend ungeklärt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei Rehabilitationsprogrammen ist die Frage, wie sich die im Trainingszeitraum erzielten Verbesserungen maximieren und erhalten lassen. So belegen beispielsweise Studien von hohem Evidenzgrad nicht nur, dass bei einer Vielzahl von Krankheiten nach einer PR signifikante Verbesserungen der körperlichen Leistungsfähigkeit erreicht werden können, sondern dass die Beendigung der Rehabilitation häufig auch mit einer erneuten Abnahme (oder dem Verlust) dieser Effekte im Laufe der Zeit assoziiert ist (Prinzip der Reversibilität; siehe oben). Dies mag für Menschen, die eine akute «restaurative» Rehabilitation benötigen (z.B. nach einer Intensivbehandlung oder während oder nach einer Exazerbation), weniger wichtig sein, ist aber eine erhebliche Herausforderung für Menschen mit anhaltenden chronischen Krankheiten, die sich vielleicht aufgrund ihrer respiratorischen Symptome auf einem funktionellen Niveau befinden, das unter dem liegt, das für die Aufrechterhaltung ihres Gesundheitszustands erforderlich wäre (z.B. bei Mukoviszidose, Bronchiektasie, interstitieller Lungenerkrankung). Der gängigste Ansatz zur Aufrechterhaltung der Verbesserungen besteht darin, die betreffenden Patienten bei Folgeprogrammen - häufig mit Langzeitnachsorge - anzumelden. Diese Programme sind meist ähnlich aufgebaut wie konventionelle körperliche Trainingsprogramme, sehen aber typischerweise weniger Beaufsichtigung, weniger (oder keine weitere) interdisziplinäre Schulung und weniger Termine pro Woche vor. Für solche Erhaltungsprogramme ist nachgewiesen, dass sie die Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit bei bestimmten Arten von Krankheiten für die Dauer von bis zu 12 Monaten verhindern; allerdings ist die Beweislage für COPD widersprüchlich und für andere Atemwegserkrankungen unseres Wissens nicht existent. Das übergeordnete Ziel eines Rehabilitationsprogramms ist für viele Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen letztlich das Selbstmanagement und die Reintegration bzw. die Beibehaltung ihrer Rolle innerhalb der Gemeinschaft. Da Bewegungsmangel ein wichtiger zugrunde liegender Faktor für viele schwerwiegende extrapulmonale Folgen von Atemwegserkrankungen ist, hängt die Erreichung eines solchen Ziels potenziell davon ab, wie wirksam eine umfassende Rehabilitationsstrategie zur dauerhaften Einhaltung der empfohlenen täglichen PA-Ziele führt. Dies muss in der Zukunft schwerpunktmäßig untersucht werden.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass derzeit immer mehr Belege für die Wirksamkeit von PR-Programmen bei Patienten mit anderen Atemwegserkrankungen als COPD vorgelegt werden. Diese Programme können zwar ähnlich aufgebaut sein wie für Patienten mit COPD, jedoch muss der Inhalt individuell zugeschnitten sein und auf einer adäquaten Beurteilung der Bedürfnisse des Patienten basieren. Die aktive (oft Tele-)Zusammenarbeit zwischen Referenzzentren und Rehabilitationsprogrammen kann erforderlich sein, um eine optimale Kombination von Kompetenz und Zugänglichkeit auch bei selteneren Atemwegserkrankungen sicherzustellen. Der Schwerpunkt der Programme für diese Patienten sollte aber dennoch mit der Definition von PR in Einklang stehen, d.h. einem Programm «mit dem Ziel, den physischen und psychischen Zustand eines Menschen zu verbessern und die langfristige Annahme gesundheitsfördernder Verhaltensweisen zu fördern» [1].
Finanzielle Offenlegung und Interessenkonflikte
C.R.O. ist Empfänger eines European Respiratory Society Fellowship (LTRF 2014-3132), F.M.M.R. ist ein PhD fellow des CNPq/Brazil (249579/2013-8), C.A.C. ist ein PhD fellow des CNPq/Brazil (202425/2011-8) und T.T. erhält Unterstützung von der Flemish Research Foundation (FWO No. G.0871.13).
Literatur
Weitere Beiträge in dieser Serie: 1) Holland AE, Dowman LM, Hill CJ: Principles of rehabilitation and reactivation: interstitial lung disease, sarcoidosis and rheumatoid disease with respiratory involvement. Respiration 2015;89:89-99 (DOI: 10.1159/000370126). 2) Burtin C, Hebestreit H: Rehabilitation in patients with chronic respiratory disease other than chronic obstructive pulmonary disease: exercise and physical activity interventions in cystic fibrosis and non-cystic fibrosis bronchiectasis. Respiration 2015;89:181-189 (DOI: 10.1159/000375170). 3) Marra AM, Egenlauf B, Bossone E, et al: Principles of rehabilitation and reactivation: pulmonary hypertension. Respiration 2015;89:265-273 (DOI: 10.1159/000371855). 4) Langer D: Rehabilitation in patients before and after lung transplantation. Respiration 2015;89:353-362 (DOI: 10.1159/000430451). 5) Jayasinghe H, Kopsaftis Z, Carson K: Asthma bronchiale and exercise-induced bronchoconstriction. Respiration 2015;89:505-512 (DOI: 10.1159/000433559).