Summary
Background: The incidence of gastrointestinal cancer increases with age, with approximately 20% of these cases in people over 80 years of age. Due to pre-existing comorbidities, this onco-geriatric population often presents diagnostic and therapeutic challenges. Methods: A systematic review of articles on PubMed was performed to determine the predictive ability of screening tools and their components regarding the occurrence of adverse outcomes in elderly onco-surgical patients with gastrointestinal malignancies. Results: Surgical procedures in this patient cohort, particularly complex resections, may result in increased morbidity and mortality. The decision to treat an elderly patient with curative intent requires sound clinical judgment based on knowledge, consideration of objective parameters, and experience. These patients could potentially be optimized for surgery with the improvement of nutritional and overall performance status as well as with stabilizing comorbidities. Conclusion: Various geriatric assessment and screening tools have been developed to identify risk factors to assist the surgeon and the interdisciplinary team in treatment planning, including the Frailty Assessment Score, Timed Up and Go test, nutritional status, and Activities of Daily Living test. It is important to emphasize that transparent and open communication between the treating surgeon and the patient is crucial in that the patient fully understands the implications of the treatment plan.
Transfer in die Praxis von Prof. Dr. Hans-Rudolf Raab (Oldenburg)
Einleitung
Die häufigen Tumorentitäten im gastrointestinalen Bereich, wie z.B. das kolorektale Karzinom, treten hauptsächlich in fortgeschrittenem Alter auf. Mit dem Anstieg der Lebenserwartung nimmt daher auch die Anzahl alter Patienten mit diesen Tumoren zu. Die meisten gastrointestinalen Karzinome können nur durch eine Operation kurativ behandelt werden. War noch vor 15 bis 20 Jahren in der Gruppe der über 80-Jährigen auch in Deutschland ein gewisser Fatalismus vorherrschend, so ist es heute ganz normal, dass auch Menschen im neunten oder gar zehnten Dezennium ihres Lebens in kurativer Intention operiert werden. Altersbedingt können dabei bestimmte Komplikationen häufiger auftreten als bei Jüngeren. Zusätzlich kann es auch sein, dass Verläufe nach eingetretener Komplikation in hohem Alter schwerer sind und auch eher letal enden. Bekanntlich ist die körperliche Konstitution und Fitness der Menschen allerdings im Laufe des Lebens divergierend. Jenseits der 80 gibt es einerseits bettlägerige, vollständig pflegebedürftige Patienten und andererseits fitte Marathonläufer. Demgemäß müssen gerade bei betagten Patienten die Indikationsstellung für eine Operation und das Operationsausmaß genau abgewogen und individuell entschieden werden. Für diese ärztliche Kunst waren Wissen und Erfahrung sowie die beides einende und verdichtende Intuition von jeher eine bessere Grundlage als starre Algorithmen. Daran hat sich nichts geändert. Gleichwohl kann fundierteres Wissen um vorbestehende Risikofaktoren der Patienten für die Entscheidungsfindung von großem zusätzlichem Wert sein.
Risiko-Scores sind prädiktiv für postoperative Komplikationen und Sterblichkeit
Y. K. Lim und Kollegen [4] haben sich in verdienstvoller Weise der Aufgabe angenommen, verschiedene Instrumente zur Risikobewertung anhand eines systematischen Reviews der Literatur hinsichtlich ihrer Vorhersagegenauigkeit für unerwünschte Ergebnisse bei alten Patienten nach Operation gastrointestinaler Malignome zu bewerten. Insbesondere Gebrechlichkeit, eingeschränkte Mobilität, kognitive Defizite und Ernährungsstatus zeigten eine starke Korrelation mit schweren postoperativen Komplikationen einschließlich Letalität. Weitere, auch neuere Arbeiten bestätigen diese Erkenntnisse [1,6,9]. Auch wenn man die Resultate nicht wirklich überraschend findet, sind die wissenschaftliche Analyse und die daraus resultierende Datengrundlage doch äußerst wertvoll. Vor allem deshalb, weil wir nun über neue Werkzeuge verfügen, deren Verlässlichkeit gezeigt werden konnte. Daraus ergeben sich erhebliche Konsequenzen: Erstens spricht es für den Einsatz von differenzierten Erhebungsbögen, die die genannten Faktoren so gut wie möglich objektivieren, den Gesamteindruck und damit die Entscheidungsgrundlage besser fundieren und Therapieentscheidungen ggf. modifizieren. Zweitens, und das ist mindestens ebenso wichtig, ergibt sich eine Fülle neuer Möglichkeiten, Fortschritte zu messen, wenn präoperativ gezielt versucht wird, eine günstigere Ausgangssituation und damit bessere Erfolgschancen für einen Eingriff herzustellen.
Eine Aufgabe nicht nur für Chirurgen
Die Instrumente zur Risikobewertung sind verfügbar und verlässlich. Sie werden aber noch immer nicht routinemäßig in der Breite eingesetzt, obwohl insbesondere von geriatrischer Seite zunehmend darauf hingewiesen wird. Es kann und darf natürlich keinesfalls darum gehen, in alte Muster zu verfallen und mit inhärentem Zynismus eine Gruppe von Patienten, die jetzt mit Scores besser abgrenzbar ist als früher mit der Altersangabe, von einer Operation als einzig kurativer Behandlungsmodalität auszuschließen, und zwar weder für einen Primäreingriff noch für eventuelle weitere Operationen wie z.B. Metastasenchirurgie an Leber, Lunge oder Lymphknoten. Wichtig sind Vorteile für Patienten, nicht eine durch Risikoausschlüsse angehübschte Statistik.
Die neuen Möglichkeiten sollten also konstruktiv genutzt werden. In der Praxis bedeutet das: Die meisten Operationen bei gastrointestinalen Malignomen sind nicht absolut dringlich. In der Regel ist genug Zeit für ein gezieltes Programm zur Verbesserung der genannten Risikofaktoren. Zu der Frage, ob eine solche präoperative Konditionierung Letalität und Komplikationsrate verbessern kann, gibt es zwar einige Publikationen [3,5,7], große valide Studien (z.B. [2]) sind darunter aber leider noch rar. Einzig die präoperative Ernährungstherapie bei Malnutrition hat inzwischen Eingang in Leitlinien gefunden [10]. Die European Society for Clinical Nutrition and Metabolism (ESPEN) empfiehlt vor und nach großen Operationen den Ernährungsstatus zu erheben (Empfehlung 6) und Patienten mit hohem Risiko für 1-2 Wochen präoperativ zu behandeln, auch unter Inkaufnahme einer Operationsverzögerung bei Tumorpatienten (Empfehlung 14: «Patients with severe nutritional risk shall receive nutritional therapy prior to major surgery even if operations including those for cancer have to be delayed. A period of 7-14 days may be appropriate.» Empfehlung 17: «Preoperatively, oral nutritional supplements shall be given to all malnourished cancer and high-risk patients undergoing major abdominal surgery. A special group of high-risk patients are the elderly people with sarcopenia.»). Über die Frage der Ernährung hinaus konnte bezüglich der Gebrechlichkeit in der FSI(Frailty Screening Initiative)-Studie mit insgesamt über 9000 Patienten bei den 621 dabei als gebrechlich eingestuften Patienten durch Screening und gezielte perioperative Interventionen die Operationsletalität immerhin von 12% auf 4% gesenkt werden [2]. Weitere Maßnahmen auf chirurgischer Seite - z.B. besser laparoskopisch operieren als offen [2] - und auch auf anästhesiologischen Gebiet [8] können die präoperativen Maßnahmen im Sinne einer konzertierten Aktion ergänzen.
Fazit
Zusammenfassend ist festzustellen, dass in der bestmöglichen präoperativen Konditionierung geriatrischer Tumorpatienten eine große Herausforderung für die Zukunft liegt. Hier besteht ein großes Potential für erhebliche Verbesserungen der Therapieergebnisse und damit ein sehr lohnendes Feld für intensive weitere Forschungsbemühungen. Jetzt schon sind validierte Werkzeuge zur Risikobewertung vorhanden, die mehr genutzt werden sollten. Auf jeden Fall sollten Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen dem Hausarzt, der die Patienten oft am besten einschätzen kann, Geriatrie, Anästhesie und Chirurgie verstärkt werden. Ideal wäre, wenn alle Genannten bei über 80-jährigen Patienten auch an der Tumorkonferenz teilnehmen würden. Es sollte normal sein, dort nicht nur über Tumorstadien und leitliniengerechte Therapie zu sprechen, sondern auch über Möglichkeiten, die Operationsvoraussetzungen zu verbessern.
Disclosure Statement
Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenskonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.