Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen,
bisher war das Therapiespektrum der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (chronic obstructive pulmonary disease, COPD) sehr überschaubar. Ebenso überschaubar waren auch die Therapieerfolge, die mittels der inhalativen Bronchodilatation im Wesentlichen auf eine Linderung der Symptome abzielten. In den letzten Jahren ist zudem in klinischen Studien viel Klarheit erzielt worden, was den Einsatz von inhalierbaren Kortikosteroiden zusätzlich zu der dualen Bronchodilatation in der Verhinderung von Exazerbationen anbetrifft. In großen Studien konnte über die Verhinderung von Exazerbationen auch zum ersten Mal gezeigt werden, dass die fixe Dreifachtherapie (bestehend aus inhalierbaren Kortikosteroiden und der dualen Bronchodilatation) die Mortalität von Patienten mit schwerer COPD und häufigen Exazerbationen zu senken vermag.
Viele Registeranalysen und große Datenerhebungen in verschiedenen Ländern zeigen jedoch auf, dass fast die Hälfte der Patienten unter optimierter inhalativer Dreifachtherapie weiterhin exazerbiert und entsprechend die Lebensqualität, Symptomlast und Prognose therapeutisch nur sehr unbefriedigend adressiert sind.
Die Entwicklung von neueren Medikamenten zur Verhinderung von Exazerbationen bei COPD ist viele Jahre frustran verlaufen und seit der Zulassung von Roflumilast vor 15 Jahren standen lange keine neuen Medikamente über die inhalative Dreifachtherapie hinaus zur Dauertherapie der COPD zur Verfügung.
Die Biologika haben in der Therapie des schweren, unkontrollierten Asthma bronchiale bereits vor Jahren ihren Siegeszug angetreten und es war naheliegend, auch deren Entwicklung in der Therapie der COPD voranzutreiben. Erste Studien mit einer anti-IL-5-gerichteten Therapie zur Verhinderung von Exazerbationen bei COPD waren hier jedoch aufgrund der zu niedrig angesetzten Schwellenwerte der Bluteosinophilen bei Studieneinschluss nicht erfolgreich bzw. hatten die primären Endpunkte nicht erreicht. Verschiedene Subgruppenanalysen zeigten aber klar auf, dass die Wirksamkeit einer anti-IL-5-gerichtetenTherapie durchaus Erfolg versprechend sein könnte, wenn man nur Patienten mit einer höheren Anzahl von Bluteosinophilen in die Studien aufnimmt. Entsprechend sind neue Studien mit Mepolizumab und Benralizumab hier auf den Weg gebracht worden, deren Publikation (MATINEE-Studie) bzw. Studienabschluss (RESOLUTE-Studie) unmittelbar bevorstehen.
Mit Dupilumab ist im letzten Jahr nun erstmals ein Biologikum in der Dauertherapie von Patienten mit COPD, häufigen Exazerbationen und erhöhten Bluteosinophilen zugelassen worden, welches in Studien klar gezeigt hat, dass es in dieser Gruppe von COPD-Patienten die Exazerbationen reduzieren, die Lungenfunktion verbessern und die Symptomlast mindern kann. Nun werden mit großer Spannung und Erwartung auch die ersten so genannten «Real-World»-Daten erwartet, die typischerweise in nicht interventionellen Untersuchungen systematisch gesammelt werden, um die Wirksamkeit auch im klinischen Alltag zu demonstrieren. Hier konnten naturgemäß aufgrund der erst jüngst erfolgten Zulassung noch keine «Real-World»-Daten zusammengetragen werden. Wichtig ist auch, den Einsatz von Biologika auf die so genannten «patient-reported outcomes», also patientenbezogene Endpunkte, hin zu überprüfen. Hier sind in der systematischen Übersichtsarbeit von Freund und Kollegen, deren deutsche Übersetzung Sie in diesem Heft finden, wichtige Daten zusammengetragen worden, die sicherlich in naher Zukunft von weiteren Daten unterfüttert werden können.
Einen ganz anderen Ansatz zum Einsatz von Biologika wählten Sanjay Ramakrishnan und Kollegen, über den Sie sich in der Rubrik «Erfahrung aus der Praxis» informieren können: Patienten mit bekanntem Asthma bronchiale oder COPD erhielten im Falle einer akuten Exazerbation und dem Nachweis einer Bluteosinophilie einmalig Benralizumab mit oder ohne systemische Prednisolon-Therapie für 5 Tage im Vergleich zu Placebo. Sie konnten zeigen, dass der Einsatz von Benralizumab zu signifikanten Verbesserungen der Exazerbationsbehandlung führte. Einschränkend ist hier natürlich derzeit der Off-Label-Einsatz von Benralizumab und die hohe Dosierung. Weitere prospektive Studien sind hier vonnöten. Dennoch ist diese Studie ein wichtiger Schritt hin zu einem möglichen Paradigmenwechsel und bestätigt rein mechanistisch die Bedeutung der anti-eosinophilen Therapie auch in der Akutbehandlung.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Biologika auch die Therapie der Patienten mit schwerer COPD und häufigen Exazerbationen verändern werden. Neben dem Ansatz mit Dupilumab und der anti-IL-5-gerichteten Therapie wird auch die Biologika-Therapie gegen die epithelialen Zytokine (sogenannte Alarmine) von großer Bedeutung werden. Die klinischen Phase-3-Studiendaten der gegen IL-33 oder dessen Rezeptor ST2 gerichteten Therapie werden in den nächsten ein bis zwei Jahren mit Spannung erwartet. Wir werden an dieser Stelle erneut berichten.
PD Dr. med. Henrik Watz