Abstract
Der Thoraxsonograph ist ein nichtinvasives und portables diagnostisches Instrument, das für die initiale Diagnostik bei thorakalen Notfällen in hohem Maße indiziert ist. Ein Verdacht auf Pneumothorax, Pneumonie, Lungenembolie oder Lungenkontusion nach einem Trauma lässt sich mit diesem Verfahren rasch abklären. Die Hauptvorteile der Thoraxsonographie sind ihre gute Verfügbarkeit und die steile Lernkurve. Weitere Vorteile dieser schnellen, symptombasierten Untersuchung sind ihre hohe Sensitivität und Spezifität. Allerdings hat die Thoraxsonographie den Nachteil, dass sie nur solche Läsionen darstellen kann, die pleuraständig oder über ein Schallfenster sichtbar sind (z.B. Pleuraergüsse oder subpleurale Konsolidierungen).
Einleitung
Die sonographische Notfalldiagnostik hat bereits bedeutenden Einfluss auf die Notfallmedizin genommen, z.B. im Hinblick auf traumatische Bauchverletzungen, und ist derzeit der Versorgungsstandard in der Intensivmedizin, etwa in Form der Echokardiographie. Dagegen wird die notfallmedizinische Nutzbarkeit der Sonographie zur Untersuchung thorakaler Pathologien noch unterschätzt - das Verfahren eignet sich nicht nur dazu, Pleuraergüsse nachzuweisen und deren Drainage zu kontrollieren, sondern ermöglicht es auch, einen Pneumothorax, eine Lungenembolie, eine Lungenentzündung, eine Rippenfraktur oder einen Perikarderguss zu widerlegen oder zu bestätigen. In den letzten Jahren hat sich die Thoraxsonographie als hilfreiches Instrument in Intensivstationen, Notfallstationen und zunehmend auch in der Notaufnahme etabliert.
Die Hauptvorteile sind die bettseitige Einsetzbarkeit und rasche Verfügbarkeit dank mobiler, portabler Geräte, die Vermeidung ionisierender Strahlung, die problemlose Wiederholbarkeit und die kaum vorhandenen Kontraindikationen. So können auch Kinder, Schwangere und bettlägerige Patienten problemlos untersucht werden. Neben der diagnostischen Nutzung können zudem therapeutische, invasive Eingriffe unter sonographischer Kontrolle vorgenommen werden, z.B. zur Entlastung eines Pleura- oder Perikardergusses. Die größte Einschränkung des Verfahrens ist seine Abhängigkeit von der Kompetenz des Untersuchenden. Somit ist die Ausbildung in der Thoraxsonographie eine unerlässliche Voraussetzung für gute Ergebnisse. Weitere Nachteile liegen darin, dass pulmonale Läsionen nur dann erkennbar sind, wenn sie pleuraständig sind, und dass Luftartefakte im Pleuraraum (solange sie nicht nur genutzt werden, um einen Pneumothorax nachzuweisen) oder Weichteilemphyseme die Validität der Untersuchung teilweise einschränken oder gänzlich zunichtemachen können [1]. Dennoch kann die Thoraxsonographie bei der Differenzialdiagnostik von Asthma, chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung oder Hyperventilation von Nutzen sein, wenn auch nicht für die Erstdiagnose dieser Krankheiten.
Das primäre Ziel der Notfallsonographie, insbesondere im präklinischen Umfeld, ist eine erste Beurteilung des Patienten, um über das weitere (diagnostische und therapeutische) Vorgehen zu entscheiden. Walcher et al. [2] konnten zeigen, dass die Befunde bei präklinischen sonographischen Notfalluntersuchungen von stumpfen Traumata der Bauchregion in 22% der Fälle zu einem anderen Verfahren führten als ursprünglich vorgesehen. Die Bildgebung im Anschluss an die erste Untersuchung dient dazu, die Diagnostik und die Beobachtung des Krankheitsverlaufs zu unterstützen.
Symptomorientierte Thoraxsonographie
Die meisten Erkrankungen des Brustkorbs, sowohl kardialer als auch pulmonaler oder anderer Art, gehen mit charakteristischen Beschwerden einher. Typische Symptome, bei deren Abklärung die Thoraxsonographie hilfreich sein kann, sind Schmerzen im Brustraum, Dyspnoe, Fieber und Husten (Abb. 1).
Die Durchführung einer notfallmäßigen Sonographie des Brustraums richtet sich nach den Leitsymptomen, die überlappend auftreten können. Bei der bettseitigen Sonographie sollte die erste Untersuchung am Punkt des stärksten Schmerzes erfolgen.
Die Durchführung einer notfallmäßigen Sonographie des Brustraums richtet sich nach den Leitsymptomen, die überlappend auftreten können. Bei der bettseitigen Sonographie sollte die erste Untersuchung am Punkt des stärksten Schmerzes erfolgen.
Lebensbedrohliche, mit Thoraxschmerzen verbundene Erkrankungen sind Lungenembolie, Pneumothorax, Ösophagusruptur, akutes Koronarsyndrom und akute Aortendissektion. Weitere mögliche Ursachen für Thoraxschmerzen sind Pleuritis, Rippenfraktur sowie Tumorinfiltration in den Brustkorb. In den meisten dieser Fälle kann die Thoraxsonographie (einschließlich der Echokardiographie) diagnostisch zielführend sein (Tab. 1) [3]. Bei der Untersuchung eines Patienten sollte der Fokus des Ultraschallkopfs auf den maximalen Schmerzpunkt gerichtet sein.
Indikationen der symptomorientierten notfallmäßigen Thoraxsonographie (in abgeänderter Form nach Reissig et al. [4])
![Indikationen der symptomorientierten notfallmäßigen Thoraxsonographie (in abgeänderter Form nach Reissig et al. [4])](https://karger.silverchair-cdn.com/karger/content_public/journal/kkp/2/2/10.1159_000363464/2/m_000363464_t01.jpeg?Expires=1747937491&Signature=V0iXBt~cCFpT2jRKuQ~YnxVVis9QJwNI3gIftlu~0npN5HFhfkvxNlaNgFTo15wTfzv4YtScIUDNpOCLaM0hqSGROnCGNGpS9FCH-TaJuHtw8WWVwl9A99Ez-wfo5GN8ApDQYoiZjZ~23wGSyYtrK6wNNyjdX7QMtsB12QYfp18bFkD~3RPVpeOxT5Nx1So7CcPOJUrt62S9unpoyi3JHwNBfgek5RGQCjI7m3zohKbt65-GTrl-K5nIJTBLWgydAU3RGkfGqPApJIwPc4i~nyzGNZFIyxK6hDHMgUopwVGfZoJy6s0gGWm478caJIHtXIH-hCb8NW8J7YeVRKlwuQ__&Key-Pair-Id=APKAIE5G5CRDK6RD3PGA)
Ultraschall kann bei der Abklärung einer Dyspnoe helfen, beispielsweise durch den Nachweis eines Pleura- oder Perikardergusses, einer Pneumonie oder einer der anderen bereits genannten Erkrankungen, insbesondere der Lungenembolie (Tab. 1). Die Echokardiographie kann als sonographische Untersuchung zusätzlich dazu beitragen, kardiale Ursachen wie eine Herzklappenerkrankung oder eine linksventrikuläre Funktionseinschränkung zu identifizieren. Auch große intrathorakale Tumoren, die die zentralen Atemwege und/oder die Vena cava superior komprimieren, sind in der Thoraxsonographie sichtbar; daher sollte ein Ultraschall der Halsregion Bestandteil der routinemäßigen sonographischen Untersuchung von Dyspnoe-Patienten sein.
Fieber tritt als Anzeichen einer Entzündungsreaktion häufig in Kombination mit anderen Symptomen auf. In Verbindung mit Thoraxschmerz kann Fieber auf Abszesse der Brustwand, eine Pleuritis, eine wiederkehrende Lungenembolie oder eine Perikarditis hindeuten. Es kann auch zusammen mit einer Dyspnoe auftreten, z.B. bei einer Pneumonie oder einem Empyem. Als isoliertes Symptom weist Fieber selten auf einen thorakalen Notfall hin und kommt bei Polyserositis, Mykobakteriose oder Endokarditis vor.
Ursachen für Husten, die mittels der Thoraxsonographie diagnostiziert werden können, sind Pneumonie, pleurale Erkrankungen, Pneumothorax, Lungenembolie sowie - in Verbindung mit der Echokardiographie - Herzerkrankungen [4].
Sonographie und Sonomorphologie wichtiger thorakaler Notfälle
Thoraxtrauma
Thoraxtraumata treten bei etwa der Hälfte aller schwerwiegenden Verkehrsunfälle auf, entweder als reines Thoraxtrauma (30%) oder als kombiniertes Schädel-Hirn- und Thoraxtrauma (18%) [5]. Sonographien von Thoraxtraumata können Hämatome der Brustwand, Frakturen von Rippen und Sternum, Pneumothorax, Hämatothorax, Perikardergüsse, Lungenkontusionen und Verletzungen der Aorta zeigen. Eine aktuelle Studie, in der die bettseitige Thoraxsonographie mit der klinischen Untersuchung in Kombination mit Thoraxröntgen verglichen wurde, ergab eine höhere diagnostische Treffsicherheit für die Sonographie bei der Untersuchung von Thoraxtrauma-Patienten in Rückenlage, insbesondere im Hinblick auf Pneumothorax und Lungenkontusionen [6].
Rippenfrakturen lassen sich im Ultraschall gut diagnostizieren, wobei die Untersuchung vom maximalen Schmerzpunkt geleitet wird [7]. Ein direktes Zeichen einer Fraktur ist ein unterbrochener Kortikalisreflex, häufig gepaart mit einem kleinen Hämatom (Abb. 2). Leichter Druck mit dem Schallkopf kann die Darstellung der Fraktur verbessern. Indirekte Zeichen sind ein Hämatom und ein kleiner Pleuraerguss. Nichtdislozierte Frakturen lassen sich indirekt am Reverberationsecho erkennen, dem sogenannten Kaminphänomen, das an Frakturrändern auftritt (Abb. 3). Ältere Frakturen zeigen Kallusbildung; hier rufen Verkalkungen feine Schallschatten hervor. Nach einer Verknöcherung ist wieder ein durchgängiger Kortikalisreflex zu sehen. Die Sonographie ist auch nützlich für die Feststellung von Lungenkontusionen, nämlich wenn im Ultraschallbild subpleurale, echoarme, unregelmäßig begrenzte Läsionen ohne Lufteinschlüsse zu sehen sind, die während der Inspiration ohne Änderung des Durchmessers bleiben [7,8]. Allerdings kann Hautemphysembildung die Erkennbarkeit einschränken (Abb. 4).
Rippenfraktur mit minimaler Unterbrechung des Kortikalisreflexes (Pfeil) und Anzeichen einer Lungenkontusion (c).
Rippenfraktur mit minimaler Unterbrechung des Kortikalisreflexes (Pfeil) und Anzeichen einer Lungenkontusion (c).
Am maximalen Schmerzpunkt Rippenfraktur ohne Dislokation mit Reverberationsartefakt («Kaminphänomen»).
Am maximalen Schmerzpunkt Rippenfraktur ohne Dislokation mit Reverberationsartefakt («Kaminphänomen»).
Sonographie eines Hautemphysems; Luft in der Subkutis stört die sonographische Darstellung der distal gelegenen Regionen.
Sonographie eines Hautemphysems; Luft in der Subkutis stört die sonographische Darstellung der distal gelegenen Regionen.
Eine Parese des Diaphragmas kann ebenfalls das Ergebnis eines Thoraxtraumas sein. Im Ultraschall ist die verringerte Mobilität der betroffenen Region zu erkennen; die Untersuchung sollte daher immer bilateral erfolgen.
Im Rahmen des E-FAST-Konzepts (focused assessment with sonography for trauma) zur Feststellung von Leber- oder Milzrupturen sollte die Untersuchung des Thorax die des Bauchraums begleiten (Abb. 5).
Pneumothorax
Das exspiratorische Thoraxröntgen ist in den meisten Notfallstationen das Standardverfahren zur Feststellung eines Pneumothorax; die höchste Sensitivität liefert allerdings die Computertomographie (CT) der Lunge. Der Einsatz der Thoraxsonographie zur Diagnose des Pneumothorax hingegen wurde lange in Frage gestellt. In den letzten Jahren haben jedoch mehrere klinische Studien gezeigt, dass ein Pneumothorax mittels einer Thoraxsonographie mit hoher Sensitivität (80-100%) und Spezifität (83-100%) zuverlässig nachzuweisen ist [3,9,10,11,12,13,14,15]. In der Folge hat der Stellenwert der Thoraxsonographie dank ihrer hohen Sensitivität (>90%) und Spezifität (99%) auch in der Notfallmedizin zugenommen [10,13,15,16,17,18].
Das Hauptkriterium für die sonographische Erkennung eines Pneumothorax in der dynamischen Untersuchung ist die fehlende Verschieblichkeit der Lunge während der Atmung, das sogenannte Lungengleiten. Durch ergänzende Bildgebung mit dem Power-Farbdoppler kann diese Untersuchung verbessert werden [10]. Weitere diagnostische Kriterien sind das Fehlen sowohl von B-Linien als auch eines Lungenpulses (im M-Modus oder Power-Farbdoppler) sowie schließlich das Vorliegen eines «Lungenpunkts» (Abb. 6, 7). Dieser Punkt entspricht dem Übergang zwischen dem Bereich der durch die Atmung bewegten Lunge und dem Bereich des wegen des Pneumothorax fehlenden Lungengleitens [18,19]. Mit dem Patienten in Rückenlage entspricht die Zielregion dem anterioren Anteil des Thorax auf beiden Seiten, etwa auf Höhe des 3.-4. Interkostalraums zwischen der Parasternal- und der Medioklavikularlinie. Hierbei ist zu beachten, dass der erhobene Befund mit der Gegenseite verglichen werden muss. Beim Seropneumothorax lassen sich ein verschieblicher Luft-Wasser-Spiegel sowie Lufteinschlüsse in der Flüssigkeit erkennen. Die Tatsache, dass keine Quantifizierung des Pneumothorax möglich ist, bedeutet eine wichtige Einschränkung des Verfahrens. Außerdem kann die Untersuchung bei subkutanem Emphysem nicht und bei extremer Adipositas, adhäsiven Pleuraveränderungen und Lungenemphysemen nur eingeschränkt durchgeführt werden [3,10].
Pneumothorax. a Gesunde, belüftete Seite mit starker echogener Reflexion der Lunge. b Fehlendes Lungengleiten, vermehrte horizontale Reverberationen.
Pneumothorax. a Gesunde, belüftete Seite mit starker echogener Reflexion der Lunge. b Fehlendes Lungengleiten, vermehrte horizontale Reverberationen.
Sonographisches Erscheinungsbild des Pneumothorax mit «Lungenpunkt» (Pfeil): Links davon ist die normal belüftete Lunge zu erkennen, rechts davon die typischen sonographischen Zeichen eines Pneumothorax (Reverberationen).
Sonographisches Erscheinungsbild des Pneumothorax mit «Lungenpunkt» (Pfeil): Links davon ist die normal belüftete Lunge zu erkennen, rechts davon die typischen sonographischen Zeichen eines Pneumothorax (Reverberationen).
Vollständige Verschattung eines Hemithorax
Als «weißer Hemithorax» wird in der Radiologie eine einseitig verminderte Strahlentransparenz bezeichnet. Verursacht wird er primär durch einen verminderten Luftgehalt der Lunge, der entweder auf eine Kompression oder eine Infiltration des Organs zurückzuführen ist. Hierbei unterscheidet man vorwiegend flüssige Raumforderungen, z.B. durch Pleuraerguss, Empyem, Chylothorax oder Hämothorax, von vorwiegend soliden Raumforderungen, wie der tumorinduzierten obstruktiven Atelektase. Bei vorwiegend liquiden Raumforderungen sollte die Sonographie im Hinblick auf die Echogenität des Ergusses stratifiziert werden, wobei Transsudate tendenziell echofrei sind und Exsudate, Empyeme und Hämothorax eine stärkere Echogenität zeigen. Auf Septen und Verdickungen oder Knoten an Pleura oder Diaphragma, wie sie bei malignen Tumoren auftreten, ist besonderes Augenmerk zu richten (Abb. 8). Bei vorwiegend soliden Raumforderungen ist im Ultraschall die Homogenität der Masse zu untersuchen und darauf zu achten, ob ein Luftbronchogramm (z.B. bei Pneumonie) oder Fluidobronchogramm (z.B. bei Atelektase oder intraparenchymalen Krankheiten wie Tumoren oder Abszessen) erkennbar ist. Die Farbdoppler-Sonographie kann dazu beitragen, den Ursprung der soliden Raumforderung zu finden.
Sonographie eines Pleuraempyems mit echoarmer Flüssigkeit und einigen dichten Binnenechos sowie Septen und Kammern.
Sonographie eines Pleuraempyems mit echoarmer Flüssigkeit und einigen dichten Binnenechos sowie Septen und Kammern.
In diesem Kontext sollte eine diagnostische oder therapeutische Punktion unter sonographischer Kontrolle durchgeführt werden [20]. Insbesondere bei der Klärung eines Hämothorax (Hämatokrit > 50% im Erguss) oder Empyems (pH-Wert) ist der Ultraschall sehr hilfreich.
Perikardergüsse
Die echokardiographische Untersuchung mit dem Sektor-Scanner (in Notfällen auch mit dem Konvexschallkopf in subxiphoidaler Ansicht zur Untersuchung des Bauchraums im Rahmen des E-FAST-Konzepts) ermöglicht den Nachweis eines Perikardergusses (Abb. 9). Typische Anzeichen des Perikardergusses sind die echoarme oder -freie Effusion im Herzbeutel sowie, im Falle eines hämodynamisch relevanten Ergusses, ein rechtsatrialer oder rechtsventrikulärer Kollaps während der diastolischen Phase des Herzzyklus. Weitere Zeichen sind ein vergrößerter Durchmesser der Vena cava inferior (>2 cm) und die Schwankung dieser Größe im Verlauf des Atemzyklus [21].
Pneumonie
Die ambulant erworbene Lungenentzündung ist immer noch eine der häufigsten Infektionskrankheiten und eine wichtige Ursache für Morbidität und Mortalität. Bei einem Patienten mit Verdacht auf Pneumonie beginnt die Diagnostik mit der klinischen Untersuchung, in bestimmten klinischen Fällen gefolgt von einem Thoraxröntgen. Für Röntgenuntersuchungen des Thorax gibt es jedoch mehrere Einschränkungen, z.B. bei Patienten in einem kritischen Zustand in der Notaufnahme, bei denen eine Untersuchung nur in Rückenlage möglich ist oder vorzugsweise mit bettseitigen Geräten durchgeführt werden sollte, oder bei Kindern im Hinblick auf die Strahlenexposition. Darum sind die Treffsicherheit und die Zuverlässigkeit der Thoraxsonographie bei Pneumonie in mehreren Studien untersucht worden. Diese ergaben eine Sensitivität von >93% und eine Spezifität >95% für die Thoraxsonographie. Darüber hinaus entsprachen sich in einigen der Studien die diagnostischen Treffsicherheiten der Lungensonographie und des Thoraxröntgen zum Nachweis einer Pneumonie [22].
Die Thoraxsonographie stellt eine Pneumonie als atmungsabhängige, bewegliche, echoarme Region variabler Größe und Form mit unregelmäßigen Rändern sowie mit leber- oder gewebeähnlicher Echotextur dar (Abb. 10). Ganz ähnlich wie im Röntgenbild, jedoch deutlicher visualisiert, zeigt sie außerdem ein dynamisches baumartiges Luftbronchogramm mit mehreren kleinen Binnenechos innerhalb der Läsion. In seltenen Fällen liegt auch ein positives Fluidobronchogramm vor, das durch echoarme oder echofreie tubuläre Strukturen ohne Perfusionssignale gekennzeichnet ist. Darüber hinaus ist die Pneumonie häufig mit einem Pleuraerguss vergesellschaftet. Zu ausführlicheren Erläuterungen hierzu sei auf die Übersichtsarbeit von Reissig und Copetti [22] in dieser Reihe verwiesen.
Sonographische Darstellung einer Lungenentzündung mit leberähnlicher Konsolidierung und ausgeprägtem Luftbronchogramm.
Sonographische Darstellung einer Lungenentzündung mit leberähnlicher Konsolidierung und ausgeprägtem Luftbronchogramm.
Pleuritis, Pleuraerguss und Empyem
Pleuritis ist eine primär klinische Diagnose mit typischen Symptomen, wie z.B. Schmerzen bei der Inspiration und charakteristischer Auskultation. Sonographisch zeigt sich ein fragmentierter Pleurareflex mit kleinen subpleuralen Konsolidierungen und multiplen B-Linien (Abb. 11) [23].
Thoraxsonographie bei Pleuritis: raue und unterbrochene Reflexionen der viszeralen Pleura mit kleinen subpleuralen Konsolidierungen und B-Linien in der Art eines fokalen interstitiellen Syndroms.
Thoraxsonographie bei Pleuritis: raue und unterbrochene Reflexionen der viszeralen Pleura mit kleinen subpleuralen Konsolidierungen und B-Linien in der Art eines fokalen interstitiellen Syndroms.
Das potenziell lebensbedrohliche Empyem ist am Nachweis von Flüssigkeit im Pleuraspalt mit dichten Binnenechos zu erkennen, die mit einem hohen Zellgehalt korrelieren (Abb. 8). Häufig liegen Septen und Kammern vor; eine Feinnadelpunktion zur weiterführenden Analyse kann mittels Ultraschall gesteuert werden. Bei Kindern kann auch das Ausmaß des Empyems ermittelt werden, um zwischen konservativem und chirurgischem Vorgehen zu entscheiden [24]. Bei Erwachsenen ist jedoch die CT weiterhin der Goldstandard für die Diagnose eines Empyems.
Selbst kleine Ergüsse lassen sich mit der Thoraxsonographie zuverlässig identifizieren; sie ist daher das Verfahren der Wahl zur Diagnose von Pleuraergüssen. Außerdem ermöglicht die Thoraxsonographie eine genaue Abschätzung des Ergussvolumens, anhand dessen eine Entscheidung über diagnostische oder therapeutische Drainagen getroffen werden kann. Für weiterführende Informationen zu diesem Thema sei auf den Artikel von Stigt und Groen [25] in dieser Reihe verwiesen, der sich mit dem Pleuraerguss und der ultraschallgeführten Thoraxbiopsie beschäftigt.
Lungenembolie
Lungenembolien sind eine häufige Todesursache; oft liegt keine klinische Diagnose vor, und manchmal ist die Lungenembolie oligosymptomatisch. Angesichts des Problems, dass eine CT nicht immer verfügbar ist, z.B. während der Nachtschicht oder bei Notfällen, wird die Thoraxsonographie zunehmend eingesetzt, um Lungenembolien zu diagnostizieren. Studien zufolge betragen die Sensitivität 70-94%, die Spezifität 70-95% und die Treffsicherheit 84-91% [3,14,26,27]. Die Thoraxsonographie ist zwar nur dann diagnostisch zielführend, wenn periphere, pleuraständige Läsionen vorhanden sind, jedoch liegen solche peripheren Konsolidierungen in 70-80% der Fälle vor. Diese hohe Wertigkeit der Thoraxsonographie wird durch eine aktuelle Metaanalyse von 5 Studien mit mehr als 650 Patienten bestätigt, die eine aggregierte Sensitivität und Spezifität von 80% bzw. 93 % bestätigt hat [28]. Die sonographische Morphologie dieser peripheren, pleuraständigen Läsionen, die meist im dorsalen Anteil des Unterlappens lokalisiert sind, ist keilförmig oder dreieckig, gelegentlich auch rundlich und bisweilen polygonal. Die Läsionen sind klein (mittlerer Durchmesser: 1,5 cm), homogen und echoarm (Abb. 12). Manchmal ist der zentrale Bronchusreflex schwach oder nicht vorhanden, und es kann ein echofreier Gefäßstrang im B-Modus-Bild zu finden sein, der die Embolie bzw. die fehlende/reduzierte Vaskularisation im Infarktbereich widerspiegelt [29]. In der kontrastverstärkten Sonographie zeigen sich Lungeninfarkte als das Fehlen von Kontrastverstärkung. Um anhand der Thoraxsonographie die Diagnose Lungenembolie stellen zu können, sollten zwei typische Läsionen nachweisbar sein [3]. Eine Lungenembolie ist in >50% der Fälle mit einem Pleuraerguss vergesellschaftet.
Lungenembolie mit typischer dreieckiger, pleuraständiger, echoarmer Konsolidierung.
Lungenembolie mit typischer dreieckiger, pleuraständiger, echoarmer Konsolidierung.
Über 70% der Lungenembolien haben ihren Ursprung in einer tiefen Venenthrombose der unteren Extremitäten. Daher ergänzt die Doppler-Kompressionssonographie der Beinvenen die Thoraxsonographie der Brust mit einer positiven Sensitivität von 90% und einer Spezifität von 95% [30]. Direkte Anzeichen für Thromben in den Beinen sind die Visualisierung des Thrombus und die Abwesenheit von Blutfluss; indirekte Zeichen sind unter anderem nichtkomprimierbare Venen und die Abwesenheit von atemabhängigen Flusssignalen.
Ergänzend kann eine Echokardiographie sinnvoll sein. Bei einer hämodynamisch relevanten Lungenembolie können Zeichen einer Rechtsherzüberlastung, -funktionsstörung und/oder -vergrößerung sowie dilatierte Pulmonalarterien vorliegen. Eine rechtsventrikuläre Dysfunktion tritt typischerweise an der Herzbasis auf und ist bei akuter Rechtsherzinsuffizienz medial stärker ausgeprägt, während die Kontraktilität des Apex gemäß McConnell intakt ist. Trikuspidalregurgitationen mit verstärktem Jet und Dilatationen der Vena cava inferior ohne inspiratorischen Kollaps kommen ebenfalls häufig vor. Bei zentralen Lungenembolien kann der Embolus bisweilen direkt in den Pulmonalarterien festgestellt werden. Eine unauffällige Echokardiographie schließt jedoch eine Lungenembolie nicht aus, da ihre Sensitivität niedrig ist (40-70%); bei hämodynamisch instabilen Patienten nimmt sie allerdings zu [30].
Neben der transthorakalen und der transösophagealen Echokardiographie ist der endobronchiale Ultraschall eine weitere interessante Methode zum Nachweis einer zentralen Lungenembolie - Notfallsituationen ausgenommen [31].
Bei kardiopulmonal stabilen Patienten mit Verdacht auf Lungenembolie ist als klinischer Algorithmus zuerst eine Kombination aus Thorax- und Kompressionssonographie der Beinvenen in Betracht zu ziehen. Nur wenn sowohl die Thoraxsonographie als auch die Duplexsonographie der Beine unauffällig sind, ist eine kontrastmittelverstärkte CT erforderlich. Bei instabilen Patienten mit Verdacht auf massive Lungenembolie ist hingegen die Echokardiographie das Diagnoseverfahren der Wahl; die unauffällige Echokardiographie schließt eine massive Lungenembolie aus [3,30].
Zusammengenommen lassen sich bei der sonographischen Untersuchung von Patienten mit Verdacht auf Lungenembolie «drei Fliegen mit einer Klappe schlagen» [29]. In diesem Zusammenhang untersuchten Nazerian et al. [32] jüngst die diagnostische Validität der Drei-Organ-Sonographie (Brust, Herz und Beinvenen) in Kombination mit dem Wells-Score und dem D-Dimer-Wert. Den Autoren gelang der eindrückliche Nachweis, dass dieser kombinierte Ansatz eine höhere Sensitivität als die Einzelorgan-Sonographie und eine höhere Treffsicherheit als die klinisch-präanalytische Wahrscheinlichkeitsschätzung bei Patienten mit Verdacht auf Lungenembolie aufwies und den Bedarf an diagnostischen CT-Pulmonalisangiographien senkte.
Lungenödem und akutes Atemnotsyndrom
B-Linien - früher auch als «Kometenschweifartefakte» bezeichnet - sind echoreiche Reverberationsartefakte, die durch ödematöse interlobuläre Septen in der Lunge verursacht werden. Diese gehen von der viszeralen Pleura aus und bewegen sich atemabhängig (Abb. 13). Anfänglich finden sich B-Linien in der Lungenbasis, mit zunehmendem kapillar-venösem Druck aber auch in den oberen Lungensegmenten. Sie sind charakteristische Zeichen des interstitiellen Syndroms, das typisch für das kardiopulmonale Ödem und das akute Atemnotsyndrom (acute respiratory distress syndrome; ARDS) ist. Die folgenden Befunde helfen, das kardiopulmonale Ödem vom ARDS abzugrenzen: Beim kardialen Ödem liegen die vorstehend beschriebenen Veränderungen meist bilateral und symmetrisch vor. Pleurale Veränderungen sind nur gelegentlich zu finden, während die B-Linien beim ARDS in inhomogener Verteilung auftauchen und mit deutlichen pleuralen Anomalien einhergehen [33,34,35]. B-Linien und das interstitielle Syndrom sind jedoch nicht pathognomonisch für Lungenödeme oder ARDS, sondern können auch bei Lungenödemen anderer Genese, bei interstitieller Pneumonie, Pneumonitis oder diffusen parenchymalen Lungenerkrankungen vorkommen. Die Thoraxsonographie kann zur Überwindung dieser Einschränkungen beitragen, da sie Hinweise auf pulmonale Dekompensationen wie das Lungenödem gibt und hilft, kardiale Ursachen der Dyspnoe auszuschließen (bei obstruktiven Lungenerkrankungen liegen beispielsweise nie B-Linien vor).
Thoraxsonographie einer Lungenembolie mit multiplen, laserartigen Echos, den so genannten B-Linien.
Thoraxsonographie einer Lungenembolie mit multiplen, laserartigen Echos, den so genannten B-Linien.
Zentralvenöser Zugang
In Notfallsituationen, besonders bei hämodynamisch instabilen oder Schock-Patienten, ist die Anlage eines zentralvenösen Zugangs in der Regel eine Herausforderung. Hier ermöglicht die ultraschallgestützte Katheterisierung die sichere Anlage eines zentralvenösen Zugangs in Echtzeit, z.B. in die Vena jugularis interna oder die Vena subclavia. Besonders hilfreich ist die Methode darüber hinaus bei Patienten, bei denen Orientierungspunkte weder sichtbar noch tastbar sind [36].
Schlussfolgerung
Die Thoraxsonographie ist eine wertvolle Erweiterung der diagnostischen Möglichkeiten bei Verdacht auf Pneumothorax, Lungenembolie, Pneumonie, Rippenfraktur oder Perikarderguss. Darum sollte das Verfahren einen festen Platz in der Notfalldiagnostik von Patienten mit thorakalen Symptomen sowie nach Thoraxtraumata erhalten.
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