Zusammenfassung
Hintergrund: Das duktale Carcinoma in situ der männlichen Brust ist eine seltene Läsion, die sehr häufig invasiv ist. In den seltenen Fällen, in denen die In-situ-Komponente in reiner Form vorliegt, ist der histologische Grad fast immer niedrig bis moderat. Die Bildgebung ist bei diesen Patienten schwierig, da oft eine Gynäkomastie vorliegt, die die zugrunde liegenden Verkalkungen oder Karzinome überdecken kann. Fallbericht: Wir berichten über den Fall eines reinen hochgradigen duktalen Carcinoma in situ der männlichen Brust bei einem Patienten mit klaren Absonderungen aus der Brustwarze. Die mammographische Untersuchung der Brust zeigte eine bilaterale Gynäkomastie und gutartige Verkalkungen. Der anschließende Brustultraschall zeigte dilatierte Milchgänge der linken Brust, und ein Duktogramm der linken Brust ergab Füllungsdefekte, die auf ein Papillom hindeuteten. Die Exzisionsbiopsie und die anschließende Mastektomie standen im Einklang mit dem hochgradigen duktalen Carcinoma in situ. Schlussfolgerung: Das Mammakarzinom des Mannes kommt selten vor und, obwohl das Bewusstsein dafür zunimmt, wird in geringerem Umfang erforscht als der Brustkrebs der Frau. Wenn es in der klinischen Vorgeschichte Absonderungen der Brustwarze jeglicher Art gibt, sollte eine weitere Untersuchung mit Bildgebung in Betracht gezogen werden. Bei Männern mit Gynäkomastie ist unbedingt zu bedenken, dass ein duktales Carcinoma in situ - selbst ein hochgradiges - in der Mammographie schwer zu erkennen und möglicherweise nicht mit verdächtigen Verkalkungen assoziiert ist.
Transfer in die Praxis von Dr. Florian Reinhardt und Univ.-Prof. Dr. Tanja Fehm (Düsseldorf)
Hintergrund
Das duktale Carcinoma in situ (DCIS) ist ein sehr seltenes Krankheitsbild bei Männern mit einer Prävalenz von unter 0,1%. Derzeit gibt es in der Literatur nur einzelne Fälle, die das Auftreten und das Management beim DCIS des Mannes beschreiben. Die Therapieoptionen orientieren sich derzeit aufgrund der niedrigen Fallzahlen an den Leitlinien von DCIS-Patientinnen. Das DCIS bei Männern weist im Vergleich zu Frauen jedoch Unterschiede in der Tumorbiologie auf. Klinisch zeigt sich ein Auftreten im späteren Lebensalter, eine spätere Diagnosestellung sowie bereits häufig fortgeschrittenere Stadien. Vor diesem Hintergrund ist die Fallvorstellung von Brents und Hancock von großer Bedeutung.
Studienergebnisse
Die Autoren stellen derzeitige Hürden in der Diagnostik und Behandlung des DCIS bei Männern dar. Analog zu bisherigen Studien sowie auch zu unseren Erfahrungen zeigen sich im Vergleich zu Frauen längere Latenzzeiten zwischen Symptombeginn und Erstvorstellung beim Arzt. Die Erstvorstellung erfolgt im Schnitt nach 2-6 Monaten bereits mit Spätsymptomen wie Sekretion aus der Mamille oder palpablem Knoten. In der Arbeit von Hittmaier et al. [1] zeigte sich bei Erstvorstellung nach einem 6-monatigen Symptomintervall in 30 Fällen bereits das Auftreten eines Begleitkarzinoms. Interessanterweise offenbarte sich in dem vorliegenden Fall nach 6 Monaten ein reines hochgradiges DCIS ohne Begleitkarzinom. Die Autoren folgern richtig, dass zeitnah der Übergang in ein invasives Karzinom wahrscheinlich gewesen wäre.
Eine besondere Herausforderung besteht in der Diagnostik des DCIS bei Männern. In der Übersichtsarbeit von Doyle et al. [2] zeigten sich Mikroverkalkungen bei Männern in der Mammographie deutlich seltener. Validierte Kriterien bei der Frau zur Einteilung in benigne oder maligne Mikroverkalkungen scheinen teilweise nicht denen der Männer zu entsprechen. Zudem maskiert häufig eine begleitende Gynäkomastie den Befund. Auch in dieser Studie zeigte sich die Diagnostik mittels Mammographie, Mammasonographie sowie Galaktographie nicht zielführend. Nach den Leitlinien der AGO (Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V.) wird eine Untersuchung mittels MRT empfohlen, wenn die klinische, mammographische und sonographische Diagnostik keine endgültige Diagnose erlauben. Diese wurde in dieser Studie nicht durchgeführt.
Die operativen Maßnahmen zur Therapie des histologisch gesicherten DCIS bei Männern orientieren sich an der Leitlinie für Frauen. Das Standardvorgehen bei Männern ist derzeit die Mastektomie mit Wächterlymphknotenentfernung. Welche Form der Mastektomie durchgeführt wird, subkutan oder einfach, obliegt der individuellen Entscheidung. In dem vorliegenden Fall entschied sich der Patient zudem für eine Nipple-Sparing-Mastektomie der Gegenseite. In dieser Hinsicht sei anzumerken, dass Fälle mit einem beidseitigen DCIS oder einem invasiven Karzinom der Gegenseite bei Männern publiziert sind [3]. Postoperativ wurde dem Patienten in dem vorliegenden Fall eine Strahlentherapie angeboten. Diese sowie weitere adjuvante Therapien wären nach Leitlinie der AGO nach Mastektomie beim DCIS derzeit nicht indiziert. Neue Studien untersuchen derzeit, ob in Zukunft die brusterhaltende Therapie eine bessere Alternative bei Männern mit Brustkrebs oder dessen Vorstufen darstellt.
Fazit für die Praxis
Primär muss in der Bevölkerung das Bewusstsein für Brustkrebs bei Männern gesteigert werden, sodass der Weg zum Frauenarzt für Männer schneller und leichter fällt. Ein frühes Erkennen mit einer sich daran anschließenden zeitnahen Therapie senkt die Mortalität entscheidend. Jeder Mann mit suspektem Tastbefund, Lymphknotenschwellungen, Hautveränderung der Mamma sowie Mamillensekretion sollte eine ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung sowie eine Vorstellung in einem zertifizierten Brustzentrum erhalten. Darüber hinaus wäre ein klinisches Register zur Erfassung sämtlicher männlicher DCIS-Fälle wünschenswert, um mehr über diese seltene Erkrankung zu erfahren und eine Diagnose bzw. Behandlungsstrategien ableiten zu können.
Disclosure Statement
Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenskonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.