Hintergrund: Bis heute ist unklar, ob zwischen den präoperativen Lungenfunktionsparametern und prognostischen Indizes, die auf den Ernährungszustand und den Immunstatus schließen lassen, und der Prognose von Lungenkrebspatienten mit kombinierter pulmonaler Fibrose und Emphysem (CPFE), die operativ behandelt wurden, eine Assoziation besteht. Ziel: Mit dieser Studie sollten prognostische Determinanten bei diesen Patienten ermittelt werden. Methoden: Die Patientenakten aller Lungenkrebspatienten mit CPFE, die am Shinshu University Hospital operiert worden waren, wurden retrospektiv beurteilt, um klinische Daten, einschließlich der Ergebnisse von präoperativen Lungenfunktionstests und Laboruntersuchungen, hochauflösender Computertomographie (high-resolution computed tomography, HRCT) des Thorax und Daten zur Überlebensdauer zu gewinnen. Ergebnisse: Die univariate Cox-Regression mit proportionalen Hazards zeigte, dass ein fortgeschrittenes histopathologisches Lungenkrebsstadium, ein höherer präoperativer CEA(carcino- embryonales Antigen)-Serumspiegel und ein höherer präoperativer zusammengesetzter physiologischer Index (composite physiologic index, CPI) mit einem hohen Sterberisiko assoziiert waren. Die multivariate Analyse ergab, dass ein fortgeschrittenes histopathologisches Lungenkrebsstadium (HR: 1,579; p = 0,0305) und ein höherer präoperativer CPI (HR: 1,034; p = 0,0174) unabhängig voneinander mit einem hohen Sterberisiko assoziiert waren. Demgegenüber waren der Schweregrad der Fibrose oder des Emphysems im HRCT des Thorax, die einzelnen Lungenfunktionsparameter, der prognostische Ernährungsindex, der Neutrophilen-Lymphozyten-Quotient und der Thrombozyten-Lymphozyten-Quotient nicht mit der Prognose assoziiert. Die Kaplan-Meier-Analyse zeigte im Log-Rank-Test signifikante Unterschiede in der Überlebensdauer zwischen der Gruppe mit hohem CPI und der Gruppe mit niedrigem CPI (p = 0,0234). Schlussfolgerung: Der präoperative CPI ist bei Lungenkrebspatienten mit CPFE, die operativ behandelt wurden, ein Prädiktor für die Mortalität und hat eine höhere prognostische Aussagekraft als einzelne Lungenfunktionsparameter.

Hintergrund

Die idiopathische Lungenfibrose ist eine chronische, progressive, fibrotisierende, interstitielle Pneumonie unbekannter Ursache. Die Prognose ist im fortgeschrittenen Stadium ähnlich schlecht wie die des fortgeschrittenen Lungenkarzinoms. Eine mögliche Begünstigung für das Entstehen eines Lungenkarzinoms für Patienten mit fibrotischen Veränderungen wird diskutiert. Interstitielle Lungenveränderungen sind zudem häufige Befunde bei Rauchern und älteren Patienten. Auch Patienten mit gleichzeitig vorliegendem Lungenemphysem sind häufig [1]. Allerdings wurde das häufiger beobachtete, kombinierte Auftreten von fibrotischen und emphysematischen Veränderungen bisher nur unzureichend analysiert. Bei einer retrospektiven Kohorte von 68 Patienten mit Lungenfibrose wurden bei 20% der Patienten zusätzliche emphysematische Veränderungen gefunden [2]. Das Risiko der perioperativen Exazerbation der idiopathischen Lungenfibrose ist allgemein gefürchtet und limitiert operative und strahlentherapeutische Maßnahmen bei Patienten mit Lungenkarzinom [3].

Studienergebnisse und Kritik

Im vorliegenden Artikel wurden 73 von insgesamt 1345 Patienten identifiziert (5,4%), die sowohl fibrotische als auch emphysematische Veränderungen aufwiesen. Die Diagnose basierte auf der bildgebenden Untersuchung der Patienten und der unabhängigen Auswertung von hochauflösenden CT-Aufnahmen durch zwei Pneumologen ohne Kenntnis der klinischen Symptome mittels eines bereits etablierten Scores. Da es sich um eine chirurgische Kohorte von Patienten mit Lungenkarzinomen handelte, ist diese Auswahl hochselektiv: Empyhsematische und insbesondere fibrotische Veränderungen sind hohe Risikofaktoren für operative Maßnahmen, weswegen Patienten mit zu hoch eingeschätztem operativem Risiko aufgrund ausgeprägter radiologischer Veränderungen und/oder stark eingeschränkter Lungenfunktion hier nicht berücksichtigt sind. So waren Patienten mit pulmonaler Hypertonie prinzipiell von einer Lungenresektion ausgeschlossen. Es handelt sich daher um ein «Grenzkollektiv», das eher die Möglichkeiten auslotet, eine chirurgische Resektion «noch» durchführen zu können.

Im vorliegenden Kollektiv hatten 80% der Patienten ein nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC) im postoperativen Stadium I und II, bei weiteren 8,5% lag ein Stadium IIIB oder IV vor. Die mediane Überlebenszeit von knapp 3 Jahren kann daher nur sehr eingeschränkt beurteilt werden, scheint aber grob vergleichbar mit unselektierten Patienten. Viel wichtiger wäre die Rate der postoperativen Komplikationen und die 30-Tage-Mortalitätsrate. Diese Parameter sind allerdings nicht beschrieben, und waren möglicherweise sogar weitere Selektionsparameter bei der Identifikation der untersuchten Kohorte. Auch die Zahl der R0-Resektionen ist unbekannt.

Der Fokus dieser Studie war die Identifikation prognostischer Parameter. Interessanterweise waren der radiologische Schweregrad der Fibrose oder des Emphysems im HR-CT, einzelne Lungenfunktionsparameter (wie Diffusionskapazität, Vitalkapazität, Einsekundenkapazität), prognostische inflammatorische Indices (wie neutrophil-to-lymphocyte ratio und platelet-to-lymphocyte ratio) und der präoperative Body-Mass-Index keine prognostischen Indikatoren. Nach Multivariatanalyse waren nur das pathologische Tumorstadium und der präoperativ determinierte CPI(composite physiologic index)-Wert unabhängig prognostisch relevant.

Der CPI-Index kombiniert das radio-morphologische Ausmaß der Lungenfibrose im HR-CT mit Lungenfunktionsparametern (Diffusionskapazität, Vitalkapazität, Einsekundenkapazität) und wurde als prognostischer Parameter bei der interstitiellen Fibrose beschrieben [4]. Als bildgebende und funktionelle Parameter vereinender Index scheint er daher in erster Linie geeignet, die Prognose der Lungenfibrose zu erfassen. Nachdem diese Hypothese bereits bei der Lungenfibrose bestätigt werden konnte [4], ist nun die Überlegenheit dieses Index auch bei operierten Patienten mit NSCLC und Lungenfibrose mit Lungenemphysem gezeigt worden. Ob dieser Index allerdings auch als Stratifikationsparameter bei der Frage nach therapeutischen Optionen (insbesondere Operation oder Strahlentherapie) herangezogen werden kann, wurde nicht untersucht und bleibt unklar. Auch die Bedeutung der zusätzlichen emphysematischen Veränderung bei Patienten mit Lungenfibrose und NSCLC konnte nicht evaluiert werden. In der vorliegenden Studie wurden nur Patienten eingeschlossen, wenn ein Emphysem im Grad ≥ 2 nach dem von Goddard et al. [5] beschriebenen radio-morphologischen Bewertungssystem im HR-CT vorhanden war. Schließlich wäre eine multizentrische Auswertung wünschenswert, um Zentrumseffekte zu minimieren.

Fazit für die Praxis

Zusammenfassend zeigt sich der CPI-Index bei Patienten mit Lungenfibrose als prognostischer Parameter, der in der aktuellen Studie als zusammengesetzter Index den einzelnen Parametern überlegen war. Diese Patienten bleiben aber Risikopatienten für geplante operative und/oder strahlentherapeutische Maßnahmen. Die Diskussion über ihre Therapie sollte interdisziplinär im Tumorboard erfolgen. Der weitere Verlauf sollte gut dokumentiert werden. Wünschenswert wären weitere Auswertungen dieser Patienten, um das therapeutische Risiko besser eingrenzen und beschreiben zu können. Möglicherweise ist die Bestimmung des CPI ein Schritt in diese Richtung.

Disclosure Statement

Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenskonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.

1.
Cottin V, et al.: Eur Respir J 2005;26:586-593.
2.
Wells AU, et al.: Am J Respir Crit Care Med 1997;155:1367-75.
3.
Sakamoto S, et al.: Intern Med 2011;50:77-85.
4.
Wells AU, et al.: Am J Respir Crit Care Med 2003;167:962-969.
5.
Goddard PR, et al.: Clin Radiol 1982;33:379-387.
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