Die Keynote-826 Studie untersucht die Wirksamkeit von Pembrolizumab bei metastasiertem, rezidiviertem oder persistenten Gebärmutterhalskrebs, der unter Chemotherapie progredient ist. Eingeschlossen wurden Patientinnen mit Plattenepithelkarzinom, adenosquamösem Karzinom oder Adenokarzinom des Gebärmutterhalses, die bisher keine systemische Chemotherapie für die metastasierte oder rezidvierte Situation erhalten hatten und bei denen eine kurative Behandlung (wie Operation und/oder Bestrahlung) nicht mehr in Frage kam. In der doppelblinden Phase-III-Studie wurden Patientinnen im Verhältnis 1:1 randomisiert. Untersucht wurde der Nutzen der der Zugabe von Pembrolizumab zur Chemotherapie mit oder ohne Bevacizumab. Primäre Endpunkte waren das progressionsfreie Überleben (PFS) und das Gesamtüberleben (OS). Bei Ergänzung mit Pembrolizumab betrug das mediane progressionsfreie Überleben von 548 Patientinnen (kombinierter PD-L1-Score ≥1) 10,4 Monate, in der Placebo-Gruppe 8,2 Monate. In der Intention-to-Treat-Population (617 Patientinnen) lag das progressionsfreie Überleben bei 10,4 Monate bzw. 8,2 Monate. Bei 317 Patienten mit einem kombinierten positiven PD-L1-Score von 10 oder mehr betrug das progressionsfreie Überleben 10,4 Monate bzw. 8,1 Monate. In der Pembrolizumab-Gruppe lag das Gesamtüberleben nach 24 Monaten bei 53,0 % und 41,7 % in der Placebo-Gruppe, bzw. 50,4 % und 40,4 % sowie 54,4 % und 44,6 %. Demzufolge zeigten die Patientinnen unter Pembrolizumab ein signifikant längeres progressionsfreies und Gesamtüberleben als unter Placebo.

Kommentar zu Colombo N, Dubot C, Lorusso D, Caceres MV, Hasegawa K, Shapira-Frommer R, Tewari KS, Salman P, Hoyos Usta E, Yañez E, Gümüş M, Olivera Hurtado de Mendoza M, Samouëlian V, Castonguay V, Arkhipov A, Toker S, Li K, Keefe SM, Monk BJ; KEYNOTE-826 Investigators. Pembrolizumab for Persistent, Recurrent, or Metastatic Cervical Cancer. N Engl J Med. 2021 Sep 18.

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Hintergrund

Bereits 2018 wurde von der FDA auf Basis der Keynote-158 Studiendaten der Checkpoint-Inhibitor Pembrolizumab als Monotherapie in der Zweitlinientherapie des Zervixkarzinoms bei einer PD-L1 Expression im Tumor (mit CPS ≥1) zugelassen. Die Ansprechrate in dieser Kohorte wirkte zunächst eher enttäuschenden mit 14,6%. Es zeigte sich aber bei der Hälfte der ansprechenden Patientinnen ein langfristiger Effekt. Mitte diesen Jahres wurden nun sehr vielversprechende Phase-III Daten zu einem anderen Checkpoint-Inhibitor vorgestellt: Cemiplimab (PD-1 Inhibitor) versus «Chemotherapy of Physicians Choice» (zur Wahl standen Pemetrexet/Gemcitybin und Topotecan/Vinorelbin) in der Zweitlinientherapie bei rezidivierendem/metastasierendem Zervixkarzinom. Hier hatte sich ein Gesamtüberlebensvorteil für die Monotherapie mit Cemiplimab gezeigt, allerdings ließ die Präsentation der Daten einige Fragen offen, so dass die Vollpublikation dringlich erwartet wird. Mit der hier vorgestellten Keynote-826 Studie zieht die Immuntherapie nun in die Erstlinientherapie des Zervixkarzinoms ein. Diese Studie begründet den neuen Standard in der Erstlinie und hat bereits eine FDA Zulassung für die Kombination im Rahmen der Erstlinientherapie bei Tumoren mit PD-L1 Expression mit CPS ≥1 nach sich gezogen.

Im Rahmen dieser 1:1 randomisierten Phase-III-Studie erhielten Patientinnen mit persistentem, rezidivierendem oder metastasiertem Zervixkarzinom zusätzlich zur Standard Erstlinientherapie mit platinbasierter Chemotherapie +/- Bevacizumab entweder Pembrolizumab 200mg oder Placebo alle 3 Wochen für bis zu 35 Zyklen. Primäre Endpunkte waren sowohl PFS als auch OS. Eine vorausgehende Immuntherapie war nicht erlaubt. Patientinnen mussten eine messbare Läsion haben und einen ECOG Status von 0–1. Alle Patientinnen erhielten Paclitaxel 175mg/m² und entweder Cisplatin 50mg/m² oder Carboplatin AUC 5 alle 3 Wochen. Im Rahmen eines Amendements wurde die Chemotherapie auf 6 Zyklen beschränkt, konnte aber bei guter Verträglichkeit auch fortgeführt werden. Die Gabe von Bevacizumab 15mg/m² war nicht verpflichtend und konnte je nach lokalen Voraussetzungen und Komorbiditäten erfolgen oder nicht. Eine frische oder archivierte Tumorprobe für die Bestimmung der PD-L1 Expression war notwendig für den Einschluss.

Ergebnisse der Studie

Insgesamt wurden 617 Patientinnen randomisiert (n = 308 in den Pembrolizumab Arm, n = 309 in den Standardarm), davon zeigten 548 eine PD-L1 Expression mit CPS ≥1 und 317 mit CPS ≥10 (homogene Verteilung über beide Arme). Bevacizumab erhielten 63,6% der Patientinnen im Pembrolizumab Arm und 62,5% im Placebo-Arm. Die Arme waren gut balanciert. Insgesamt hatten 72,3% der Patientinnen ein Plattenepithelkarzinom, 56,4% hatten in der Vorgeschichte bereits eine Radiochemotherapie (primäre/adjuvant) erhalten und 19,8% waren unbehandelte, primär metastasierte Patientinnen. Bei den 548 Patientinnen mit einem CPS ≥1 lag das mediane PFS bei 10,4 Monaten im Pembrolizumab Arm verglichen mit 8,2 Monaten im Placebo-Arm (HR = 0,62 95% KI 0,50–0,77, p < 0,001). In der Intention-to-treat-Analyse mit allen 617 Patientinnen zeigten sich ähnliche Ergebnisse: 10,4 Monate vs. 8,2 Monate (HR0 = 0,65; KI 0,53–0,79). Bei den Patientinnen mit einem CPS ≥10 ergab sich ebenfalls eine analoge Länge von PFS und OS bei einer HR von 0,58. Die Überlebensrate nach 2 Jahren lag bei 53% im Pembrolizumab Arm vs. 41,7% im Placebo-Arm. Das mediane Gesamtüberleben wurde in keiner der PD-L1 Subgruppen erreicht und lag bei 24,4 Monaten in der Intention-to-treat-Population verglichen mit 16,5 Monaten im Placebo-Arm. In den Subgruppenanalysen zeigte sich ein stabiler Vorteil für die Hinzunahme von Pembrolizumab in fast allen Untergruppen. Hierbei schien ein stärkerer Vorteil bei höherer PD-L1 Expression vorzuliegen (CPS: 1–10 HR 0,68 und CPS ≥10 HR 0,58) und bei gleichzeitig erfolgter Bevacizumab Therapie (HR 0,61 vs, 0,74). Bei den 69 Patientinnen mit CPS<1 ergab sich kein klarer Nutzen: HR = 0,94 (KI 0.52–1.70) (cave geringe Patientinnenzahl).Die häufigsten Grad 3–5 Nebenwirkungen waren Anämie (30,3% Pembrolizumab Arm vs 26,9 % Placebo-Arm) und Neutropenie (12,4% vs. 9,7%). Eine Hypothyreose trat bei 18,2% im Pembrolizumab Arm auf. Tatsächlich starben 14 Patientinnen bei Nebenwirkungen (4,6% vs. 4,5 %). Sechs wurden als Therapiebedingt eingeschätzt, davon 2 im Verum und 4 im Placebo-Arm.

Fazit für die Praxis

Wie wir wissen, ist die Prognose unserer Patientinnen mit metastasiertem oder rezidiviertem Zervixkarzinom sehr eingeschränkt. 2017 konnte zuletzt durch die Hinzunahme von Bevacizumab zur Standard-Erstlinientherapie mit platin-basierter Kombinationschemotherapie [1] eine signifikante Verbesserung des Überlebens erreicht werden – allerdings bei immer noch sehr eingeschränkter Prognose mit einem OS von 17 Monaten und einem PFS von 8 Monaten. Die nun erreichten Ergebnisse der Keynote-826 stellen deshalb einen weiteren Meilenstein für unsere Patientinnen dar und eine Umsetzung in die Klinik sollte schnell erfolgen.

Wir alle erwarten nun mit Spannung die Ergebnisse zur Integration der Immunonkologie im Rahmen der primären Radiochemotherapie beim fortgeschrittenen Karzinom, diese werden ggf. Ende 2022 schon vorliegen. Der definitive Platz der Checkpoint-Inhibitoren wird sich dann erst herauskristallisieren. Ebenso werden die kommenden Jahre die Frage nach der Zweitlinientherapie bei Integration der Immunonkologie in die Erstlinie beantworten müssen. Auch hier hat sich vieles getan. Gerade kürzlich wurde eine Phase-II-Studie zu einem aussichtsreichen ADC (antibody-drug conjugate) -Tisotumab-Vedotin- publiziert mit einer ORR von 24% in der Zweitlinientherapie des Zervixkarzinoms.

Die Autorin erklärt in den letzten 3 Jahren Forschungsunterstützung, Honorare für Vortrags- und/oder Beratertätigkeitvon folgenden Firmen erhalten zu haben: medac oncology, Pfizer, Roche diagnostics, Roche, GSK, MSD, Tesaro, Seagene, Eisai, Gyn Onko Udate GmbH.

1.
Tewari
KS
,
Sill
MW
,
Penson
RT
,
Huang
H
,
Ramondetta
LM
,
Landrum
LM
,
Bevacizumab for advanced cervical cancer: final overall survival and adverse event analysis of a randomised, controlled, open-label, phase 3 trial (Gynecologic Oncology Group 240)
.
Lancet
.
2017 Oct 7
;
390
(
10103
):
1654
63
. .
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