Hintergrund: Eine Pulmonale Rehabilitation (PR) wirkt sich bei Patienten mit interstitieller Lungenerkrankung (interstitial lung disease; ILD) positiv auf den funktionellen Status und die Lebensqualität aus. Ziele: In dieser Studie wurden die Auswirkungen der PR bei hyperkapnischen ILD-Patienten untersucht, die eine nächtliche nichtinvasive Überdruckbeatmung (noninvasive positive pressure ventilation; NPPV) erhielten. Methoden: In die Studie wurden konsekutive ILD-Patienten aufgenommen, die an ein Spezialzentrum für stationäre PR überwiesen wurden. Alle nahmen an einem PR-Programm teil. Die Patienten mit Hyperkapnie erhielten NPPV (NPPV-Gruppe; n = 29); die anderen Patienten dienten als Vergleichsgruppe (n = 319). Ergebnisse: Die PR verbesserte die 6-min-Gehstrecke gegenüber Studienbeginn bei den NPPV-Patienten um 64,4 ± 67,1 m (p < 0,0001) und in der Vergleichsgruppe um 43,2 ± 55,1 m (p < 0,0001) (Differenz 21,1 m; 95%-Konfidenzintervall 0,5-41,8; p = 0,045). Eine Veränderung der Gesamtlungenkapazität während der PR trat weder bei den NPPV-Empfängern noch in der Vergleichsgruppe ein. Die forcierte Vitalkapazität verbesserte sich in der Vergleichsgruppe gegenüber Studienbeginn signifikant, nicht jedoch in der NPPV-Gruppe. Bei den NPPV-Empfängern bestand gegenüber der Vergleichsgruppe eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für eine Besserung der Dyspnoe während der PR (p = 0,049). Bei der physischen Komponente des Short-Form-36-Fragebogens (SF-36) war in der NPPV-Gruppe nach der PR keine Verbesserung zu verzeichnen, in der Vergleichsgruppe hingegen schon. Die psychische Komponente des SF-36 verbesserte sich während der PR gegenüber Studienbeginn in beiden Gruppen. Schlussfolgerung: Eine individuell zugeschnittene PR plus nächtliche NPPV scheint bei hyperkapnischen ILD-Patienten durchführbar zu sein und verbessert die körperliche Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität signifikant. Übersetzung aus Respiration 2015;89:208-213 (DOI: 10.1159/000369862)

Die Arbeit von Dreher et al. liefert erste belastbare Daten zur Nutzung der nichtinvasiven Ventilation (NIV) bei hyperkapnischen Patienten mit interstitiellen Lungenerkrankungen (ILE). Diese Patienten stellen eine kleine Untergruppe dar, die aber schwerer krank ist und daher unserer besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Von hyperkapnischen Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) ist bekannt, dass die NIV im Rahmen einer Pulmonalen Rehabilitation (PR) einen zusätzlichen positiven Effekt sowohl auf die körperliche Leistungsfähigkeit als auch auf das seelische Befinden ausübt. Insofern lag es nahe, zu prüfen, ob dies auch bei den ILE zutrifft. In einigen Industrienationen konnte mittels epidemiologischer Studien eine Zunahme an ILE nachgewiesen werden; dies wird wohl auch für Deutschland zutreffen. Für die meisten dieser Erkrankungen existiert keine Pharmakotherapie, und die PR wird relativ zurückhaltend genutzt. Insbesondere Patienten in Lungentransplantationsprogrammen werden konsequent vor und nach der Transplantation einer PR zugeführt. Insofern ist eine wissenschaftliche Analyse der unterschiedlichen Modalitäten von großem praktischem Interesse.

In der Studie konnten die Daten von 348 Patienten ausgewertet werden. 319 ILE-Patienten, die keine Indikation für die NIV aufwiesen, fanden sich in einer Vergleichsgruppe (VG) und 29 in der NIV-Gruppe (NIVG). Letztere waren chronisch hyperkapnisch (arterieller Kohlendioxid-Partialdruck > 45 mm Hg; pH > 7,35; Bikarbonat > 28 mmol/l) oder wurden bei körperlicher Belastung hyperkapnisch. Die NIVG erhielt eine druckkontrollierte, nächtliche NIV mit einer Mund-Nasen-Maske. Bei 15 Patienten war die NIV bereits vorbestehend, und bei 14 wurde die Indikation in der PR gestellt. Die idiopathische pulmonale Fibrose (n = 10) und die exogen-allergische Alveolitis (n = 8) waren die häufigsten zugrunde liegenden Erkrankungen. Die NIVG-Patienten zeigten eine deutlich geringere Leistung im 6-min-Gehtest, hatten einen höheren Borg-Dyspnoe-Score, waren häufiger zur Lungentransplantation gelistet und litten an stärkeren restriktiven Ventilationsstörungen als die VG-Patienten. Der mittlere inspiratorische Druck der NIV betrug 23,8 ± 4,7 mbar, der exspiratorische lag bei 5,3 ± 0,8 mbar. Sie wurde durchschnittlich 7,2 ± 0,9 h pro Nacht angewandt.

Der primäre Endpunkt der Studie war die Differenz in der 6-min-Gehstrecke, und hier zeigte sich bei der NIVG gegenüber der VG eine deutlich größere und signifikante Steigerung (64,4 vs. 43,2 m). Beide Werte lagen deutlich über dem klinisch relevanten Minimum der Änderung. Bei den Parametern der Lungenfunktion zeigte sich nur in der VG eine signifikante Zunahme der Vitalkapazität. Sonst wurden keine Änderungen beobachtet. Im Short-Form-36 zeigte die VG im Modul «körperliche Gesundheit» eine signifikante Steigerung; beide Gruppen steigerten sich im Modul «seelische Gesundheit».

Die PR für ILE wurde in Leitlinien aufgenommen, aber eine klare Empfehlung zur Nutzung der NIV bei Hyperkapnie wurde nicht ausgesprochen, da wissenschaftliche Daten fehlten. Die Studie von Dreher et al. zeigt eindeutig den günstigen Effekt der PR bei ILE mit und ohne chronische Hyperkapnie. Darüber hinaus wurde ein günstiger Effekt der NIV bei hyperkapnischen Patienten festgestellt, und ein positiver Effekt dieser Maßnahme auf die Lebensqualität konnte ebenfalls dokumentiert werden. Für die Praxis zeigt dies, dass die praktizierte Zurückhaltung hinsichtlich der PR bei ILE nicht gerechtfertigt ist und dass dies insbesondere für die kleine Gruppe der hyperkapnischen Patienten gilt. Diese waren jünger und häufiger für eine Transplantation gemeldet. Der Erfolg einer Transplantation ist unter anderem von der körperlichen Kondition zum Zeitpunkt der Operation abhängig - und diese ist offensichtlich durch eine NIV steigerbar. Die Ergebnisse waren in Anbetracht der Erfahrungen mit der nächtlichen NIV bei COPD nicht überraschend, und da methodisch höherwertige Studien zu diesem Thema nicht zu erwarten sind, ist es jetzt an der Zeit, diese Erkenntnisse in der Praxis umzusetzen.

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