Abstract
Hintergrund: Die sonographische Untersuchung der Lunge ist eine aussagekräftige und strahlungsfreie Alternative zum Thoraxröntgen in der Diagnostik ambulant erworbener Pneumonien (community-acquired pneumonia; CAP) bei Erwachsenen.Ziele: Ziel der Studie war es, die Güte der Ultraschalluntersuchung im Rahmen der CAP-Diagnostik bei Kindern zu beschreiben.Methoden: 107 Kinder mit Verdacht auf CAP wurden konsekutiv bei der Aufnahme in die pädiatrische Station des Krankenhauses San Paolo einer klinischen Untersuchung, Blutanalyse, Thoraxröntgen-Untersuchung und Lungensonographie unterzogen. Die Diagnose Pneumonie wurde durch ein unabhängiges Ärztegremium anhand der allgemeinen klinischen Daten und der Röntgenbilder gestellt.Ergebnisse: Die CAP-Diagnose wurde von dem Gremium bei 81 Patienten (76%) bestätigt. Bei allen Patienten wurden Sonographie und Thoraxröntgen durchgeführt. Die Sonographie zeigte eine Sensitivität von 94% und eine Spezifität von 96%; beim Thoraxröntgen lagen die Sensitivität bei 82% und die Spezifität bei 92%. Bei den CAP-Patienten zeigte die Sonographie subpleurale Konsolidierungen mit Luftbronchogramm in 70 Fällen und fokale B-Linien in 6 Fällen. Ein parapneumonischer Pleuraerguss war im Ultraschall bei 17 Patienten zu sehen, im Thoraxröntgen hingegen nur bei 11 Patienten.Schlussfolgerungen: In unserer Untersuchungsreihe war die Lungensonographie in der Diagnostik von Pneumonien bei stationär behandelten Kindern von hoher Güte. Die Ergebnisse rechtfertigen eine multizentrische Studie bei Kindern.Übersetzung aus Respiration 2014;88:112-115 (DOI: 10.1159/000362692)
Originalartikel:
Can Lung Ultrasound Replace Chest Radiography for the Diagnosis of Pneumonia in Hospitalized Children?
Francesca Realia Giuseppe Francesco Sferrazza Papaa Paolo Carluccia Paola Fracassoa Fabiano Di Marcoa Marzia Mandellib Simone Soldic Enrica Rivab Stefano Centannia
aRespiratory Unit, Dipartimento Scienze della Salute, San Paolo Hospital, Università degli Studi di Milano, Mailand, Italien; bPediatric Department, San Paolo Hospital, Università degli Studi di Milano, Mailand, Italien; cU.O. Radiodiagnostica, San Paolo Hospital, Università degli Studi di Milano, Mailand, Italien
Transfer in die Praxis
Eine ambulant erworbene Pneumonie tritt bei Kindern häufig auf. Aufgrund des Alters versucht man hierbei, in der Diagnostik so wenig Röntgenstrahlung wie möglich einzusetzen. Deshalb sagen die aktuellen Leitlinien, dass bei Verdacht auf Pneumonie ein Röntgenthorax nur in der posterior-anterioren Projektion durchgeführt werden sollte; auf die seitliche Ebene wird in der Regel verzichtet. Trotzdem bestehen Bedenken bezüglich der Kanzerogenität der Röntgenuntersuchung bei Kindern.
Aus diesem Grund wird nach Alternativen in der bildgebenden Diagnostik der Pneumonie bei Kindern gesucht. Hier hat sich in den letzten Jahren die Thoraxsonographie als vielversprechendes Verfahren herausgestellt. Bei Erwachsenen gibt es schon mehrere Studien, die eine gute Sensitivität der Detektion einer Pneumonie mittels Thoraxsonographie belegen. Bei Kindern ist die Studienlage noch dünn. Deshalb haben Reali et al. in einer monozentrischen Untersuchung die diagnostische Genauigkeit der Thoraxsonographie bei Kindern geprüft.
Konsekutiv wurden 107 Kinder (Alter 4 ± 3 Jahre) mit Verdacht auf Pneumonie sowohl einer Thoraxsonographie als auch einem posterior-anterioren Röntgenthorax unterzogen. Die Röntgenthorax-Aufnahme in einer Ebene hat natürlich eine schlechtere Sensitivität als die in zwei Ebenen inklusive der seitlichen Projektion. Deshalb konnte der Röntgenthorax in einer Ebene auch nicht als Goldstandard verwendet werden. Ein CT-Thorax wäre als Goldstandard sinnvoll gewesen, wurde aber aus Gründen des Strahlenschutzes nicht durchgeführt. Die Autoren der hier kommentierten Studie entschieden sich stattdessen für die Meinung eines Experten-Boards als Goldstandard zur Diagnose einer Pneumonie. Darin liegt sicherlich eine Schwäche dieser Untersuchung. Dieses Experten-Board diagnostizierte eine Pneumonie bei 81 der 107 Patienten (76%).
Bezüglich der Diagnose einer Pneumonie ergab sich für die Thoraxsonographie sogar eine höhere Sensitivität von 94% versus nur 82% für den Röntgenthorax in einer Ebene. Die Spezifität lag bei der Untersuchung mittels Röntgen mit 92% ebenfalls niedriger als bei der Sonographie mit 96%. Somit scheint die Thoraxsonographie dem Röntgenthorax in einer Ebene in Hinblick auf die Diagnose einer Pneumonie bei Kindern nicht unterlegen zu sein.
Die Diagnose einer Pneumonie stützte sich beim Röntgen auf das Vorliegen eines Infiltrats. Bei der Sonographie waren meist subpleurale Konsolidierungen mit positivem Bronchopneumogramm ausschlaggebend, seltener fokale B-Linien. Ein einziger falsch-positiver Befund in der Sonographie ergab sich beim Vorliegen einer Bronchiolitis. In Bezug auf die Diagnose eines Pleuraergusses war die Sonographie natürlich dem Röntgenthorax überlegen.
Fazit
Insgesamt zeigt die hier vorgestellte Studie, dass die Thoraxsonographie bei klinischem Verdacht auf Pneumonie bei Kindern eine sehr gute Alternative zum Röntgenthorax in einer Ebene sein kann. Hierdurch lässt sich die Strahlenexposition der Kinder reduzieren, ohne diagnostische Genauigkeit einzubüßen. Bis flächendeckend eine gute Expertise für die Thoraxsonographie in der Pädiatrie vorhanden sein wird, um eine Pneumonie 24 h am Tag an 7 Tagen der Woche diagnostizieren zu können, wird der Röntgenthorax zumindest übergangsweise weiterhin zur Standarddiagnostik gehören. Der Pädiater sollte daher in Zukunft beide Möglichkeiten der Diagnostik beherrschen und interpretieren können.