Abstract
Background: Researchers have linked cardiovascular disease (CVD) with advancing age; however, how it drives disease progression in elderly severe community acquired pneumonia (SCAP) patients is still unclear. This study aims to identify leading risk predictors of in-hospital mortality in elderly SCAP patients with CVD, and construct a comprehensive nomogram for providing personalized prediction. Patients and methods: The study retrospectively enrolled 2365 elderly patients identified SCAP. Among them, 413 patients were found to have CVD. The LASSO regression and multivariate logistic regression analysis were utilized to select potential predictors of in-hospital mortality in elderly SCAP patients with CVD. By incorporating these features, a nomogram was then developed and subjected to internal validations. Discrimination, calibration, and clinical use of the nomogram were assessed via C-index, calibration curve analysis, and decision plot. Results: Compared with patients without CVD, elderly SCAP patients with CVD had a significant poor outcome. Further analysis of the CVD population identified 7 independent risk factors for in-hospital mortality in elderly SCAP patients, including age, the use of vasopressor, numbers of primary symptoms, body temperature, monocyte, CRP and NLR. The nomogram model incorporated these 7 predictors showed sufficient predictive accuracy, with the C-index of 0.800 (95% CI 0.758–0.842). High C-index value of 0.781 was obtained in the internal validation via bootstrapping validation. Moreover, the calibration curve indicative a good consistency of risk prediction, and the decision curve manifested that the nomogram had good overall net benefits. Conclusion: An integrated nomogram was developed to facilitate the personalized prediction of in-hospital mortality in elderly SCAP patients with CVD.
Abstract aus Gong L, He D, Huang D, et al.: Clinical profile analysis and nomogram for predicting in-hospital mortality among elderly severe community-acquired pneumonia patients with comorbid cardiovascular disease: a retrospective cohort study. BMC Pulm Med. 2022 Aug 13;22(1):312.
Transfer in die Praxis von Prof. Dr. Helmut Frohnhofen (Düsseldorf)
Hintergrund
Die ambulant erworbene Pneumonie (community-acquired pneumonia, CAP) gehört weltweit zu den häufigsten Infektionskrankheiten, die zu einer Krankenhausaufnahme führen. Dabei ist es wichtig, die Patienten mit CAP früh zu erkennen, die einer stationären Krankenhausbehandlung bedürfen.
Zu diesem Zweck wurden mehrere Scores entwickelt: Einer der ersten Scores ist der Pneumonia-Severity-Index (PSI), mit dessen Hilfe diese Entscheidung zum ambulanten Verbleib oder zur stationären Krankenhausaufnahme bei CAP getroffen werden sollte [1]. Dieser Score umfasst 20 Parameter und ist für die praktische klinische Routine zu umfangreich.
Ein im Vergleich zum PSI weniger aufwendiges Instrument wurde mit dem CURB-65-Score von der British Thoracic Society vorgeschlagen [2]. Dieser Score stellt im Vergleich zum PSI eine erhebliche Vereinfachung dar. Er umfasst die Parameter Verwirrtheit, Harnstofferhöhung, hohe Atemfrequenz und niedriger Blutdruck. Dieser in der täglichen klinischen Praxis leichter anwendbare Score büßt aber auf Kosten der Anwenderfreundlichkeit an Sensitivität ein [3].
Ein weiterer Score ist der SMART-COP, der in Australien entwickelt wurde und die Parameter systolischer Blutdruck, multilobuläre Infiltrate, Albumin, Atemfrequenz, Herzfrequenz, Verwirrtheit, Sauerstoffsättigung und pH-Wert einschließt [4]. Das Ziel dieses Scores ist die Vorhersage der Notwendigkeit einer maschinellen Beatmung oder einer aktiven Kreislaufunterstützung.
Der aus Japan stammende A-DROP-Score berücksichtigt die Variablen Alter, Dehydratation, respiratorische Insuffizienz, Verwirrtheit und systolischen Blutdruck [5].
Alle diese Scores können helfen, die Entscheidung für eine stationäre Klinikaufnahme zu stellen oder einen Patienten auf eine Intensivstation zu verlegen [6]. Sie helfen jedoch weniger gut, um die Mortalität eines älteren Patienten mit CAP zu ermitteln. PSI und CURB-65 wurden beide zudem kritisiert, da sie unter anderem das Lebensalter der Patienten stärker gewichten und damit den Schweregrad einer Pneumonie bei jüngeren Menschen unter- und bei älteren Menschen überschätzen [7]. PSI und CURB-65 wurden nicht konzipiert, um die Notwendigkeit einer Intensivbehandlung einschätzen zu können. Dieses Ziel hatte jedoch der SMART-COP-Score, er ist aber komplex und damit wenig anwenderfreundlich.
Ein neuer Score mit höherer Vorhersagewahrscheinlichkeit bezüglich der Prognose wurde auf der Basis multipler Gesundheits- und anthropometrischer Daten im Rahmen einer retrospektive Studie ermittelt [8]. Aus acht unabhängigen Faktoren wurde der sogenannte expanded CURB-65-Score entwickelt, der auch die Laborwerte LDH, Albumin und Thrombozytenzahl integriert.
Als alt gilt ein Mensch nach der WHO-Konvention dann, wenn er ein Lebensalter von wenigstens 65 Jahren erreicht hat. Das kalendarische Alter ist jedoch kein brauchbarer Parameter, um medizinische Entscheidungen oder Maßnahmen zu begründen. Geriatrische Probleme sind diesbezüglich relevanter [9].
Keiner der hier aufgeführten Scores berücksichtigt jedoch geriatrische Probleme älterer Menschen. Geriatrische Probleme werden durch eine spezifische altersmedizinische Diagnostik – dem geriatrischen Assessment – erfasst. Die adressierten altersmedizinischen Problembereiche umfassen die basale Selbstversorgungsfähigkeit (basale Aktivitäten des täglichen Lebens, BADL), die selbstständige Lebensführung (instrumentelle ADL), die Hirnleistung, die affektive Situation, den Ernährungsstatus, die Mobilität und die soziale Situation. Zudem werden Altersgebrechlichkeit (Frailty), Muskelmasseverlust (Sarkopenie) und Schluckstörungen erfasst [10].
In der japanischen JAGES-Querschnittsstudie wurde die Bedeutung solcher altersmedizinischer Probleme hinsichtlich des Risikos für eine ambulant erworbene schwerer Pneumonie untersucht [11]. In dieser Studie fanden sich signifikante Assoziationen zwischen fast allen geriatrischen Problemen und der Mortalität der Patienten. Diese bedeutet auch, dass zusätzlich zu den etablierten Beurteilungskriterien für das individuelle Patientenrisiko bei ambulant erworbener Pneumonie auch Untersuchungen durch ein geriatrisches Assessments erfolgen müssen.
Das geriatrische Assessment erfolgt stufenförmig. Die erste Stufe ist eine Screening hinsichtlich des Vorliegens geriatrischer Probleme. Tests wie der Geriatrie-Check haben eine hohe Sensitivität und ermöglichen eine Unterscheidung zwischen relativ fitten älteren Menschen und Patienten mit altersmedizinischen Problemen [12]. Klinisch hat sich im Weiteren ein Assessment auf dem Boden eines klinischen Globalurteils als sehr wertvoll erwiesen. Dieses unter dem Namen Clinical-Frailty-Scale (CFS) validierte Instrument hat eine eigenständige prognostische Aussagekraft [13].
Darvall und Mitarbeiter konnten in einer retrospektiven Studie für ältere Menschen mit COVID-19-Pneumonie zeigen, dass ausgeprägte Frailty in diesem Kollektiv ein unabhängiger Mortalitätsprädiktor ist [14]. Zudem konnte die Arbeitsgruppe zeigen, dass sich die CFS leicht in den klinischen Alltag implementieren lässt [15].
Die klinische Wertigkeit eines Scores ist immer abhängig von den berücksichtigten Faktoren, aus denen dieser Score generiert wird. So gut solche Scores auch validiert sind, fehlende wichtige Faktoren können deren Aussagekraft relativieren. Geriatrische Probleme, die mit Hilfe eines abgestuften geriatrischen Assessments leicht erkennbar sind, wurden bisher zu wenig in der allgemeinen klinischen Routine berücksichtigt. Dies ist überfällig, da die Relevanz geriatrischer Faktoren neben Komorbiditäten hinsichtlich der Mortalität bei älteren Menschen mit schwerer ambulant erworbener Pneumonie gut belegt ist[16].
Unter diesem Aspekt relativiert sich die Aussagekraft praktisch aller bisher eingeführten Scoresysteme.
Ergebnisse der Studie
Die hier diskutierte Studie von Linjing Gong und Kollegen [8] liefert einfach zu erhebende Parameter, die zur besseren Abschätzung der Prognose einer schweren ambulant erworbenen Pneumonie verwendet werden können. Allerdings müssen prospektive Studien noch zeigen, dass die Berücksichtigung dieser Parameter und deren Integration in ein umfassendes Behandlungskonzept auch zu einer Senkung der Mortalität führt.
Altersmedizinische Parameter, deren unabhängige prognostische Relevanz belegt ist, wurden in dieser retrospektiven Studie nicht berücksichtigt. Die Integration eines geriatrischen Assessments in das Management der schweren ambulant erworbenen Pneumonie könnte die hier vorgestellten Parameter relativieren und auf weitere, noch zu selten berücksichtigte, aber modifizierbare Faktoren hinweisen.
Fazit für die Praxis
Die retrospektive Studie von Gong et al. bestätigt einen Teil der Ergebnisse der früheren Beobachtungsstudie von Luo et al. [16]. In beiden Studien waren Komorbiditäten unabhängige Mortalitätsprädiktoren. Der Nachteil der Studie von Gong et al. ist neben ihrem retrospektiven Design die fehlende Berücksichtigung geriatrischer Probleme. Dies ist umso wichtiger, da geriatrische Probleme potenziell behandelbar sind. Ob die Analyse bei Berücksichtigung geriatrischer Probleme ähnliche Ergebnisse erbracht hätte, bleibt spekulativ. Der von Gong und Kollegen vorgeschlagene Score sollte jedoch erst in die Klinik eingeführt werden, wenn er prospektiv unter Einbindung geriatrischer Probleme validiert wurde.
Disclosure Statement
Beraterhonorare: Heel, Amgen. Vortragshonorare: Amgen, Heel, Idorsia, Gruenenthal, BMS, Bayer, Jazzpharma.