Zusammenfassung
Hintergrund: Die Eradikationsbehandlung der frühen Pseudomonas-aeruginosa-Besiedelung bei nicht durch Mukoviszidose (cystic fibrosis; CF) bedingter Bronchiektasie ist bisher in keiner prospektiven Studie untersucht worden. Ziele: Beurteilung der Wirksamkeit einer 3-monatigen Anwendung von vernebeltem Tobramycin nach einem kurzen Zyklus intravenöser Antibiotika zur Eradikation von P. aeruginosa sowie deren klinischer Auswirkungen bei nicht-CF-bedingter Bronchiektasie nach initialer P.-aeruginosa-Infektion. Methoden: Eine 15-monatige, einfach maskierte, randomisierte Studie mit 35 Patienten wurde in einer universitären Spezialklinik durchgeführt. Nach der Isolierung von P. aeruginosa und einer 14-tägigen intravenösen Behandlung mit Ceftazidim und Tobramycin erhielten die Patienten über 3 Monate entweder 300 mg vernebeltes Tobramycin 2-mal täglich oder ein Placebo und wurden danach 12 Monate lang nachbeobachtet. Ergebnisse: Die mediane Dauer bis zum erneuten Auftreten der P.-aeruginosa-Infektion war in der Tobramycin-Gruppe länger als in der Placebogruppe (p = 0,048; Log-Rank-Test). Am Ende der Studie waren 54,5% der Patienten in der Tobramycin-Gruppe und 29,4% in der Placebogruppe frei von P. aeruginosa. Die Zahlen der Exazerbationen (p = 0,044), der Krankenhausaufenthalte (p = 0,037) und der Tage in stationärer Behandlung (p = 0,034) waren in der Tobramycin-Gruppe niedriger als in der Placebogruppe. Bei den meisten anderen betrachteten Parametern bestand im Vergleich der beiden Gruppen ein globaler, nichtsignifikanter Trend zugunsten der Tobramycin-Gruppe. Besonders hervorzuheben ist noch das Auftreten von Bronchospasmen in der Tobramycin-Gruppe. Schlussfolgerungen: Unsere Studie belegt, dass die 3-monatige Anwendung von vernebeltem Tobramycin nach einem kurzen Zyklus intravenöser Antibiotika bronchialen Infektionen durch P. aeruginosa vorbeugen könnte und sich klinisch günstig auf nicht durch CF bedingte Bronchiektasen auswirkt. Übersetzung aus Respiration 2015;90 (DOI: 10.1159/000438490)
Experten-Kommentar
Transfer in die Praxis
Die Zahl der Patienten, bei denen Non-CF-Bronchiektasen (CF = cystic fibrosis; Mukoviszidose) diagnostiziert werden, die nicht ursächlich auf CF zurückzuführen sind, ist in den letzten Jahren gestiegen. Dies liegt zum einen daran, dass mehr CT-Thorax-Untersuchungen bei Patienten mit Lungenerkrankungen, insbesondere mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung, durchgeführt werden. Zum anderen ist die Aufmerksamkeit für Non-CF-Bronchiektasen größer geworden.
Bei Patienten mit Non-CF-Bronchiektasen stellen sich aktuell mehrere Probleme. Es gibt bislang kaum größere Studien zu dieser Erkrankung, da sie relativ selten ist. Große Register in Europa (EMBARC) und Deutschland (PROGNOSIS) [1] haben erst ihre Arbeit aufgenommen und werden uns in den nächsten Jahren mit Daten zu Non-CF-Bronchiektasen versorgen. Des Weiteren sind die Patienten mit Non-CF-Bronchiektasen ebenso wie diejenigen mit CF häufig mit Problemkeimen besiedelt. Hierbei ist Pseudomonas aeruginosa der Hauptkeim. Der Nachweis von Pseudomonas aeruginosa geht bei Non-CF-Patienten mit einer stärkeren Symptomatik und einer höheren Zahl von Exazerbationen einher.
In der hier vorgestellten randomisierten Studie untersuchte eine spanische Arbeitsgruppe, ob bei Patienten mit Non-CF-Bronchiektasen und Nachweis von Pseudomonas aeruginosa durch eine inhalative Therapie mit Tobramycin über 3 Monate nach einer 2-wöchigen intravenösen Therapie mit Ceftazidim und Tobramycin die Eradikation von Pseudomonas möglich ist und ob dies mit besseren klinischen Verläufen korreliert.
In der Tat wurde durch die 3-monatige inhalative Therapie bei 54,5% der Patienten eine Eradikation von Pseudomonas erzielt, im Vergleich zu nur 29,4% bei den Patienten, die lediglich eine intravenöse Therapie erhielten. Auch die klinischen Verläufe waren in der Gruppe mit inhalativer Therapie besser. Die Zahlen der Exazerbationen und der Hospitalisationen waren in dieser Gruppe signifikant niedriger.
Dies ist dadurch zu erklären, dass durch eine inhalative Tobramycin-Therapie die bakterielle Last des Bronchialsystems bei Non-CF-Bronchiektasen reduziert werden kann, insbesondere die Last durch den Hauptproblemkeim Pseudomonas aeruginosa. Im Vergleich zu CF-Bronchiektasen, wo eine Pseudomonas-Eradikation von etwa 80% zu erwarten wäre, ist die Eradikationsrate etwas niedriger. Anscheinend kann auch das pulmonale Mikrobiom bei Non-CF-Bronchiektasen durch die inhalative Antibiotikatherapie günstig beeinflusst werden.
Fazit
Bisher gibt es nur zu CF-Bronchiektasen relativ gute Daten. Hierbei handelt es sich aber um ganze andere, meist auch pädiatrisch betreute Patienten und ein ganz anderes Krankheitsbild als bei Non-CF-Bronchiektasen. Zur Therapie von Non-CF-Bronchiektasen gibt es hingegen bislang nur wenige evidenzbasierte Daten. Stattdessen erfolgen viele Therapieansätze in Analogie zu CF-Bronchiektasen, obwohl dafür keine, keine gute oder sogar eine eher negative Evidenz aus kleineren Studien vorliegt. Insofern ist es sehr erfreulich, dass wir mit der Arbeit von Orriols et al. erstmals Daten zur Eradikation von Pseudomonas aeruginosa haben - und das auch noch in Form einer sehr gut durchgeführten Studie mit randomisiertem Design. Einschränkend ist abschließend noch hinzuzufügen, dass eine inhalative Tobramycin-Therapie zur Eradikation von Pseudomonas bislang nur bei CF-Bronchiektasen zugelassen ist, nicht jedoch bei Non-CF-Bronchiektasen. Diese Studie bringt uns aber insoweit vorwärts, als die Evidenz der Therapie bei Non-CF-Bronchiektasen besser wird und wir hierfür in der Zukunft hoffentlich zugelassene Therapien haben werden.