Hintergrund: Psychologische Probleme kommen bei Krebspatienten häufig vor. Für die Planung psychoonkologischer Interventionen und Dienstleistungen, die auf die besonderen Bedürfnisse der unterschiedlichen Populationen von Krebspatienten zugeschnitten sind, muss man wissen, inwieweit psychische Probleme die Kriterien psychischer Störungen erfüllen. Zweck dieser Studie war es, die 12-Monats- und Lebenszeitprävalenz psychischer Störungen bei Krebspatienten abzuschätzen. Methoden: Eine repräsentative Stichprobe von Patienten mit unterschiedlichen Tumorentitäten und Tumorstadien (n = 2141) in ambulanter und stationärer Behandlung sowie in Rehabilitation wurde mithilfe des standardisierten computergestützten Composite International Diagnostic Interviews, das an Krebspatienten angepasst wurde (CIDI-O), befragt. Ergebnisse: Die 12-Monats-Gesamtprävalenz für alle psychischen Störungen betrug 39,4% (95%-KI 37,3-41,5%), die für Angststörungen 15,8% (95%-KI 14,4-17,4%); 12,5% (95%-KI 11,3-14,0%) für affektive Störungen; 9,5% (95%-KI 8,3-10,9) für somatoforme Störungen; 7,3% (95%-KI 6,2-8,5%) für Nikotinabhängigkeit; 3,7% (95%-KI 3,0-4,6%) für Störungen wegen allgemeiner medizinischer Probleme; und 1,1% (95%-KI 0,7-1,6%) für Alkoholabusus oder -abhängigkeit. Die Lebenszeitprävalenz für alle psychischen Störungen betrug 56,3% (95%-KI 54,1-58,6%), die für Angststörungen 24,1% (95%-KI 22,3-25,9%); 20,5% (95%-KI 18,9-22,3%) für affektive Störungen; 19,9% (95%-KI 18,3-21,7%) für somatoforme Störungen; 18,2% (95%-KI 16,6-20,0%) für Nikotinabhängigkeit; 6,4% (95%-KI 5,4-7,6%) für Alkoholabusus oder -abhängigkeit; 4,6% (95%-KI 3,8-5,6%) für Störungen wegen allgemeiner medizinischer Probleme; und 0,2% (95%-KI 0,1-0,6%) für Essstörungen. Schlussfolgerung: Bei Krebspatienten ist die Prävalenz psychischer Störungen hoch, was auf die Notwendigkeit hinweist, sowohl bei stationärer als auch bei ambulanter Versorgung für eine kontinuierliche psychoonkologische Betreuung zu sorgen, was zu einer angemessenen Zuordnung geeigneten Personals und anderer Ressourcen führen sollte.

Wenn Krebspatienten neben ihrer Krebserkrankung auch unter einer psychischen Erkrankung leiden, erfordert dies zusätzliche psychotherapeutische und gegebenenfalls auch medikamentöse Behandlung. Darüber hinaus kann die onkologische Diagnostik und Therapie erschwert sein, beispielsweise wenn ein Patient klaustrophobisch ist und ein MRT gemacht werden soll oder wenn eine Patientin im Rahmen ihrer Depression so hoffnungslos ist, dass sie jegliche Bestrahlung ablehnt. Dies kann sogar zu verschlechterten Überlebensraten bei Patienten mit psychischer Komorbidität führen.

Studienergebnisse

Die Häufigkeit psychischer Begleiterkrankungen wurde schon vielfach untersucht und meta-analytisch ausgewertet. Neu an dem Artikel von Kuhnt et al. ist, dass die 1-Jahres-Prävalenz psychischer Begleiterkrankungen bei Krebspatienten untersucht wurde. Auch die Lebenszeitprävalenz wird dargestellt, wobei die 1-Jahres-Angaben klinisch relevanter sein dürften. Bislang wurden vor allem 4-Wochen-Prävalenzen publiziert.

Die Autoren untersuchten ebenfalls Prädiktoren psychischer Komorbidität, was in Titel und Abstract gar nicht erwähnt wird.

Kritik und Fazit für die Praxis

Positiv hervorzuheben ist der hohe Aufwand, der für die Gewinnung der Daten betrieben wurde. Leider wurden in der Studie jedoch alle Patienten ausgeschlossen, die älter als 75 Jahre waren. Da Krebs vor allem eine Erkrankung des höheren Alters ist, kann man dies nur bedauern.

Eine weitere Einschränkung ist, dass die Patienten in verschiedenen Settings (Akutklinik, Rehaklinik, ambulante Nachsorge) befragt wurden, die Ergebnisse jedoch nicht stratifiziert danach dargestellt wurden.

Disclosure Statement

Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenskonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.

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