Eine Phase I/II anti-CD19 CAR-NK-Studie Die gegen CD19 gerichtete autologe CAR-T-Zell-Therapie hat mit Zulassung der kommerziell verfügbaren Konstrukte Kymriah® und Yescarta® für ALL/DLBCL bzw. PMBCL/DLBCL Eingang in die klinische Routine gefunden. Allerdings sind diese Therapien mit einer komplexen Logistik verbunden und können auch teilweise nicht unerhebliche Nebenwirkungen wie das Cytokin Release Syndrom (CRS) oder Immune-Effector-Cell-associated-Neurotoxicity-Syndrome (ICANS) verursachen, so dass der Einsatz zertifizierten Therapiezentren vorbehalten ist. Auch Langzeitzytopenien sind relativ häufig. Außerdem ist die Logistik und Zeit, die zur individuellen Produktion von autologen CAR-T-Zellen notwendig ist, eine praktische und kostensteigernde Hürde. Dadurch erhält eine relevante Anzahl von Kandidaten für eine CAR-T-Zell-Therapie diese nie. Auch die Sammlung einer ausreichenden Anzahl vitaler autologer Lymphozyten kann bei ausgedehnt vorthera-pierten Patienten ein Problem darstellen. Einem sehr guten initialen Ansprechen steht ein noch etwas unbefriedigendes Langzeitansprechen bedingt durch eine relativ hohe Rezidivinzidenz nach 3–6 Monaten gegenüber. Dies ist insbesondere angesichts der hohen Therapiekosten von derzeit um 300 000 Euro/Patient noch unbefriedigend. Resistenzmechanismen sind insbesondere der Antigen-Verlust und fehlende Langzeit-CAR-T-Persistenz. Inzwischen werden verschiedene Strategien zur Verbesserung einer CAR-T-Zell-Therapie und insbesondere des Langzeittherapieansprechens durch die Kombination verschiedener Zielantigene, humanisierten CAR-T Konstrukten zur Verbesserung der Persistenz, und auch neue Effektorzellpopulationen geprüft. In ihrer Arbeit beschreiben Liu et al. nun einen sehr innovativen Ansatz zur Verbesserung einiger der oben genannten Probleme durch den Einsatz von off-the-shelf nicht HLA-gematchten anti-CD19 CAR-NK Zellen aus Nabelschnurblut von gesunden Spendern. NK Zellen als Teil des angeborenen («innate») Immunsystems können ohne der Notwendigkeit zu einer kompletten Übereinstimmung des HLA-Typs eingesetzt werden. Nach Transduktion mit einem chimären Antigen Rezeptor (CAR) wird so die Bevorratung und Kryokonservierung eines CAR-NK Produkts für den Einsatz ohne patientenindividuelle Herstellung möglich. Die Arbeitsgruppe hat über einen retroviralen Vektor einen CD19-CAR mit IL-15 kombiniert, um die autokrine Stimmulation zur Expansion und Persistenz der CAR-NK Zellen zu verbessern. Außerdem wird eine induzierbare Caspase-9 mit exprimiert, um auch bei toxischen Effekten ein Abschalten des Konstruktes in vivo zu ermöglichen. Nach erfolgreichen Tierversuchen in der Maus, beschreibt die Arbeitsgruppe nun eine erste Phase I/II Studie. https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT03056339

Abstract aus Liu E, Marin D, Banerjee P, Macapinlac HA, Thompson P, Basar R, Nassif Kerbauy L, Overman B, Thall P, Kaplan M, Nandivada V, Kaur I, Nunez Cortes A, Cao K, Daher M, Hosing C, Cohen EN, Kebriaei P, Mehta R, Neelapu S, Nieto Y, Wang M, Wierda W, Keating M, Champlin R, Shpall EJ, Rezvani K. Use of CAR-Transduced Natural Killer Cells in CD19-Positive Lymphoid Tumors. N Engl J Med. 2020 Feb 6;382(6):545–553. doi: 10.1056/NEJMoa1910607. PMID: 32023374; PMCID: PMC7101242.

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Hintergrund

In der Arbeit von Liu et al. werden die vorläufigen Ergebnisse einer Phase I/II Studie zum Einsatz eines aus nicht HLA-gematchten Nabelschnurblut gewonnenen anti-CD19/IL-15/Caspase-9 CAR-NK Konstruktes bei 11 Patienten (medianes Alter 60 Jahre) mit fortgeschrittenem und refraktären B-Zelllymphomen (CLL = 5 (Richter Transformation = 2), follikuläres NHL = 4 (3 transformiert) und DLBCL = 2) berichtet. Medianes Follow-Up der Patienten ist 13,8 Monate. Allerdings wurden in die Studie insgesamt 15 Patienten rekrutiert und nur 11 erhielten das Konstrukt aufgrund von Progression, GVHD, CR der Erkrankung oder einer bakteriellen Kontamination des Produktes. Bei den ersten 9 Patienten war das Produkt HLA-teilpassend (4/6) bei den letzten beiden Patienten ungematched. Wenn möglich wurde ein Produkt mit einem KIR-Liganden Mismatch zur CAR-NK Produktion ausgewählt (n = 5). Den 11 Patienten wurde eine einzelne Infusion des anti-CD19/IL-15/Caspase-9 CAR-NK Produktes nach einer lymphodepletierenden Chemotherapie mit Fludarabin und Cyclophosphamid appliziert. Es erfolgte die Standard-Dosiseskalation einer Phase I Studie mit 1x105, 1x106 und 1x107 CAR-NK Zellen/kg Körpergewicht des Empfängers in jeweils 3 Patienten. Es traten keine dosislimitierenden Nebenwirkungen wie CRS, ICANS oder GVHD (bei nicht HLA-identem NK-CAR Produkt) auf. Allerdings wurden schwere Zytopenien, vermutlich vor allem bedingt durch die lymphodepletierende Chemotherapie, beobachtet. Die maximal tolerable Dosis wurde in der Studie bisher nicht erreicht. Von 11 Patienten wurde bei 8 Patienten (73%) ein Therapieansprechen beobachtet, bei 7 (64%) sogar eine komplette Remission. Das Ansprechen erfolgte rasch innerhalb von 30 Tagen nach Infusion. Eine dosisabhängige in vivo Expansion der CAR-NK Zellen konnte beobachtet werden, wobei der Gipfel der Expansion zwischen Tag 3–14 nach Infusion lag. Eine Persistenz der CAR-NK Zellen für mindestens 12 Monate nach Infusion konnte bei den Patienten beobachtet werden. Obwohl in der Studie bei 8 Patienten ein Ansprechen der Erkrankung beobachtet wurde, erhielten 5 Patienten eine weiter Postremissionstherapie aufgrund von minimaler Resterkrankung, so dass das Langzeitansprechen auf diese Therapie schwierig zu beurteilen ist.

Fazit für die Praxis

Die Daten einer Phase I Studie mit kleiner Fallzahl lassen natürlich im Hinblick auf die Wirksamkeit und Toxizität noch keine abschließende Beurteilung zu. Allerdings ist die klinische Wirksamkeit mit 73% Therapieansprechen vielversprechend und die Toxizität eher geringer als bei klassischen CAR-T-Zellkonstrukten. Die häufige Anwendung von Postremissionstherapie trotz gutem Therapieansprechen in der Studienkohorte macht leider die Langzeitremissionsbeurteilung unmöglich. Die geringe Toxizität und gute Langzeitpersistenz eines wenig oder gar nicht HLA gematchten CAR-NK Zellkonstruktes lässt aber die Möglichkeit eines off-the-shelf Einsatzes eines solchen Zelltherapeutikums realistisch erscheinen. Es bleibt also spannend die weiteren Daten zunächst des Phase II Teils der Studie und dann konfirmatorischer Studien abzuwarten.

Es bestehen keine Interessenskonflikte.

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