Zusammenfassung
Wir berichten über eine Fallserie von 4 Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung unter adäquater medikamentöser Therapie einschließlich hochdosierter inhalativer Kortikosteroide (inhaled corticosteroids; ICS). Bronchoskopische Untersuchungen der Patienten ergaben den exzessiven dynamischen Kollaps der Hinterwand sowie deren Ablösung von den Enden der benachbarten Knorpelspangen. Dies führte zum nahezu vollständigen Verschluss des Tracheal- und Bronchiallumens während der Exspiration und dadurch zu einem obstruktionsähnlichen Bild in der Lungenfunktionsprüfung. Wir vermuten, dass dies auf die Atrophie der glatten Muskulatur der Tracheobronchialwand zurückzuführen ist. Wir führten eine Literaturanalyse zu den Mechanismen durch, die der Atrophie der glatten Bronchialmuskulatur zugrunde liegen könnten; dabei legten wir besonderes Augenmerk auf die potenzielle Rolle der langfristigen Anwendung von ICS.
Einleitung
Der Tracheobronchialbaum spielt eine zentrale Rolle in der Dynamik der Atemwege. Fortschritte in der Bronchoskopie haben uns neue Erkenntnisse erschlossen und die Entdeckung seltener Befunde im Tracheobronchialbaum ermöglicht. Die Atrophie der tracheobronchialen glatten Muskulatur oder Pars membranacea und ihre Ablösung von den Knorpelspangen (tracheobronchial smooth muscle atrophy and separation; TB-SMAS) ist ein solcher bronchoskopischer Befund, über den unseres Wissens noch nie in der Literatur berichtet worden ist. Dieser Atrophie und Ablösung könnten verschiedene ätiologische Faktoren zugrunde liegen, darunter Rauchen, eine chronische Entzündung, eine Infektion sowie Arzneimittel wie Steroide oder Beta-Agonisten, die bei chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und Asthma bronchiale angewandt werden.
Wir präsentieren hier 4 Fälle von TB-SMAS und geben eine Literaturübersicht zum Thema. Wir stellen eine Hypothese zu der Rolle auf, die eine langfristige Anwendung inhalativer Kortikosteroide (inhaled corticosteroids; ICS) potenziell bei der Entstehung von Atrophien der glatten Atemwegsmuskulatur (airway smooth muscle; ASM) spielt, und skizzieren mögliche Mechanismen, wie sie zur Entstehung der TB-SMAS beitragen könnten.
Vorstellung der Fälle
Fall 1
Eine 72-jährige Frau mit wiederkehrenden sinopulmonalen Infektionen, gastroösophagealer Refluxkrankheit, erosiver Arthritis und Bronchiektasen wurde zur weiterführenden Untersuchung und Behandlung einer Anomalie der Atemwege an uns überwiesen. Diese Anomalie wurde erstmals im Jahr 2000 im Rahmen einer Bronchoskopie durch den überweisenden Arzt entdeckt, der wegen einer Bronchomalazie besorgt war. Im selben Jahr litt die Patientin erstmals unter Symptomen, 4 Jahre später unterzog sie sich einer Sinusdrainage und Turbinektomie. Sie litt weiterhin unter dem Postnasal-Drip-Syndrom, chronischem produktivem Husten und Ohrinfektionen, die die Platzierung von Paukenröhrchen erforderlich machten. Wiederholte Lungeninfektionen wurden mit Antibiotika in Verbindung mit verschiedenen ICS-Präparaten im Dosisbereich von 176 bis 1000 µg/Tag behandelt, außerdem erhielt die Patientin etwa 2-mal jährlich über die letzten 7 Jahre intermittierende orale Steroid-Bursts zur Behandlung mutmaßlicher Asthmaexazerbationen. Die HNO-ärztliche Untersuchung ergab ein «Empty-Nose»-Syndrom; eine Irrigation mit Kochsalzlösung und Wilsons Lösung wurde verordnet. In einer dynamischen Computertomografie (CT) des Thorax (Abb. 1a) zeigte der rechte Hauptbronchus mit einer Lumenreduktion von 21 auf 5 mm eine erhebliche Größenänderung zwischen Inspiration und Exspiration. Im rechten Mittellappen war eine leichte fokale Bronchiektasie zu erkennen, außerdem eine bilaterale Vernarbung in Parenchym und Pleura. Eine erneute Bronchoskopie zeigte einen dynamischen Kollaps der Trachealhinterwand. Die interkartilaginären Räume waren tiefer als gewöhnlich und wiesen multiple mukosale Krypten an der posteromedialen Wand des linken Hauptbronchus auf - ein Befund, der auf eine Atrophie der glatten Muskulatur hindeutet. Am medialen Ende war der Knorpel des rechten Hauptbronchus von der Hinterwand abgelöst, was sich mit unserem Konzept der SMAS deckte. Der Bereich der TB-SMAS war lediglich von Bronchialschleimhaut bedeckt; es waren jedoch keine Mediastinalstrukturen zu sehen (Abb. 1b, c). Die Lungenfunktionsprüfung war unauffällig, die Methacholin-Provokation war negativ, und auch eine Untersuchung auf Immundefekte blieb ohne Befund. Der Patientin wurde zu einer Tracheobronchopexie geraten, sie entschied sich jedoch, andernorts eine zweite Meinung einzuholen, und stand dann für die weitere Beobachtung nicht zur Verfügung. 2012 wurde der Tod der Patientin bestätigt.
a Thorax-CT auf Höhe der Carina mit ausgeprägter Bronchomegalie des rechten Hauptbronchus. b Die Darstellung der Atemwege auf Höhe der Carina zeigt die Ablösung der Knorpelspangen (Pfeil) von der Trachealhinterwand (Inspiration). c In der Exspiration ist eine Verkleinerung des Atemwegslumens um >50% zu sehen, was dem Bild eines EDAC entspricht.
a Thorax-CT auf Höhe der Carina mit ausgeprägter Bronchomegalie des rechten Hauptbronchus. b Die Darstellung der Atemwege auf Höhe der Carina zeigt die Ablösung der Knorpelspangen (Pfeil) von der Trachealhinterwand (Inspiration). c In der Exspiration ist eine Verkleinerung des Atemwegslumens um >50% zu sehen, was dem Bild eines EDAC entspricht.
Fall 2
Eine 62-jährige ehemalige Raucherin, die wegen schwerer COPD eine einseitige Lungentransplantation links erhalten hatte, unterzog sich 3 Wochen, nachdem sie wegen akuter zellulärer A1B1-Abstoßung behandelt worden war, einer Bronchoskopie. Außerdem lagen in der Anamnese eine Hypothyreose, Hyperlipidämie und Hypertonie vor. Die Raucheranamnese belief sich auf 33 Packungsjahre bis zur Entwöhnung im Jahr 2000. In den letzten 13 Jahren hatte sie Fluticason inhalativ in unterschiedlichen Dosen zwischen 220 und 1000 µg/Tag angewendet. Vor 2012 hatte sie gelegentliche systemische Steroid-Bursts erhalten, seitdem jedoch stabil 5 mg Prednison täglich. Im Dezember 2013 erhielt sie links eine einseitige Lungentransplantation. Eine Kontrollbronchoskopie im Januar 2014 ergab eine A1B1-Abstoßung, die mit hochdosierten systemischen Steroiden behandelt wurde.
Die Medikation vor der Transplantation umfasste inhalatives Albuterol, Tiotropiumbromid, ICS und 5 mg orales Prednison täglich. Nach der Transplantation erhielt die Patientin Albuterol, Fluticason/Salmeterol, Tiotropiumbromid, Prednison, Tacrolimus, Sulfamethoxazol/Trimethoprim, Itraconazol, Valganciclovir und Acetylsalicylsäure.
Ein CT-Scan vor der Transplantation zeigte einen exzessiven dynamischen Atemwegskollaps (excessive dynamic airway collapse; EDAC) während der Exspiration (Abb. 2a). In der flexiblen Bronchoskopie zeigten sich dann eine Ablösung der linken Trachealhinterwand vom lateralen Ende der Knorpelspange mit Schleimhaut-Abdeckung und Anzeichen von EDAC in der Exspiration (Abb. 2b). Die histopathologische Untersuchung der Atemwegswand aus der explantierten Lunge ergab das vollkommene Fehlen von ASM, was unsere Hypothese zur ASM-Atrophie und TB-SMAS stützte (Abb. 2c).
a Thorax-CT-Scans in In- und Exspiration zeigen das nahezu vollständige Zusammenfallen des Lumens im Einklang mit einem EDAC. b Bei der Bronchoskopie zeigt sich die Ablösung der Trachealhinterwand von den Knorpelspangen (Pfeil) in der Betrachtung der linksseitigen Atemwege und in der Histopathologie. c Die Hämatoxylin-Eosin-Färbung der Bronchien der explantierten Lunge belegt die vollkommene Abwesenheit von ASM. C = Knorpel; CT = Bindegewebe; G = Schleimhaut-Drüsen.
a Thorax-CT-Scans in In- und Exspiration zeigen das nahezu vollständige Zusammenfallen des Lumens im Einklang mit einem EDAC. b Bei der Bronchoskopie zeigt sich die Ablösung der Trachealhinterwand von den Knorpelspangen (Pfeil) in der Betrachtung der linksseitigen Atemwege und in der Histopathologie. c Die Hämatoxylin-Eosin-Färbung der Bronchien der explantierten Lunge belegt die vollkommene Abwesenheit von ASM. C = Knorpel; CT = Bindegewebe; G = Schleimhaut-Drüsen.
Fall 3
Eine 65-jährige ehemalige Raucherin mit Diabetes, Hypothyreose und sehr schwerer COPD in der Vorgeschichte wurde seit der COPD-Diagnose im Jahr 2000 ebenfalls mit ICS in verschiedenen Dosen zwischen 176 und 1000 µg/Tag behandelt und 2005 auf 5 mg Prednison gesetzt. 2009 unterzog sie sich einer sequenziellen bilateralen Lungentransplantation; der Posttransplantationsverlauf war relativ stabil. Die Medikation nach der Transplantation umfasste ICS, Tacrolimus, Azithromycin, niedrig dosiertes Prednison und Sulfamethoxazol/Trimethoprim. Nach der Transplantation entwickelte sich ein Bronchiolitis-obliterans-Syndrom. Im September 2014 wurde eine flexible Bronchoskopie durchgeführt, um einen chronischen Husten und weiteren Rückgang der FEV1 zu untersuchen. Sie ergab keine Anzeichen einer Infektion oder akuten Abstoßung. Allerdings zeigte sich in der flexiblen Bronchoskopie eine vollständige Ablösung der Trachealhinterwand vom rechts-lateralen Ende der Knorpelspange mit Schleimhaut-Abdeckung. Hiermit einher ging ein dynamischer Atemwegskollaps während der Exspiration, was wiederum für unser Konzept der TB-SMAS sprach (Abb. 3; zusätzliches Online-Material, Video 1; siehe www.karger.com/doi/10.1159/000431381).
In der bronchoskopischen Untersuchung zeigt sich die Ablösung der Trachealhinterwand von den Knorpelspangen auf der rechten Seite (Pfeile). Siehe zusätzliches Online-Material, Video 1.
In der bronchoskopischen Untersuchung zeigt sich die Ablösung der Trachealhinterwand von den Knorpelspangen auf der rechten Seite (Pfeile). Siehe zusätzliches Online-Material, Video 1.
Fall 4
Ein 57-jähriger ehemaliger Raucher stellte sich mit schlechter werdendem produktivem Husten und Dyspnoe seit 2 Jahren vor. In der Vorgeschichte lagen seit 30 Jahren eine Hypertonie, obstruktive Schlafapnoe und sinopulmonale Infektionen sowie seit 10 Jahren Bronchiektasen und eine Bronchomalazie vor. Wegen der Tracheobronchomalazie erhielt der Patient vor 6 Jahren in einer externen Einrichtung einen selbstexpandierenden Metall-Stent im linken Hauptbronchus; seitdem wurden wiederholte endobronchiale Laser-Fotoresektionen aufgrund überschießender Bildung von Granulationsgewebe durchgeführt. Zehn Jahre lang wurde der Patient in intermittierenden Bursts mit systemischen Steroiden und inhalativem Fluticason in Dosen zwischen 220 und 2640 µg/Tag wegen seiner Dyspnoesymptome behandelt, die für eine Folge der COPD gehalten wurden. Das neueste Thorax-CT zeigte eine Tracheomegalie mit exzessivem dynamischem Kollaps der Trachealhinterwand und dadurch nahezu vollständigem Zusammenfallen des Tracheallumens in der Exspiration von der Höhe des Manubriums bis zur Carina. Die Bronchoskopie ergab außerdem eine schwere Tracheobronchomalazie sowie einen EDAC der Hinterwand. Auch hier lagen Vertiefungen der interkartilaginären Räume vor, und Schleimhaut-Krypten auf der posteromedialen Seite beider Hauptbronchien deuteten auf den Verlust von Muskelfasern hin. Die Hinterwände beider Hauptbronchien hatten sich von den medialen Enden der Knorpelspangen abgelöst. Bei dem Patienten wurde eine Tracheotomie durchgeführt und ein T-Tubus gelegt, dessen distales Ende bis zur Carina reichte (Abb. 4).
Thorax-CT mit ausgeprägter Dilatation des linken Hauptbronchus infolge der Ablösung der Hinterwand von den Knorpelspangen auf der medialen Seite.
Thorax-CT mit ausgeprägter Dilatation des linken Hauptbronchus infolge der Ablösung der Hinterwand von den Knorpelspangen auf der medialen Seite.
Diskussion
Die Trachealhinterwand oder Pars membranacea ist aus glatter Muskulatur aufgebaut und verbindet die Enden der tracheobronchialen Knorpelspangen. Dadurch verleiht sie dem schlauchartigen Aufbau des Tracheobronchialbaums seine strukturelle Integrität und Dynamik. Erstmals haben wir die ASM-Atrophie in Verbindung mit einer Ablösung der muskulären Hinterwand von den Enden der C-förmigen Knorpelspangen vorgefunden. Wie die TB-SMAS entsteht, ist derzeit Spekulation; unsere Hypothese ist jedoch die einer multifaktoriellen Ätiologie. Im Folgenden wird ein Überblick über die verfügbaren Informationen zur TB-SMAS gegeben, und es werden andere Entitäten mit Gemeinsamkeiten im Erscheinungsbild diskutiert.
Tracheomalazie
Der exzessive dynamische Kollaps und die Tracheomalazie sind Anzeichen einer Schwächung der Trachea, die auf einen Mangel an elastischen Längsfasern der Pars membranacea [1,2,3,4] bzw. eine Integritätsbeeinträchtigung des Knorpelgewebes [5] zurückgeführt wird. Bei Erwachsenen kann dies erbliche Ursachen haben, z.B. das Mounier-Kuhn-Syndrom (Tracheobronchomegalie), häufiger ist es jedoch eine sekundäre Folge einer Ursache wie Trauma, Schädigung durch Intubation oder Tracheotomie, Emphysem, chronische Infektion/Bronchitis, chronische Inflammation, rezidivierende Polychondritis, Rauchen oder chronische externe Kompression der Luftröhre durch einen Tumor, Abszesse, eine Zyste oder Gefäßanomalien wie Gefäßringe oder Aneurysmen. Die klinischen Merkmale der Erkrankung sind unspezifisch und umfassen Dyspnoe, Husten, Auswurf und Hämoptyse. Oft werden diese Symptome anderen Ursachen zugeschrieben, z.B. einem Emphysem, Asthma, chronischer Bronchitis oder Rauchen. Der Verdacht auf Tracheomalazie kann mittels CT-Bildgebung erhoben und mittels Bronchoskopie bestätigt werden. Sowohl die TB-SMAS als auch die Tracheomalazie können in der Lungenfunktionsprüfung ein obstruktives Muster ergeben. Die charakteristische Ablösung der Trachealhinterwand von den Enden der C-förmigen Knorpelspangen ist jedoch nur bei TB-SMAS zu sehen [1].
Atrophische Bronchitis (deformans)
Primär dystrophische und primär entzündliche Bronchopathien sind die beiden verschiedenen Formen chronisch-atrophischer Prozesse in der Bronchialschleimhaut. Die primär dystrophische Bronchopathie manifestiert sich strukturell und funktionell als Dystrophie der Bronchialschleimhaut in Verbindung mit einer Sklerosierung der Lamina propria. Man nimmt an, dass die Ursache hierfür drastisch verminderte Syntheseprozesse in den bronchialen Epithelzellen sind. Die primär entzündliche Form der atrophischen Bronchitis zeigt klinische Symptome, die typisch für den Entzündungsprozess sind, und ist gekennzeichnet durch den graduellen Umbau der Bronchialwand bei Aufrechterhaltung ausreichender Stoffwechsel-Reaktionen in den bronchialen Epithelzellen [6]. Zwar ist die Atrophie der Wand aus glatter Muskulatur ein Merkmal sowohl der atrophischen Bronchitis als auch der TB-SMAS, jedoch liegt bei atrophischer Bronchitis keine Ablösung der hinteren Tracheobronchialwand aus glatter Muskulatur von den Enden der Knorpelspangen vor. Zum Anderen bleibt die TB-SMAS auf die großen Atemwege begrenzt, einschließlich der Trachea und Hauptbronchien, während die atrophische Bronchitis hauptsächlich die mittleren bis kleinen Atemwege betrifft, d.h., die Bronchien und davon ausgehenden Verzweigungen. Dadurch führt die TB-SMAS zum dynamischen Kollaps des Tracheallumens - ein Merkmal, das bei der atrophischen Bronchitis nicht beschrieben wird.
Bronchiale Divertikel
Wang und Ying [7] untersuchten die Morphogenese von bronchialen Divertikeln mithilfe eines Elektronenmikroskops und fanden submikroskopische Vertiefungen und Dilatationen der bronchialen Drüsengänge auf der Schleimhaut-Oberfläche vor. Diese multiplen Vertiefungen fusionieren mutmaßlich zu einem Divertikel, das dann durch die glatte Bronchialmuskulatur bricht. Nach Einschätzung der Autoren gibt es eine Reihe von Erkrankungen einschließlich chronischen Hustens, die die Bronchialwand schwächen und zu bronchialer Divertikulose führen können. Sie wiesen außerdem darauf hin, dass Letztere nicht auf Patienten mit COPD beschränkt ist, sondern auch bei Patienten mit anderen Erkrankungen der Lunge auftreten kann und somit kein Kennzeichen einer irreversiblen Lungenerkrankung ist. Auf eine bronchiale Divertikulose sollte bei der Bronchoskopie geachtet werden, da sie ein Anzeichen einer chronischen Infektion sein kann. Die Bronchoskopien bei unseren Patienten ergaben keine Divertikel.
Remodeling der Atemwege
Die Veränderungen, die typischerweise bei chronischer Bronchitis oder COPD auftreten, decken sich nicht mit der endobronchialen Atrophie und Ablösung der glatten Muskulatur, wie sie bei unseren Patienten zu beobachten war. Die typischen pathologischen Befunde beim Remodeling oder Umbau der Atemwege sind Plattenepithelmetaplasie ohne signifikante Verdickung der retikulären Basalmembran, bronchiale Becherzellhyperplasie und vergrößerte submuköse Drüsen. Im Gegensatz zum Asthma kommt es bei COPD auch nicht zu einer Hypertrophie der glatten Muskulatur in den großen Atemwegen. Was jedoch auftritt, ist eine Hypertrophie der glatten Muskulatur in den distalen Luftwegen, und diese korreliert Untersuchungen zufolge mit dem Grad der Obstruktion [8,9]. Da die von uns beobachteten Erscheinungen bei der Mehrheit der COPD-Patienten nicht auftreten, sind sie möglicherweise keine Folge des Remodeling oder der pathologischen Veränderungen, die den Vermutungen zufolge bei den meisten COPD-Patienten vorkommen. Darüber hinaus ist das Remodeling vor allem auf die distalen Atemwege begrenzt, während die TB-SMAS die proximalen Atemwege betrifft, was auch der Grund für den exzessiven dynamischen Kollaps des Tracheallumens ist. Deshalb sind wir der Ansicht, dass die TB-SMAS etwas vollkommen anderes ist als der Umbau der Atemwege, der bei chronischer Bronchitis und/oder COPD auftreten kann.
Mounier-Kuhn-Syndrom
Das Mounier-Kuhn-Syndrom, auch als Tracheobronchomegalie bezeichnet, ist gekennzeichnet durch eine starke Aufweitung der Trachea und der großen Bronchien. In der Folge können Sekrete daraus nicht wirksam abtransportiert werden. Die Ansammlung des Sekrets schafft Bedingungen, die wiederkehrende Infektionen der unteren Atemwege und die Entstehung von Bronchiektasen begünstigen [10]. Im Jahr 1932 erfolgte die Erstbeschreibung durch Mounier-Kuhn auf endoskopischer und radiologischer Basis [11]. Es handelt sich um eine seltene Erkrankung unbekannter Ätiologie, wobei es Berichte über familiär gehäuftes Auftreten gibt. Die pathologischen Befunde beinhalten eine Atrophie der elastischen Längsfasern und Ausdünnung der Muscularis mucosae. Die Behandlung zielt darauf ab, die Clearance der Atemwegssekrete zu verbessern, in erster Linie durch thorakale Physiotherapie. Bei Infektionen werden Antibiotika angewendet, in fortgeschrittenen Fällen wird bisweilen ein Stent gelegt [12]. Die Hauptunterschiede zwischen Mounier-Kuhn-Syndrom und TB-SMAS liegen im endoskopischen Erscheinungsbild sowie in der Assoziation des Mounier-Kuhn-Syndroms mit wiederkehrenden Infektionen. In der Bronchoskopie ist das Mounier-Kuhn-Syndrom mit einer Divertikulose der Luftröhre und Bronchien assoziiert. Patienten mit TB-SMAS haben hingegen keine Tracheobronchomegalie oder Divertikel.
Hypothese zur Entstehung der TB-SMAS
Auf der Grundlage unserer klinischen Beobachtungen gelangen wir zu der Vermutung, dass bei diesen Patienten die häufige und langfristige Anwendung von starken oder hochdosierten ICS die Ursache für die TB-SMAS sein könnte. Belege dafür, dass die Anwendung von Steroiden sowohl skelettale als auch glatt-muskuläre Atrophien hervorrufen kann, liegen reichlich vor; dies geschieht entweder durch eine Verminderung der Proteinsynthese oder durch katabole Wirkungen auf das Muskelgewebe [13,14,15,16]. Außerdem ist gut dokumentiert, dass ICS bei Patienten mit Atemwegsinflammation zur Hemmung der ASM-Proliferation führen [17,18,19] und potenziell auch die Hyperplasie und Hypertrophie der ASM, die mit dem Remodeling der Atemwege einhergehen, aufheben [20]. Eine In-vitro-Studie von Fernandes et al. [17] belegte, dass Dexamethason die Auswirkungen verschiedener Mitogene auf die ASM-Proliferation deutlich abschwächt. Die Autoren vermuten, dass dies einer der Wege sein könnte, auf denen ICS bei Asthma Besserung bewirken. Pavlovic et al. [21] wiesen nach, dass systemisch verabreichte Steroide bei Ratten zu einer Atrophie der trachealen glatten Muskulatur und Verringerung der Anzahl trachealer Epithelzellen führen können. Zwar liegen bisher keine Untersuchungen am Menschen vor, jedoch ist dies auch einer der möglichen Mechanismen für die Atrophierung der bronchialen glatten Muskulatur unter Langzeittherapie mit ICS oder systemischen Kortikosteroiden. Es ist umfassend belegt, dass die antiproliferativen Effekte von Kortikosteroiden über mehrere verschiedene Wege vermittelt werden, die letztlich zur Reduktion unterschiedlicher Zytokine und Wachstumsfaktoren in den Atemwegen führen [22]. Allerdings spielen viele dieser Zytokine und Wachstumsfaktoren auch Schlüsselrollen in physiologischen Heilungs- und Reparaturprozessen in den Atemwegen [23]. Daher erscheint es plausibel, dass die Anwendung von ICS in den Atemwegen über einen langen Zeitraum unerwünschte Wirkungen auf die ASM haben kann, indem verschiedene Reparaturmechanismen gestört werden, die physiologischerweise durch die von den ICS unterdrückten Wachstumsfaktoren angetrieben werden.
Eine weitere wichtige, topische Wirkung von Kortikosteroiden ist ihr vasokonstriktiver Effekt. Genau dieser wird im Hautabblassungstest nach McKenzie genutzt, um in vivo die Stärke von ICS zu beurteilen [24]. Das gleiche Prinzip wird auch angewendet, um die Wirksamkeit verschiedener ICS zu vergleichen, indem die Atemwegsdurchblutung bei Menschen gemessen wird [25,26,27]. Darüber hinaus ist übereinstimmend nachgewiesen worden, dass diese Effekte sowohl bei asthmatischen als auch bei nichtasthmatischen Personen auftreten, wobei die Ausprägung bei den Asthmapatienten stärker ist [27,28]. Alle diese Effekte gelten als günstig für die Linderung von Entzündungen der Atemwege. Jedoch fehlt es an Untersuchungen zur langfristigen Wirkung wiederholter Phasen der Vasokonstriktion auf die ASM. Besorgnis in Bezug auf Ischämien der ASM aufgrund der häufigen vasokonstriktiven Episoden erscheint angebracht. Zudem werden diese negativen Effekte möglicherweise verstärkt durch eine unzureichende Reparatur und Heilung der ASM, die - wie weiter oben ausgeführt - mit der Anwendung von ICS einhergehen können. Über einen langen Zeitraum hinweg können diese Effekte gemeinsam zur fortschreitenden Schwächung der Atemwegsmuskulatur und letztlich zur TB-SMAS führen. Hierzu ist anzumerken, dass diese möglichen unerwünschten Wirkungen in klinischen Studien schwer zu erkennen sind, da ihrer Entstehung wahrscheinlich Jahre regelmäßiger ICS-Anwendung vorausgehen. Alle im vorliegenden Bericht vorgestellten Patienten erhielten seit mindestens 7 Jahren eine ICS-Langzeittherapie.
In jüngerer Zeit ist auch ein Zusammenhang zwischen ICS und einer erhöhten Inzidenz von Pneumonien und mykobakteriellen Infektionen festgestellt worden [29,30,31]. Wenn vorhanden, wirken sich auch diese chronischen Infektionen negativ auf die ASM aus. Bei unseren Patienten lagen keine Hinweise auf eine solche Infektion vor.
Die gastroösophageale Refluxkrankheit mit chronischer Aspiration, wiederkehrende Infektionen und die chronische Bronchitis in Verbindung mit Husten, Beta-Agonisten- und Mucomyst-Anwendung sind weitere potenzielle beitragende Faktoren, wobei hier bisher kein Zusammenhang nachgewiesen ist. Wir glauben, dass die Anwendung von ICS mit ASM-Atrophie assoziiert ist und zur TB-SMAS beiträgt. Dieser Zusammenhang ist zwar derzeit noch weitgehend spekulativ, scheint jedoch eine solide biologische Grundlage zu haben. Zukünftige Studien zur weiteren Beurteilung der Assoziation von ICS und TB-SMAS und zur Klärung der zugrunde liegenden Mechanismen sollten in Betracht gezogen werden.
Schlussfolgerung
Unsere TB-SMAS-Patienten zeigten Anzeichen von Atrophie und Ablösung der glatten Muskulatur in den Bronchien mit unbekannter Ätiologie. Wie aus der bronchoskopischen und CT-Bildgebung hervorging, führte die TB-SMAS bei diesen Patienten zum Atemwegskollaps und potenziell zur Atemwegsobstruktion. Die TB-SMAS ist außerdem mit dem Risiko einer Trachealruptur verbunden, insbesondere bei Interventionen mit einem starren Bronchoskop. Darum haben die potenzielle Prävention und frühzeitige Diagnose der TB-SMAS große klinische Bedeutung. Zukünftige Studien zur Beurteilung der Assoziation von ICS und TB-SMAS und zur Klärung der zugrunde liegenden Mechanismen sollten in Betracht gezogen werden.