Background: Decisions to limit treatment (DLTs) are important to protect patients from overtreatment but constitute one of the most ethically challenging situations in oncology practice. In the Ethics Policy for Advance Care Planning and Limiting Treatment study (EPAL), we examined how often DLT preceded a patient’s death and how early they were determined before (T1) and after (T2) the implementation of an intrainstitutional ethics policy on DLT. Methods: This prospective quantitative study recruited 1.134 patients with haematological/oncological neoplasia in a period of 2×6 months at the University Hospital of Munich, Germany. Information on admissions, discharges, diagnosis, age, DLT, date and place of death, and time span between the initial determination of a DLT and the death of a patient was recorded using a standardised form. Results: Overall, for 21% (n = 236) of the 1.134 patients, a DLT was made. After implementation of the policy, the proportion decreased (26% T1/16% T2). However, the decisions were more comprehensive, including more often the combination of ‘Do not resuscitate’ and ‘no intense care unit’ (44% T1/64% T2). The median time between the determination of a DLT and the patient’s death was similarly short with 6 days at a regular ward (each T1/T2) and 10.5/9 (T1/T2) days at a palliative care unit. For patients with solid tumours, the DLTs were made earlier at both regular and palliative care units than for the deceased with haematological neoplasia. Conclusion: Our results show that an ethics policy on DLT could sensitise for treatment limitations in terms of frequency and extension but had no significant impact on timing of DLT. Since patients with haematological malignancies tend to undergo intensive therapy more often during their last days than patients with solid tumours, special attention needs to be paid to this group. To support timely discussions, we recommend the concept of advance care planning.

Abstract aus Mehlis K, Bierwirth E, Laryionava K, Mumm F, Heussner P, Winkler EC. Late decisions about treatment limitation in patients with cancer: empirical analysis of end-of-life practices in a haematology and oncology unit at a German university hospital. ESMO Open. 2020 Oct;5(5):e000950.

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Hintergrund

Das medizinische Team steht in der letzten Lebensphase ihrer Patientinnen und Patienten häufig vor der Entscheidung für oder gegen eine weitere medizinische Behandlung, die sich auf die verbleibende Lebenszeit auswirkt (sog. End-of-Life-(EOL)Entscheidungen). Insbesondere die Entscheidung, die medizinische Behandlung zu limitieren (sog. decisions to limit treatment (DLT)), kann Erkrankte vor Überbehandlung schützen, unnötige Nebenwirkungen verhindern sowie besseres Coping und Vorbereitung des Erkrankten und seiner Familie auf das Lebensende ermöglichen. Allerdings ist dies auch eine ethisch sehr herausfordernde Behandlungsentscheidung von tumorspezifischer Behandlung auf palliative Versorgung zu wechseln. Insbesondere Krebserkrankte erhalten häufig in der letzten Lebensphase noch medizinische Behandlungen wie z.B. Chemotherapien, die möglicherweise das Leben verlängern, aber auch mit einer ganzen Reihe von negativen Folgen einhergehen können. Darüber hinaus scheinen Onkologen Gespräche über Behandlungslimitationen und das Lebensende eher zu vermeiden. Mehlis und Kollegen haben im Rahmen der longitudinalen Studie «Ethics Policy for Advance Care Planning and Limiting Treatment» (EPAL) untersucht, wie oft DLTs dem Tod eines Erkrankten vorausgegangen sind und wie früh diese Entscheidungen getroffen wurden. Darüber hinaus wurde eine ethische Richtlinie zu DLTs in den Kliniken etabliert sowie Veränderungen vor Einführung der Richtlinie (T1) und nach Einführung (T2) untersucht. Die Richtlinie strukturiert den Entscheidungsprozess der Behandlungslimitation.

Studienergebnisse

Insgesamt 1134 Krebserkrankte wurden in die Studie eingeschlossen. Für 21% der Erkrankten erfolgte eine DLT, 79% verstarben unter DLT. Somit scheinen Entscheidungen über Behandlungslimitationen in der Onkologie häufig zu erfolgen. Nach der Implementierung der ethischen Richtlinie ist der Anteil der DLTs gesunken. Allerdings waren die Entscheidungen umfassender und beinhalteten häufiger die Kombination von «nicht reanimieren» und «keine Intensivstation». Bei Patienten mit soliden Tumoren wurden die DLTs sowohl auf Normalstationen als auch auf Palliativstationen früher gestellt als bei Verstorbenen mit hämatologischen Neoplasien. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Ethikrichtlinie zu DLTs für Behandlungseinschränkungen in Bezug auf Häufigkeit und Ausdehnung sensibilisieren konnte, aber keinen signifikanten Einfluss auf den Zeitpunkt von DLTs hatte, die meist erst einige Tage vor dem Tod des Erkrankten erfolgten. Da Erkrankte mit hämatologischen Erkrankungen tendenziell häufiger in den letzten Tagen eine intensive Therapie erhielten als Erkrankte mit soliden Tumoren, muss dieser Gruppe besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Um rechtzeitige Gespräche zu unterstützen, empfehlen die Autoren das Konzept des «Advance Care Planning».

Fazit für die Praxis

Die Studie adressiert ein bedeutendes Thema, das häufig noch zu wenig diskutiert und möglicherweise auch eher noch tabuisiert wird. Häufig warten Onkologen zu lange mit einer End-of-Life-Diskussion oder beginnen diese erst, wenn die Erkrankten die Initiative ergreifen. Die Unsicherheit über den richtigen Zeitpunkt für solche Gespräche ist groß. Darüber hinaus ist es auch wichtig, dass Erkrankte schon frühzeitig auch über Aspekte des Lebensendes informiert werden und ihre Vorstellungen und Wünsche äußern können. Dies erfordert einige Zeit und sollte daher schon eher im Behandlungsverlauf etabliert werden. Das Konzept des «Advanced Care Planning» scheint eine gute Möglichkeit zu sein, da es sich nicht nur auf die Entscheidung der Behandlungslimitationen beschränkt, sondern einen breiteren Ansatz verfolgt, indem Erkrankte und ihre Familien schon frühzeitig angeregt werden, Ziele und Wünsche hinsichtlich einer zukünftigen medizinischen Behandlung und Pflege zu diskutieren. Eine solche Diskussion sollte daher viel eher im Behandlungsverlauf erfolgen und die Initiative vom medizinischen Team ausgehen. Allerdings sind noch weitere Richtlinien notwendig, um den Zeitpunkt dieser Gespräche hinsichtlich des Lebensendes zu bestimmen und so dem Erkrankten und seiner Familie eine Entscheidungsfindung zu ermöglichen.

Die Autorin erklärt, dass keine Interessenkonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.

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