Zusammenfassung
Das Virus SARS-CoV-2 (COVID-19) wurde erstmals im Dezember 2019 in der Provinz Wuhan, China, identifiziert. Seither reichen die Manifestationen der COVID-19-Infektionen von asymptomatischen bis hin zu schweren Atemwegsinfektionen, mit erhöhter Morbidität bei älteren Erwachsenen, einschließlich solcher mit Komorbiditäten und Krebs. Obwohl bei älteren Erwachsenen mit Multiplem Myelom enorme Fortschritte erzielt wurden, haben Infektionen, einschließlich Infektionen der Atemwege, einen signifikanten Einfluss auf die Rate der Mortalität bei diesen Patienten. Die Komplexität der Betreuung älterer Patienten hat während dieser Pandemie aufgrund der Besorgnis über ihr Risiko einer schweren Morbidität einer COVID-19 Infektion erheblich zugenommen. In der Arbeit von Mian et al. werden Strategien zur Risikoreduktion der COVID-19 Übertragung sowie die Behandlungsstratifizierung der Anti-Myelom-Therapie und die Diskussion über die Ziele der Betreuung älterer Erwachsener mit MM während der COVID-19 Pandemie diskutiert.
Abstract aus Mian H, Grant SJ, Engelhardt M, Pawlyn C, Bringhen S, Zweegman S, Stege CAM, Rosko AE, von Lilienfeld-Toal M, Wildes TM. Caring for older adults with multiple myeloma during the COVID-19 Pandemic: Perspective from the International Forum for Optimizing Care of Older Adults with Myeloma. J Geriatr Oncol. 2020 Jun;11(5):764–768.
Transfer in die Praxis von Dr. Andreas Leischker (Düsseldorf)
Hintergrund
Die Versorgung geriatrischer Patientinnen und Patienten mit Multiplem Myelom während der COVID-19 Pandemie stellt für die behandelnden Ärzte eine besondere Herausforderung dar.
Selbst bei gesunden alten Menschen kommt es bei einer Infektion mit dem SARS-CoV-2 Virus deutlich häufiger zu schweren Verläufen und Todesfällen als bei jungen Menschen. In Italien verstarben 36% der wegen einer COVID-19 Infektion auf einer Intensivstation behandelten Patienten. Alte Patienten mit Multiplem Myelom haben durch die Erkrankung selbst und durch die Therapie eine Immunsuppression, welche das Risiko für schwere Verläufe weiter erhöht.
Ergebnisse der Studie
Die Autoren der Studie schlagen auf der Basis einer Literaturrecherche Maßnahmen zur Reduktion des Übertragungsrisikos der COVID-19 Infektion und Stratifizierungen der Myelom Behandlung während der Pandemie vor (Abbildung 1).
Patienten mit einer Tumorerkrankung haben bei Infektion mit COVID-19 eine erhöhte Mortalität. Wenn es innerhalb von 14 Tagen nach einer Chemotherapie zu einer COVID-19 Infektion kommt, müssen die Patienten häufiger auf eine Intensivstation aufgenommen und häufiger maschinell beatmet werden. Daten speziell für Patienten mit Multiplem Myelom liegen allerdings nicht vor.
Minimierung des Risikos einer Übertragung von COVID-19
Ein physischer Kontakt mit den Einrichtungen des Gesundheitssystems stellt selbst bei etablierten Hygienemaßnahmen ein Risiko für eine COVID Übertragung dar. Um die Kontakte zu minimieren kommen Videosprechstunden, auch mit Einbeziehung von Angehörigen, Blutentnahmen im Rahmen von Hausbesuchen und das Versenden von Medikamenten zum Patienten in Frage.
Behandlungsstratifizierung
Sowohl bei neu diagnostizierten als auch bei Patienten mit bekanntem Multiplem Myelom sollte, sofern keine absolute Therapieindikation besteht, eine Antitumortherapie zugunsten engmaschiger Verlaufskontrollen zurückgestellt werden. Autologe Stammzelltransplantationen sollten wenn möglich verschoben werden. Falls das nicht möglich ist, müssen die Patienten vor der Induktionstherapie und vor der autologen Stammzelltransplantation auf COVID-19 gescreent werden. Schemata mit pulmonaler Toxizität sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Steroide im Rahmen einer Antitumortherapie sollen wegen des immunsuppressiven Effekts in möglichst niedriger Dosierung gegeben oder abgesetzt werden.
Granulozyten-stimulierende Faktoren zur Prophylaxe einer therapieindizierten Leukozytopenie sollten großzügig eingesetzt werden. Impfungen, zum Beispiel gegen Pneumokokken-Infektionen, sollten gemäß Indikation durchgeführt werden.
Disclosure Statement
Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte im Bezug zu vorliegendem Wissenstransfer bestehen.