Abstract
Hintergrund: Die Auswirkungen der pulmonalen Hypertonie (PH) auf das Überleben wurden bei Patienten mit schwerer idiopathischer pulmonaler Fibrose (IPF), die zur Transplantation überwiesen wurden, gezeigt. Ob die PH jedoch auch in leichteren Fällen ein Prädiktor für das Überleben ist, ist noch ungeklärt. Ziele: Untersuchung der Auswirkung des bei der Erstuntersuchung gemessenen Pulmonalarteriendrucks auf das Überleben von IPF-Patienten. Methoden: Wir analysierten retrospektiv die Erstuntersuchungsdaten von 101 konsekutiven IPF-Patienten, die sich einer Rechtsherzkatheterisierung unterzogen hatten. Patienten, die unter zusätzlicher Sauerstoffzufuhr untersucht worden waren, wurden von der Analyse ausgeschlossen. Die Prädiktoren für das 5-Jahres-Überleben wurden mit dem proportionalen Cox-Modell analysiert. Ergebnisse: Die mittlere forcierte Vitalkapazität (FVC) in % des Sollwerts, die Diffusionskapazität der Lunge für Kohlenmonoxid (DLCO) in % des Sollwerts und der mittlere pulmonalarterielle Druck (MPAP) betrugen 70,2 ± 20,1%, 47,9 ± 19,5% und 19,2 ± 6,5 mm Hg. Ein univariates proportionales Hazard-Modell nach Cox zeigte, dass Body-Mass-Index, %FVC, %DLCO, Baseline-PaO2, modifizierter Medical-Research-Council-Score, 6-min-Gehtest und geringste SpO2 beim 6-min-Gehtest signifikante Prädiktoren für das Überleben darstellten. MPAP und Lungengefäßwiderstand bei der Rechtsherzkatheterisierung waren ebenfalls signifikant. In einer stufenweise aufgebauten multivariaten Cox-Proportional-Analyse erwiesen sich MPAP (HR = 1,064; 95-%-KI 1,015-1,116; p = 0,010) und %FVC (HR = 0,965; 95-%-KI 0,949-0,982, p < 0,001) als unabhängige Determinanten des Überlebens. Die Auswertung der Grenzwertoptimierungskurve ergab, dass ein MPAP > 20 mm Hg optimal für die Abgabe der Prognose ist. Schlussfolgerungen: Höhere MPAP- und niedrigere %FVC-Werte bei der Erstuntersuchung waren signifikante unabhängige prognostische Faktoren für IPF. Die aktuellen Ergebnisse deuten auf die Bedeutung der Feststellung einer PH bei der Erstuntersuchung von IPF-Patienten hin.Übersetzung aus Respiration 2013;85:456-463 (DOI: 10.1159/000345221)
Originaltitel: Pulmonary Hypertension as a Prognostic Indicator at the Initial Evaluation in Idiopathic Pulmonary Fibrosis
Motohiro Kimuraa Hiroyuki Taniguchib Yasuhiro Kondohb Tomoki Kimurab Kensuke Kataokab Osamu Nishiyamac Hiromichi Asoa Koji Sakamotoa Yoshinori Hasegawaa
aDepartment of Respiratory Medicine, Nagoya University Graduate School of Medicine, Nagoya, bDepartment of Respiratory Medicine and Allergy, Tosei General Hospital, Seto, and cDepartment of Respiratory Medicine and Allergology, Kinki University School of Medicine, Osakasayama, Japan
Transfer in die Praxis
Die idiopathische pulmonale Fibrose (IPF) ist ein Syndrom, dass eine immer größere Aufmerksamkeit verlangt, da seine Prävalenz in den westlichen Industrienationen - auch alterskorrigiert - zunimmt und seine Therapie im Fluss ist. Für therapeutische Entscheidungen und die Listung für die Lungentransplantation werden verlässliche prognostische Parameter dringend benötigt.
In der Vergangenheit konnte gezeigt werden, dass vorangeschrittene Krankheitsbilder mit niedriger Vitalkapazität, niedriger Diffusionskapazität, starker Entsättigung im 6-min-Gehtest, hohem Sauerstoffbedarf und pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) eine schlechte Prognose haben. Auffällig ist, dass die PAH nicht mit der Restriktion und dem fibrotischen Umbau der Lunge korreliert, aber bei der Lungentransplantation einen gewichtigen Risikofaktor darstellt, der mit erhöhter perioperativer Mortalität assoziiert ist. Dies trifft nicht nur für die IPF, sondern auch für die Sarkoidose zu. Restriktion und Hypoxämie haben sicherlich einen Einfluss auf die PAH, aber die dysproportional starke PAH bei IPF mit geringer Restriktion weist auf andere Mechanismen hin, die gezielt therapeutisch angegangen werden müssen.
In diesem Kontext zeigt die retrospektive Analyse von Kimura et al., dass auch eine moderate pulmonale Hypertonie den Verlauf ungünstig beeinflusst. Die Kohorte von 101 Patienten mit einer IPF, die nach den aktuellen Leitlinien diagnostiziert wurde, zeigte eine nur moderate Restriktion und eine mittelgradige Gasaustauschstörung. In einer logistischen Regressionsanalyse konnten die Autoren von den 9 analysierten physiologischen Parametern 2 identifizieren, die unabhängige Prognosekriterien darstellen. Die bereits bekannte Vitalkapazität und die PAH.
Letzterer Befund ist beachtenswert, denn es handelt sich um Patienten ohne Bedarf für eine Sauerstofflangzeittherapie und ohne linkskardiale Dysfunktionen, die sich bei IPF häufig einstellen. Bisher war bekannt, dass eine PAH in fortgeschrittenen Fällen die Mortalität erhöht, insbesondere bei einer Lungentransplantation. Mit der Messung des pulmonal-arteriellen Mitteldrucks lässt sich somit eine Subkohorte von Patienten mit ungünstiger Prognose identifizieren. Das mediane Überleben der Patienten mit einem pulmonal-arteriellen Mitteldruck > 20 mm Hg betrug 20,8 Monate und das derer mit einem Druck < 20 mm Hg 37,5 Monate. Hierbei ist auffällig, dass sich die Subgruppen mit einem hohen Druck (>25 mm Hg) von der mit einem mäßig erhöhtem Druck (20-25 mm Hg) nicht unterscheiden und somit auch moderate Veränderungen von Relevanz sind.
Die Genese der PAH bei IPF ist unklar und viele Pathomechanismen, die sich sicherlich in frühen und späten Phasen unterscheiden, sind zwangsläufig involviert; diese Varianz stellt eine therapeutische Herausforderung dar. Eine Reihe von Studien mit PAH-Medikamenten wie Endothelin-1-Rezeptorantagonisten, Phosphodiesterase-4-Inhibitoren und dem kürzlich entwickelten löslichen Guanylatcyclase-Stimulator Riociguat verliefen erfolglos. Diese negativen Ergebnisse sind in Anbetracht der Studie von Kimura et al. mit Vorsicht zu interpretieren. Die PAH war weder ein Einschlusskriterium noch der primäre Endpunkt dieser Studien. Der nun erkannte prognostische Faktor PAH bei IPF muss daher vor einer abschließenden Beurteilung gezielt in klinischen Studien analysiert werden.
Fazit
Eine PAH bei moderater IPF ist mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Eine Therapie mit Vasodilatantien für die PAH kann wegen der möglichen negativen Effekte auf den Gasaustausch nicht generell empfohlen werden. Off-Label-Therapieversuche sind mit höchster Vorsicht durchzuführen. Die Studie von Kimura et al. ändert jedoch die Perspektive auf die PAH bei IPF. Die Bedeutung der vaskulären Remodellierung bei moderater IPF ist jetzt klar erkannt, aber therapeutische Zugänge fehlen. Prospektive, kontrollierte Studien zum Screening und zur Therapie müssen abgewartet werden, bevor ein Routine-Screening auf PAH bei IPF empfohlen werden kann.