Abstract
Background: This study was to examine the association between treatment with angiotensin-converting enzyme inhibitors (ACEIs) or angiotensin receptor blockers (ARBs) and the risk of developing ventilator-associated pneumonia (VAP) among patients receiving mechanical ventilation (MV) in the intensive care unit (ICU). Methods: Utilizing a retrospective cohort approach, the data were extracted from the Medical Information Mart for Intensive Care IV database. VAP diagnoses were ascertained through the international classification of disease codes recorded in the database. Both univariate and multivariable logistic regression analyses were conducted to assess the association between ACEI or ARB use and VAP. Subgroup analyses were performed to evaluate the impact of comorbidities (AKI, renal failure, diabetes, hypertension, and sepsis), simplified acute physiology score II (SAPS II), as well as the use of vasopressors and antibiotics on this association. Odds ratios (ORs) with 95% confidence intervals (CIs) were used as the evaluation metrics. Results: The study comprised 8,888 patients, with 897 (10.09%) experiencing VAP. The analysis revealed that patients on ACEI or ARB therapy had a lower risk of developing VAP (OR: 0.79, 95% CI: 0.62–0.99, P = 0.047). Subgroup analyses revealed that the protective effect was observed in patients with AKI (OR: 0.70, 95% CI: 0.52–0.94, P = 0.020), renal failure (OR: 0.14, 95% CI: 0.02–0.84, P = 0.032), and diabetes (OR: 0.64, 95% CI: 0.43–0.94, P = 0.024), as well as in those receiving vasopressors (OR: 0.67, 95% CI: 0.49–0.92, P = 0.012), and antibiotics (OR: 0.74, 95% CI: 0.57–0.96, P = 0.021). No significant difference in VAP development was observed between patients treated with ACEI versus ARB (OR: 0.84, 95% CI: 0.49–1.47, P = 0.547).
Abstract aus Cai H, Shen H, Cao X: The association between the use of angiotensin-converting enzyme inhibitors/angiotensin receptor blockers and the development of ventilator-associated pneumonia in the intensive care unit: a retrospective cohort study. BMC Pulm Med. 2024 Nov 21;24(1):578.
Transfer in die Praxis von Dr. Johannes Knoch (Solingen)
Hintergrund
Die ventilatorassoziierte Pneumonie (VAP) ist mit einer Inzidenz von etwa 55% eine der häufigsten Krankenhausinfektionen auf Intensivstationen. Sie führt nicht nur zu verlängerten Aufenthalten und vermehrten Todesfällen, sondern auch zu deutlich erhöhten Krankenhauskosten bei Patienten, die auf einer Intensivstation beatmet werden.
Frühere Studien konnten zeigen, dass die Anwendung von ACE-Hemmern und Angiotensin-Rezeptorantagonisten mit einem verringerten Risiko für das Auftreten von ambulant erworbenen Pneumonien einhergehen. Ob sich dieser positive Effekt der weitverbreiteten, blutdrucksenkenden Medikamente auch bei der Entwicklung einer ventilatorassoziierten Pneumonie zeigt, untersuchte die hier kommentierte retrospektive Studie von Hongfeng Cai und Kollegen anhand von Daten, welche zwischen 2008 und 2019 gesammelt wurden.
Ergebnisse der Studie
Die retrospektive Studie umfasste 8888 Patienten, von denen 10,09% eine ventilatorassoziierte Pneumonie entwickelten. Inkludiert waren Patienten mit einem Alter von >18 Jahre, welche über >48 h kontinuierlich mechanisch beatmet worden waren. Die ventilatorassoziierte Pneumonie wurde anhand von ICD-9- und ICD-10-Codes identifiziert.
Es wurde nun zwischen Patienten mit ACE-Hemmern oder Angiotensin-Rezeptorblockern und Patienten ohne eine entsprechende Medikation diskriminiert. In der Gruppe unter entsprechender Therapie entwickelten 97 von 1402 Patienten (6,92%) eine ventilatorassoziierte Pneumonie. In der Gruppe ohne entsprechende Therapie entwickelten 800 von 7486 Patienten (10,69%) eine ventilatorassoziierte Pneumonie. Somit hatten Patienten mit Angiotensin-Rezeptorblocker- oder ACE-Hemmertherapie ein signifikant geringeres Risiko eine ventilatorassoziierte Pneumonie zu entwickeln. Die Odds Ratio lag bei 0,26 bzw. 0,79. Ein Unterschied zwischen der Verwendung von ACE-Hemmern im Vergleich zur Verwendung von Angiotensin-Rezeptorblockern konnte nicht gesehen werden. Das Ergebnis war insbesondere bei Patienten mit Nierenversagen sowie Diabetes als Begleiterkrankung und auch bei gleichzeitig bestehender Vasopressortherapie nachzuweisen.
Diskussion und Limitation
Nachdem frühere Studien zeigen konnten, dass eine Therapie mit Angiotensin-Rezeptorblockern oder ACE-Hemmern mit einem geringeren Risiko für eine ambulant erworbene Pneumonie assoziiert war, konnte die vorliegende Studie nun zeigen, dass dieser Zusammenhang auch für ventilatorassoziierte Pneumonien auf Intensivstationen gilt.
Die Autoren vermuten, dass dies durch eine Modulation der Entzündungsreaktion und eine verbesserte Immunantwort auf Pathogene erreicht wird. Außerdem halten sie eine verbesserte pulmonale Gefäßintegrität als Ursache für möglich.
Die Aussagekraft der Studie wird sicher dadurch eingeschränkt, dass es sich um ein retrospektives Kohortendesign handelt und die Daten aus einer einzigen medizinischen Einrichtung stammen. Außerdem konnte in der Studie nicht unterschieden werden zwischen Patienten, die bereits vor Aufnahme ins Krankenhaus eine Therapie mit ACE-Hemmern oder Angiotensin-Rezeptorblockern begonnen hatten, und Patienten, denen diese Therapie erst während des stationären Aufenthaltes verabreicht wurde.
Fazit für die Praxis
Die invasive Beatmung für kritisch kranke Patienten ist ein Vorgang, der täglich 1000-fach auf Intensivstationen durchgeführt wird. Die ventilatorassoziierte Pneumonie ist für diese Patienten eine vital bedrohliche Komplikation, welche in relevanter Häufigkeit auftritt. Jede Möglichkeit diese Komplikation zu vermeiden, ist es somit Wert, nach gründlicher Prüfung genutzt zu werden.
ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptorblocker sind seit Jahren im medizinischen Alltag etablierte und überwiegend gut verträgliche Medikamente. Sollte sich herausstellen, dass die Ergebnisse der vorliegenden Studie auch in eventuellen prospektiven Studien einer genaueren Evaluation standhalten, wäre dies ein wichtiger Schritt in der Behandlung kritisch kranker Patienten. Die interessantesten Fragen, welche zu klären sind, sind sicherlich, ob eine Gabe von ACE-Hemmern oder Angiotensin-Rezeptorblockern – z.B. mit Aufnahme auf die Intensivstation – ausreicht, um eine ventilatorassoziierte Pneumonie unwahrscheinlicher zu machen, oder ob eine bereits etablierte Therapie über einen dann zu klärenden Zeitraum erforderlich ist. In diesem Falle könnten Risikopatienten, welche ohnehin eine blutdrucksenkende Therapie benötigen, gegebenenfalls bei der differenzialtherapeutischen Auswahl der antihypertensiven Therapie mit einem ACE-Hemmer oder einem Angiotensin-Rezeptorblocker eingestellt werden.
Disclosure Statement
Es bestehen keine Interessenskonflikte in Bezug auf den vorliegenden Wissenstransfer.