Zusammenfassung
Obwohl die Anwendung einer High-Flow-Nasenkanüle (HFNC) derzeit empfohlen wird, um während der Sedierung bei einer Bronchoskopie eine Sauerstoffentsättigung zu verhindern, besteht noch kein Konsens über die optimale Flussrate. Ziel dieser prospektiven, randomisierten und kontrollierten Studie war es, die optimale Sauerstoffflussrate für die HFNC zu bestimmen, um eine Entsättigung während der Sedierung bei einer Bronchoskopie effektiv zu vermeiden. Insgesamt wurden 240 Patienten, bei denen eine Bronchoskopie geplant war, randomisiert und erhielten HFNC in Kombination mit Propofol-Sedierung (mit 100% Sauerstoff) bei einer von sechs verschiedenen Flussraten von 10, 20, 30, 40, 50 und 60 l/min, die in den Gruppen 1–6 eingeteilt wurden. Die Ergebnisse zeigten, dass die Häufigkeit der Entsättigung mit zunehmender Sauerstoffflussrate signifikant abnahm (42,5%, 17,5%, 15%, 10%, 2,5% bzw. 0% in den Gruppen 1–6, p < 0,0001). Die mittels Probit-Regression berechnete optimale Sauerstoffflussrate zur Vermeidung einer Entsättigung bei 95% der Patienten lag bei 43,20 l/min (95%-Konfidenzintervall, 36,43–55,96 l/min). Eine Erhöhung der Sauerstoffflussrate reduzierte deutlich die Notwendigkeit von Atemwegsinterventionen. Auf Basis dieser Ergebnisse wird eine HFNC-Flussrate von 50–60 l/min empfohlen, um eine Entsättigung während der Sedierung bei einer Bronchoskopie effektiv zu verhindern.
Zusammenfassung von Zhang W, Yuan X, Shen Y, Wang J, Xie K, Chen X. Optimal flow of high-flow nasal cannula oxygenation to prevent desaturation during sedation for bronchoscopy: a randomized controlled study. Ther Adv Respir Dis. 2024 Jan-Dec;18:17534666241246637.
Transfer in die Praxis von PD Dr. Lars Hagmeyer (Solingen)
Hintergrund
Entsprechend der aktuellen Leitlinien wird empfohlen, die Bronchoskopie unter Sedierungsbedingungen durchzuführen [1, 2]. Unter konventioneller Sauerstoffgabe werden in der transkutanen Pulsoxymetrie während der Sedierung häufig Sauerstoffentsättigungen beobachtet. Wenngleich sedierungsbedingte Desaturationen in der Praxis bei adäquatem Management nur selten von klinischer Relevanz sind, könnte eine Vermeidung derselben zu einer Erhöhung der Sicherheit in der Bronchoskopie beitragen. Dies ist insbesondere bei Bronchoskopien mit erhöhtem Gesamtrisiko (patientenbezogenes Risiko und prozedurassoziiertes Risiko) von Bedeutung. Erste Arbeiten konnten einen möglichen positiven Effekt einer High-Flow-Nasenkanülen (hig-flow nasal cannula, HFNC)-Oxygenierung zeigen. Zur optimalen Strategie in der praktischen Anwendung der HFNC-Oxygenierung liegt bislang wenig Evidenz vor.
Wen Zhang und Kollegen untersuchten in ihrer monozentrischen, prospektiven, randomisierten, kontrollierten Studie, wie häufig es bei ihrem Kollektiv von 240 Patienten während einer Sedierung mit Sufentanyl und Propofol bei der Anwendung von HFNC-Oxygenierung zu Desaturationen kam [3]. Dabei wurden die Studienteilnehmer bei Gabe von 100% Sauerstoff über die Kanüle hinsichtlich der Flussrate in 6 Gruppen randomisiert (10 l/min, 20 l/min, 30 l/min, 40 l/min, 50 l/min, 60 l/min; Gruppen 1–6).
Der primäre Outcomeparameter war das Auftreten von Desaturationen (SpO2 <90%), der sekundäre Outcomeparameter war die Erforderlichkeit von Atemwegs-Interventionen, um einen Sättigungsanstieg zu erreichen.
Dabei wurde ein manueller Unterkiefervorschub bei Sättigungsabfällen mit SpO2 <95% angewendet. Bei SpO2-Abfallen <90% wurde ergänzend der Flow auf 60 l/min erhöht. Bei schweren Desaturationen (SpO2 <75% jedweder Zeitdauer oder 75% ≤ SpO2 <90% über >60 s) erfolgte eine Beutel-Maskenbeatmung. Eine endotracheale Intubation erfolgte bei respiratorischer Verschlechterung unter Maskenbeatmung.
Ergebnisse der Studie
Von 343 gescreenten Patienten konnten 240 Patienten in die Studie eingeschlossen werden. Die Inzidenz von Desaturationen sank in den Gruppen 1–6 mit Steigerung der Flowrate (42,5%; 17,5%; 15%; 10%; 2,5%; 0%). Ebenso sank die Häufigkeit von erforderlichen Atemwegsinterventionen mit Steigerung der Flussrate. Zwischen den 6 Gruppen gab es dabei keine signifikanten Unterschiede bei der Propofol- oder Sufentanyldosis sowie bei der Untersuchungsdauer.
Fazit für die Praxis
Die Studie beleuchtet die klinisch relevante Frage, wie die Patientensicherheit bei der Bronchoskopie erhöht werden kann. Im Speziellen wurde das Verfahren der HFNC-Oxygenierung untersucht. Dieses Verfahren unterstützt abgesehen von der Verbesserung der Oxygenierung die Auswaschung von Kohlendioxid aus dem anatomischen Totraum. Der zu erzielende endexspiratorische Druck von etwa 3–7 cm H2O beugt einem Alveolarkollaps und Atelektasenbildung vor. Darüber hinaus kann das Verfahren helfen, den oberen Atemwegswiderstand und die Atemarbeit zu reduzieren.
In früheren Arbeiten konnte gezeigt werden, dass die HFNC-Oxygenierung ein sinnvolles unterstützendes Verfahren bei Sedierungen darstellen kann [4‒9]. Die aktuelle Studie präsentiert erstmals den Versuch einer Dosisfindung für die praktische Anwendung des Verfahrens.
Die Daten bestätigen, dass die HFNC-Oxygenierung einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Patientensicherheit bei der Bronchoskopie leisten kann. Dank des prospektiv-randomisierten Studiendesigns konnten mehrere Parameter systematisch erhoben und sauber analysiert werden. Bei einer Gabe von 100% Sauerstoff empfehlen die Autoren im Diskussionsteil des Artikels eine Flussrate von 50–60 l/min.
Verschiedene Limitationen der Studie sind zu benennen. Leider liegen keine Lungenfunktionsdaten oder Blutgasanalysen vor. Damit kann per se keine Aussage zur pulmonalen Funktionseinschränkung der Patienten gemacht werden, Analysen zu pH-, pO2- und pCO2-Werten waren nicht möglich. Schließlich handelte es sich überwiegend um einfache Bronchoskopien mit kurzen Untersuchungszeiten, nur wenige Patienten waren adipös. Nur 5 Patienten wurden mit der ASA (American Society of Anesthesiologists)-Klassifikation 3 eingestuft (235 Patienten ASA 1–2), eine obstruktive Schlafapnoe war bei keinem der Patienten vorbeschrieben. Damit kann keine verlässliche Aussage zum Effekt des Verfahrens bei Risikopatienten oder komplexen risikoträchtigeren Eingriffen gemacht werden.
Insgesamt leistet die Studie einen wichtigen Beitrag beim Bestreben, die Sedierung bei der Bronchoskopie sicher zu gestalten. Angesichts der Kosten durch den Einmalartikel-Aufwand wird in weiteren Studien zu überprüfen sein, für welche Patienten und Bronchoskopietechniken die HFNC-Oxygenierung eine klinisch relevante Risikoreduktion darstellt.
Disclosure Statement
Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenskonflikte in Bezug auf den vorliegenden Wissenstransfer bestehen.