Zusammenfassung
Hintergrund: Die Pulmonale Rehabilitation verbessert die körperliche Leistungsfähigkeit, die Symptomatik und die Lebensqualität von Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und wird darum in allen Stadien der Erkrankung empfohlen. Zu Patienten mit sehr schwerer Erkrankung liegen jedoch nur unzureichende Daten vor. Ziel: Beschreibung des Effekts eines multidisziplinären, stationären Pulmonalen Rehabilitationsprogramms bei Patienten mit sehr schwerer COPD. Methoden: Retrospektive Analyse von 544 konsekutiven Patienten mit sehr schwerer COPD (Einsekundenkapazität (FEV1) 0,97 ± 0,26 l), die an einem stationären Programm zur Pulmonalen Rehabilitation teilnahmen (23,44 ± 4,97 Tage). Die untersuchten Verlaufsparameter waren der 6-min-Gehtest (6-MGT), die gesundheitsbezogene Lebensqualität laut COPD Assessment Test (CAT) und einem Dyspnoe-Score (modified Medical Research Council scale (mMRC-Skala)) sowie die Lungenfunktion (FEV1 und das Residualvolumen (RV)). Ergebnisse: Wir verzeichneten signifikante Verbesserungen beim 6-MGT (von 321,93 ± 115,67 auf 365,82 ± 111,79 m; p < 0,001), beim CAT-Score (von 23,21 ± 6,75 auf 19,57 ± 7,35; p < 0,001), bei der mMRC-Skala (von 3,17 ± 1,14 auf 2,81 ± 1,22; p < 0,001) und bei der FEV1 (von 0,97 ± 0,26 auf 1,08 ± 0,33 l; p < 0,001). Mehrere Baseline-Variablen korrelierten signifikant mit den Verbesserungen, die während des Programms eintraten (Δ): der Baseline-6-MGT mit dem Δ6-MGT (r = -0,316; p < 0,001), der Baseline-CAT-Score mit dem ΔCAT-Score (r = -0,302; p < 0,001), der Baseline-mMRC mit dem ΔmMRC (r = -0,444; p < 0,001) und das Baseline-RV mit dem ΔRV (r = -0,284; p < 0,001); diese Zahlen belegen, dass bei Patienten mit schlechteren Werten zu Studienbeginn ausgeprägtere Verbesserungen erzielt wurden. Patienten unter Sauerstoff-Langzeittherapie (long-term oxygen therapy; LTOT) zeigten signifikant größere Verbesserungen beim CAT-Score als Patienten ohne LTOT. Schlussfolgerung: Patienten mit sehr schwerer COPD zeigen unter Pulmonaler Rehabilitation klinisch bedeutsame Verbesserungen. Übersetzung aus Respiration 2015;90 (DOI: 10.1159/000436979)
Experten-Kommentar
Transfer in die Praxis
Rehabilitation bei COPD ist ein wichtiger Bestandteil des Therapiealgorithmus der Leitlinien. Jedoch liegen wenige Daten für Patienten mit schwerer COPD vor. Daher untersuchten Greulich et al. retrospektiv 544 Patienten, die an einem mindestens 3-wöchigen stationären Rehabilitationsverfahren teilgenommen hatten. Die Patienten wiesen eine schwere Obstruktion auf (Einsekundenkapazität (FEV1) 0,97 ± 0,26 l bzw. 34 ± 8% des Sollwerts). Signifikante Verbesserungen ergaben sich für alle untersuchten Parameter (6-min-Gehtest (Abb. 1); Symptomatik gemessen mittels COPD Assessment Test, eines Dyspnoe-Scores und FEV1). Patienten unter einer Sauerstoff-Langzeittherapie und mit den initial schwersten Funktionseinschränkungen profitierten am meisten.
Wie bei anderen Parametern korrelierten die Ergebnisse des 6-min-Gehtests (n = 428) zu Studienbeginn signifikant mit den Verbesserungen (Δ), die während des Programms eintraten.
Wie bei anderen Parametern korrelierten die Ergebnisse des 6-min-Gehtests (n = 428) zu Studienbeginn signifikant mit den Verbesserungen (Δ), die während des Programms eintraten.
Fazit
Die Rehabilitation bei COPD hat noch nicht den erforderlichen Stellenwert erreicht. Teilweise nehmen weniger als 10% der COPD-Patienten an einer Rehabilitationsmaßnahme teil. In der hier vorgestellten Studie liefern Greulich et al. wichtige Daten, um die Wirksamkeit eines Rehabilitationsprogramms zu unterstreichen. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass kein Patient zu schlecht für eine Rehabilitation ist. Im Gegenteil, diese Patienten haben den größten «room of improvement».
Angemerkt sei, dass die Arbeit, z.B. beim 6-min-Gehtest, eine breite Streuung der Punktewolke zeigt. Dies bedeutet, dass eine Reihe von Patienten keine Verbesserung erzielte. Die Gehstrecke ist eben nur ein Parameter. So kann der Patient angesichts der koexistenten Angst und Depression durch das Erlernen von Entspannungsverfahren und das Erarbeiten von verhaltenstherapeutischen Ansätzen in erster Linie seine Lebensqualität erhöhen. Dadurch wird er im häuslichen Bereich eher seine Wohnung verlassen und damit seine Mobilität steigern, auch ohne eine Zunahme der Wegstrecke.
Entscheidend bleibt, dass nach der Rehabilitation die erreichten Erfolge aufrechterhalten werden und ein lang anhaltendes gesundheitsbewusstes Verhalten gefördert wird. Hier spielen ambulante Rehabilitationsangebote und die Lungen-Sportgruppen eine wichtige Rolle.