Abstract
Despite substantial progress in reducing the global impact of many non-communicable diseases, including heart disease and cancer, morbidity and mortality due to chronic respiratory disease continues to increase. This increase is driven primarily by the growing burden of chronic obstructive pulmonary disease (COPD), and has occurred despite the identification of cigarette smoking as the major risk factor for the disease more than 50 years ago. Many factors have contributed to what must now be considered a public health emergency: failure to limit the sale and consumption of tobacco products, unchecked exposure to environmental pollutants across the life course, and the ageing of the global population (partly as a result of improved outcomes for other conditions). Additionally, despite the heterogeneity of COPD, diagnostic approaches have not changed in decades and rely almost exclusively on post-bronchodilator spirometry, which is insensitive for early pathological changes, underused, often misinterpreted, and not predictive of symptoms. Furthermore, guidelines recommend only simplistic disease classification strategies, resulting in the same therapeutic approach for patients with widely differing conditions that are almost certainly driven by variable pathophysiological mechanisms. And, compared with other diseases with similar or less morbidity and mortality, the investment of financial and intellectual resources from both the public and private sector to advance understanding of COPD, reduce exposure to known risks, and develop new therapeutics has been woefully inadequate.
Abstract aus Stolz D, Mkorombindo T, Schumann DM, et al.: Towards the elimination of chronic obstructive pulmonary disease: a Lancet Commission. Lancet. 2022;400(10356):921–972.
Transfer in die Praxis von Dr. Thomas Hausen (Essen)
Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Die Formulierung im Titel des hier kommentierten Artikels von Daianna Stolz et al. «auf dem Weg zur Elimination» der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (chronic obstructive pulmonary disease, COPD) erregt Aufmerksamkeit. Ein hehres Ziel, das sich die 29 Pneumologen einer Lancet-Kommission gesetzt haben. Die Tatsachen widersprechen diesem Vorhaben allerdings deutlich. Leider. Mit offenen Augen müssen wir uns eingestehen, dass wir dieses Ziel, wenn überhaupt, in naher Zukunft nicht erreichen werden.
Bisher haben wir beim «Auslöschen» der zwei wichtigsten Auslöser einer COPD, des inhalativen Rauchens und der vor allem in armen Ländern herrschenden Luftverschmutzung, kläglich versagt. Und die stetig steigenden Zahlen Betroffener sprechen ihre eigene Sprache.
Eine Eliminierung macht allerdings deswegen besonderen Sinn, weil die Behandlungsmöglichkeiten auch immer noch dürftig sind.
Einen Einfluss auf den Entzündungsprozess haben wir bis dato nicht. Wir behandeln nach wie vor nur rein symptomatisch. Im übertragenen Sinn müssen wir feststellen: Einmal begonnen, ist die Lawine der Progression nicht mehr aufzuhalten. Wir können allenfalls die Geschwindigkeit ihres Abgangs noch ein wenig beeinflussen.
Auch wenn sich die Behandlungsmöglichkeiten in den letzten Jahrzehnten mit Einführung der lang wirksamen Bronchodilatatoren und inhalativer Kortikosteroide deutlich verbessert haben, sind unsere einzigen Möglichkeiten, auf die Prognose Einfluss zu nehmen, die auslösende/n Noxe/n auszuschalten und mögliche Exazerbationen in Zahl und Schwere zu reduzieren.
Die einzige Konsequenz aus diesen Überlegungen kann eigentlich nur darin bestehen, den Beginn einer COPD möglichst zu verhindern. Die entscheidende Frage ist aber, wann beginnt der chronische Prozess und wie ist dieser vorauszusehen bzw. woran ist dieser zu erkennen?
Wenn wir also nicht kausal behandeln können, müssen unsere Bemühungen darin bestehen, die Krankheit möglichst früh zu entdecken, um möglichst früh unsere beschränkte Einflussnahme einsetzen zu können, oder noch besser, Hinweise zu finden, die ein Risiko für den Start einer COPD aufzeigen.
Der Schlüssel liegt in der Hausarztpraxis
Unsere Bemühungen müssen somit darin bestehen, bei dem vielfältigen pathophysiologischen Geschehen zu den bereits bekannten Auslösern neue Risikofaktoren und Hinweise zu finden.
Die unter AHA zusammengefassten Symptome – Auswurf, Husten und Atemnot – gelten seit Jahrzehnten als Frühzeichen der COPD. Dabei wird leider vergessen, dass alle drei Symptome eine Bestätigung dafür sind, dass sich die COPD bereits fest etabliert hat.
In der Literatur finden sich einige Beispiele, in denen von «Early Detection of Asthma and COPD» geschrieben wird z.B. [1‒3].
Korrekter Ort für eine Suche, nämlich Hausarztpraxen, aber genau besehen, handelt es sich in allen Fällen um fest etablierte, nur noch nicht diagnostizierte oder bisher übersehene Fälle von Asthma oder COPD, somit keinesfalls um Frühdiagnosen.
Wir benötigen keine «feineren» Instrumente, die dann mangels Kosten und Verbreitung nicht genutzt werden. «Instrumente» zur Frühdiagnose müssen erschwinglich und in der ganzen Welt leicht zugänglich sein. Eigentlich benötigen wir aber «nur» unsere bekannten Instrumente und vor allem mehr Aufmerksamkeit bei der täglichen Arbeit.
Die Domäne der Frühdiagnose ist die Hausarztpraxis. Nur hier können Frühzeichen, eine Prä-COPD, vergleichbar zum Prä-Diabetes und Ähnlichem, entdeckt und dem aufmerksamen Kollegen bei jedweder Konsultation, sozusagen nebenbei auffallen.
Die immer postulierte Infektanfälligkeit bei COPD wird als diagnostisches Kriterium leider nicht genutzt [4‒7]. Dabei erkranken Patienten mit einer chronischen Atemwegserkrankung wegen ihrer geschädigten Schleimhaut deutlich häufiger an Infektionen der Atemwege und haben dabei auch eine Neigung zu bakteriellen Superinfektionen. Mehr als eine bakterielle Infektion pro Jahr scheint ein Hinweis zu sein und könnte wegweisend sein [4].
Nach 30 Jahren Hausarzttätigkeit sehe ich aber auch noch andere mögliche Hinweise [8]. Wer den Patienten beim Auskultieren – Anhusteversuch – husten lässt, wird schnell zwischen gesunder und «kranker» Oberfläche zu unterscheiden wissen und/oder ein maskiertes Giemen hören können. Denn: Gesunde Atemwege kennen kein Giemen.
Bei normaler Lungenfunktion belegt eine Einsekundenkapazität (forced expiratory volume per second, FEV1) im unteren Drittel des Normalbereiches mit einem Abfall >40 ml/Jahr offensichtlich ein 33-fach höheres Risiko für die Entwicklung einer COPD [9].
Chancen und Herausforderungen
Wie könnte demnach Frühdiagnose aussehen? Wer mit bekannten Risikofaktoren, Alter, Rauchverhalten usw., einer der oben genannten Auffälligkeiten und einer FEV1 im unteren Drittel des Normalen auffällt, sollte weiter im Auge behalten werden. Bestätigt ein Abfall der FEV1 >40 ml nach z.B. einem Jahr das Risiko, erfolgt frühe Therapie, d.h. das Ausschalten der Noxe/n, eine Infektprophylaxe und die Empfehlung zu sportlicher Betätigung.
Die Fragen, die sich daraus weiter ergeben: Lässt sich der Start des chronischen Prozesses an dieser Stelle noch aufhalten, abwenden? Und wenn ja, wie? Könnten neben dem Ausschalten der Noxe/n in Kombination mit allgemeinen Maßnahmen, wie Infektprophylaxe und regelmäßige sportliche Betätigung, die bewährte Bestandteile der Behandlung der COPD sind, hilfreich sein? Schaden würden sie keinesfalls, so dass auch falsch positiv Diagnostizierte durch diese Intervention keine Nachteile hätten.
Selbstverständlich werden wir über diesen Weg viele Fälle von falsch positiver Prä-COPD diagnostizieren, möglicherweise aber auch viele vor einem unabwendbaren Schicksal bewahren können, auch wenn wir das nicht werden feststellen können.
Wollen wir dem Ziel, die COPD zu eliminieren oder zumindest das Los der Betroffenen zu verbessern, näher kommen, ist Forschung an geeigneter Stelle, d.h. in den Hausarztpraxen, unumgänglich.
Disclosure Statement
Keine Interessenskonflikte.