Abstract
Clonal hematopoiesis of indeterminate potential (CHIP) is linked to leukemia gene mutations and associates with an increased risk for coronary artery disease and poor prognosis in ischemic cardiomyopathy. Two recurrently mutated genes in CHIP and adult acute myeloid leukemia (AML) encode for isocitrate dehydrogenases 1 and 2 (IDH1 and IDH2). Global expression of mutant IDH2 in transgenic mice-induced dilated cardiomyopathy and muscular dystrophy. In this retrospective observational study, we investigated whether mutant IDH1/2 predisposes to cardiovascular disease in AML patients. Among 363 AML patients, IDH1 and IDH2 mutations were detected in 26 (7.2%) and 39 patients (10.7%), respectively. Mutant IDH1 patients exhibited a significantly higher prevalence of coronary artery disease (26.1% vs. 6.4%, p = 0.002). Applying inverse probability-weighting analysis, patients with IDH1/2 mutations had a higher risk for a declining cardiac function during AML treatment compared to IDH1/2 wild type patients [left ventricular ejection fraction pretreatment compared to 10 months after diagnosis: 59.2% to 41.9% (p < 0.001) vs 58.5% to 55.4% (p = 0.27), respectively]. Mechanistically, RNA sequencing and immunostaining in hiPS-derived cardiomyocytes indicated that the oncometabolite R-2HG exacerbated doxorubicin mediated cardiotoxicity. Evaluation of IDH1/2 mutation status may therefore help identifying AML patients at risk for cardiovascular complications during cytotoxic treatment.
Abstract aus Kattih B, Shirvani A, Klement P, Garrido AM, Gabdoulline R, Liebich A, Brandes M, Chaturvedi A, Seeger T, Thol F, Göhring G, Schlegelberger B, Geffers R, John D, Bavendiek U, Bauersachs J, Ganser A, Heineke J, Heuser M. IDH1/2 mutations in acute myeloid leukemia patients and risk of coronary artery disease and cardiac dysfunction-a retrospective propensity score analysis. Leukemia. 2020 Sep 18.
Transfer in die Praxis von Dr. Nina Rosa Neuendorff (Essen)
Hintergrund
Die akute myeloische Leukämie (AML) ist insbesondere eine Erkrankung des älteren Patienten, daher sind kardiale Komorbiditäten häufig Therapie-limitierend oder erschwerend. Erschwerend scheint eine Anthrazyklin-induzierte Kardiomyopathie (AiK) bei dieser Entität häufiger zu sein [1]. Eine mögliche kausale Verbindung ist die klonale Hämatopoese von unbestimmtem Potential (CHIP), welche zur Entstehung von Leukämien [2, 3] als auch kardiovaskulären Ereignissen [4, 5] prädisponiert. Ob Leukämien mit wahrscheinlich vorangegangener CHIP ein erhöhtes Risiko für eine AiK aufweisen, ist bislang nicht weiter untersucht worden.
Studienergebnisse
In der vorliegenden Studie aus der Gruppe um Michael Heuser und Jörg Heinecke wurde der Einfluss der CHIP-Mutationen IDH1/2 auf die Prävalenz kardiovaskulärer Komorbiditäten und die Entstehung einer AiK bei Patienten mit AML untersucht.
Von den 363 in diese retrospektive Propensity-Score-Analyse eingeschlossenen Patienten trugen 17,9% eine IDH1/2-Mutation. Diese Mutation tritt typischerweise sowohl in einer signifikanten Anzahl von AML-Patienten als auch als CHIP-Mutation in der gesunden Normalbevölkerung auf. In einer Subgruppe von 295 Patienten, welche eine intensive, Anthrazyklin-haltige Chemotherapie erhielten, waren die Raten an kompletter Remission, des Rezidiv-freien und des Gesamtüberlebens nicht signifikant unterschiedlich. Bereits in den Ausgangscharakteristika zeigten Patienten mit einer IDH1-Mutation jedoch im Vergleich zu den IDH1/2-Wildtyp-Erkrankten signifikant häufiger eine Koronare Herzkrankheit (KHK) (26,1% vs. 6,4%; p = 0,002). Für IDH2-Mutationen konnte dies nicht gezeigt werden. Aufgrund der möglicherweise ungleich verteilten Einflussfaktoren auf den Verlauf der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) wurde statistisch hier zur Evaluation eines LVEF-Abfalls als Ausdruck einer AiK eine «inverse probability weighting (IPW)» verwendet. In der Kohorte der IDH1/2-mutierten Patienten fand sich tatsächlich im Vergleich zu den unmutierten ein LVEF-Abfall von −13,5% (95%CI −20,94; −6,06; p < 0,0001) nach Initiierung der AML-Therapie.
Zur Untermauerung der Ergebnisse dieser kleinen Kohorte erfolgte ein in vitro Experiment mit humanen, aus induzierten pluripotenten Stammzell-generierten Kardiomyozyten, welche mit dem durch IDH1/2-Mutationen entstehenden Onkometaboliten R-2-Hydroxyglutarat (R2-HG) sowie dem Anthrazyklin Doxorubicin inkubiert wurden. Während eine Inkubation mit R2-HG alleine keinen Effekt auf die Sarkomer-Organisation der Kardiomyozyten zeigte, so führte die Ko-Inkubation aus R2-HG und Doxorubicin zu einer Aggravierung der Anthrazyklin-induzierten Sarkomer-Desorganisation als Ausdruck einer gesteigerten Anthrazyklin-Toxizität, so dass dies als weiterer mechanistischer Hinweis für den Einfluss von IDH1/2-Mutationen auf die AiK zu werten ist.
Fazit für die Praxis
Die hier vorgestellte Arbeit erbringt erstmalig Hinweise, dass CHIP-typische Mutationen bei der AML tatsächlich zur Entstehung einer AiK prädisponieren können. Aufgrund der heterogenen Mutationslandschaft sowohl innerhalb von CHIP als auch den daraus entstehenden Leukämien ist dies eine Fragestellung, die weitergehend sicherlich nur in sehr großen AML-Kohorten mit ungewöhnlich detaillierten kardiologischen Verlaufs- und Nachsorgeuntersuchungen evaluiert werden kann. Die hier vorgestellte Arbeit ermutigt dazu. Bessere Kenntnisse in Bezug auf Risikofaktoren der AiK innerhalb der Leukämietherapie ermöglichen unter Umständen eine Modifikation der Anthrazyklingabe bzw. ein Ausweichen auf alternative Therapieregime wie die Kombination aus einer hypomethylierenden Substanz und Venetoclax.
Disclosure Statement
Die Autorin erklärt, dass keine Interessenkonflikte in Bezug auf den vorliegenden Wissenstransfer vorliegen.