Abstract
Hintergrund: Exazerbationen der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) gelten als Ursache eines sich verschlechternden Gesundheitszustands (health status; HS). Dies mag nicht für alle Exazerbationen gelten, da für recht unterschiedliche Erkrankungen verschiedene Definitionen erforderlich sind. Die Wahl der jeweiligen Definition und die Empfindlichkeit des HS-Instruments können die Ergebnisse hinsichtlich der Auswirkungen von Exazerbationen beeinflussen. Die Empfindlichkeit eines neuen HS-Instruments, das weitere und unterschiedliche Aspekte abdeckt, wurde im Hinblick auf Exazerbationen noch nicht untersucht. Studienziele: Bestätigung der negativen Auswirkungen von Exazerbationen auf den HS durch Verwendung eines hochdifferenzierten Instruments und Bewertung der Aspekte des HS, die am stärksten betroffen sind. Methoden: 168 ambulante Patienten mit COPD wurden prospektiv hinsichtlich eines breiten Spektrums an Aspekten des HS bewertet. Diese Bewertung fand zu Beginn und am Ende einer 1-jährigen Nachsorge statt. Anhand der Einträge zur Behandlung und zu Symptomveränderungen in den monatlichen Tagebuchkarten wurden ereignisbasierte Exazerbationen identifiziert. Der HS wurde mit Hilfe eines neu validierten Instruments beurteilt, das sowohl physiologische als auch nichtphysiologische Teilbereiche umfasst. Am Ende der Studie wurden parametrische Korrelationen zwischen Exazerbationshäufigkeit und HS-Scores berechnet. Anschließend wurden anhand von HS-Scores vom Studienbeginn partielle Korrelationen untersucht, um eine Korrektur in Bezug auf frühere HS-Niveaus vorzunehmen. Ergebnisse: Zwischen Exazerbationshäufigkeit und HS-Teilbereichen wurden häufig Korrelationen gefunden - vorwiegend in nichtphysiologischen Teilbereichen. Nach Korrektur der HS-Scores zu Studienbeginn blieben nur 2 Teilbereiche (des Hauptbereichs «Beschwerden») übrig, die signifikant, jedoch schwach korrelierten. Schlussfolgerung: Exazerbationshäufigkeit und HS weisen nach einem Jahr schwache Korrelationen auf. Hiervon verschwinden die meisten jedoch nach der Korrektur in Bezug auf frühere HS-Niveaus. Bei diesen Exazerbationen dauert es wahrscheinlich wesentlich länger, bis sich ein verschlechterter HS manifestiert.
Originalartikel: Obstructive Pulmonary Disease: A Prospective Survey
Tewe Verhagea Lonneke Boerb Johan Molemaa Yvonne Heijdraa Richard Dekhuijzena Jan H. Vercoulena,b
Departments of aPulmonary Disease, and bMedical Psychology, Radboud University Nijmegen Medical Centre, Nijmegen, The Netherlands
Transfer in die Praxis
Es wird davon ausgegangen, dass Exazerbationen (EA) die Prognose und den Gesundheitszustand der Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) negativ beeinflussen. Offensichtlich ist dies für EA, die zu einer stationären Behandlung führen. Gilt dies aber auch für weniger schwere EA, die ambulant therapiert werden können?
Die Autoren haben einen Fragebogen zur Erfassung des Gesundheitszustands entwickelt, der neben der Lebensqualität auch Lungenfunktionsparameter, Symptome (Dyspnoe) und funktionelle Beeinträchtigungen (soziale und körperliche Aktivitäten) beinhaltet. Dieser Fragebogen ist neu und geht über die alleinige Erfassung der Lebensqualität hinaus.
Mit diesem Instrument wurden 116 Patienten mit COPD (GOLD II und III) zu Studienbeginn und nach 1 Jahr untersucht. Mittels monatlich auszufüllender Fragebogen wurde die Häufigkeit der ambulanten EA erfasst (im Mittel 2,2 pro Patient und Jahr) und mit den Parametern des Gesundheitszustands korreliert.
Doch überraschend zeigte sich, dass eine erhöhte Zahl ambulant beherrschbarer EA nicht zu einer signifikanten Verschlechterung aller Domänen des Gesundheitszustands-Fragebogens nach 1 Jahr führte.
Das Ergebnis stellt eine interessante erste Orientierung dar bei einer allerdings kleinen Fallzahl. Dazu wiesen die Patienten eine niedrige Rate an Komorbidtäten auf. Damit wird ein nicht messbarer Effekt im Gesundheitszustand wahrscheinlicher.
Fazit
Zusammenfassend ist die Therapie und Vermeidung von EA ein wichtiges Therapieziel. Eine EA wird kurzfristig den Gesundheitszustand beeinträchtigen, was sich schon allein aus der Definition ergibt. Bei konsequenter Therapie scheinen sich bleibende Veränderungen der Symptome, des Aktivitätsradius und der Lebensqualität im Langzeitverlauf nur langsam zu entwickeln. Diese Ergebnisse können hilfreich bei der Beratung der Patienten sein, die nach dem Verlauf ihrer Erkrankung fragen. Dieses Studienergebnis gilt aber nur für die Untergruppe von Patienten, deren EA ambulant behandelt werden konnte.
Gekürzte Übersetzung aus Respiration 2013;85:236-243 (DOI: 10.1159/000339925)