Ziel: Die Behandlung des metastasierten Pankreaskarzinoms (mPC) ist nach wie vor eine schwierige Herausforderung. Die Erhaltungstherapie ist ein Ansatz, der bei unterschiedlichen Krebsarten zunehmend an Bedeutung gewinnt. Ziel unserer retrospektiven Analyse war die Beurteilung der Wirksamkeit und Verträglichkeit einer frühzeitigen Erhaltungstherapie mit Capecitabin bei Patienten mit mPC nach Erstlinientherapie mit FOLFIRINOX. Methoden: Wir identifizierten in unserer Institution retrospektiv 103 Patienten, die zwischen November 2009 und Juli 2014 wegen mPC behandelt worden waren. 30 von ihnen erhielten initial mindestens 4 und höchstens 8 Zyklen FOLFIRINOX, ohne Anzeichen einer Progression (alle 14 Tage) und anschließend Capecitabin als Erhaltungstherapie bis zur Progression. Bei der ersten Progression (nach Ablauf von PFS1) wurden die Patienten bis zur zweiten Progression (Ende des zweiten progressionsfreien Überlebenszeitraums PFS2) erneut mit FOLFIRINOX oder einem anderen Therapieschema behandelt. Ergebnisse: Das mediane Gesamtüberleben (OS) betrug 17 Monate. Die Überlebensraten betrugen 73% nach einem Jahr (95%-KI 0,59-0,91) und 25% nach 2 Jahren (95%-KI 0,13-0,50). Das mediane PFS1 betrug 5 Monate. Bei 29 Patienten (96,7%) trat während der Capecitabin-Behandlung eine Progression ein. Nach Eintritt der Progression betrug das PFS2 im Median 10 Monate. Bei Betrachtung des Zeitraums von Beginn der FOLFIRINOX-Therapie bis zur zweiten Progression ergibt sich eine mediane Dauer bis zum Therapieversagen von 17 Monaten. Schlussfolgerungen: Die Erhaltungstherapie mit Capecitabin scheint Wirkung zu zeigen, ohne die Wirksamkeit von FOLFIRINOX zu beeinträchtigen, und ermöglicht außerordentlich vielversprechende OS- und PFS-Zeiten. Übersetzung aus Oncology 2016;90:261-266 (DOI:10.1159/000444854)

Der Nachweis durch eine französische Phase-III-Studie [1], dass die Chemotherapie mit FOLFIRINOX in der Lage ist, die mediane Überlebenszeit von 6 auf annähernd 12 Monate und damit gegenüber dem bisherigen Standard Gemcitabin signifikant zu verlängern, hat Bewegung in die Therapie des metastasierten Pankreaskarzinoms gebracht. Seit der Publikation 2011 gilt dieses Regime als Standard für geeignete Patienten, d.h. für jüngere Patienten (unter 70 Jahre) in gutem Allgemeinzustand und ohne Organeinschränkungen. Leider trifft dies nur auf ca. 25% unserer Patienten mit Pankreaskarzinom zu.

Die Arbeitsgruppe aus Nizza beschreibt retrospektiv alle Patienten, die an deren Zentrum von November 2009 bis Juli 2014 mit FOLFIRINOX behandelt worden sind (103 Patienten). Davon wurde eine Gruppe von 30 Patienten analysiert, die nach einer bewusst verkürzten Dauer von 4-8 Kursen (median 6 Kurse) FOLFIRINOX (in der Phase-III-Studie waren median 10 Kurse verabreicht worden) anschließend mit einer Erhaltungstherapie aus Capecitabin p.o. behandelt wurden, sofern die Tumorerkrankung zumindest stabil war. Dieses Vorgehen im Sinne einer Deeskalation der intensiven Chemotherapie (von FOLFIRINOX auf Fluoropyrimidin-Monotherapie) entspricht durchaus der täglichen Praxis, weil Nebenwirkungen der Therapie dies bei vielen Patienten erfordern. Die Rationale besteht in der Hoffnung auf geringere Toxizität (insbesondere Neurotoxizität) und längere Zeit bis zur Tumorprogression gegenüber einem Abbruch der Therapie. Insgesamt führte dieses Vorgehen zu einer Behandlungsdauer von median 30 Wochen gegenüber 20 Wochen in der Phase-III-Studie [1]. Die Autoren beschreiben eine mediane progressionsfreie Zeit von 5 Monaten und eine mediane Überlebenszeit von insgesamt 17 Monaten. Dies ist deutlich länger als die 11 Monate der Intent-to treat-Population aus der Phase-III-Studie oder die 8,7 Monate aus der Zulassungsstudie für nab-Paclitaxel [2]. Nach 2 Jahren lebten noch 25% der Patienten.

In der vorgestellten Analyse haben mehr als 30% bzw. mehr als 50% der Patienten bereits innerhalb der geplanten 4 bis 8 Kurse eine Dosisreduktion von Irinotecan bzw. Oxaliplatin erhalten. Weder dies noch die kürzere Behandlungsdauer mit FOLFIRINOX führte zu einer Reduktion der Rate an Polyneuropathie gegenüber der Studie von Conroy et al. [1]. Das entspricht den eigenen Erfahrungen mit FOLFIRINOX. Die Therapie wurde aber aufgrund der Toxizität nicht abgebrochen, sondern nach median 12 Wochen mit durchschnittlich 2000 mg/m2 Capecitabin p.o. an Tag 1-14 alle 3 Wochen fortgesetzt und davon median 6 Kurse (18 Wochen) verabreicht. Es ist sicher nicht zulässig, Überlebenszeiten aus Intent-to-treat-Analysen von Phase-III-Studien mit retrospektiven Subgruppen-Analysen eines Zentrums zu vergleichen. Dennoch geben die Ergebnisse uns Daten an die Hand, dass auch bei einem aggressiven Tumor wie dem Pankreaskarzinom, eine Deeskalation auf dem Boden von relevanten Nebenwirkungen möglich und durchführbar ist. Die mediane Überlebenszeit von 17 Monaten ist selbst für diese positiv selektionierte Gruppe der Patienten mit Therapieansprechen (PR und NC) auf FOLFIRINOX beachtlich. Dazu haben allerdings vermutlich nicht nur die Patientenselektion und die Erhaltungstherapie, sondern auch die Tatsache beigetragen, dass 27 von 30 Patienten nach Tumorprogression unter Capecitabin wieder mit einer (Kombinations-)Chemotherapie reinduziert wurden - übrigens überwiegend mit FOLFIRINOX. Auch diese Information kann für unsere tägliche Praxis nützlich sein.

Es gibt inzwischen zahlreiche Hinweise darauf, dass die Therapiedauer die Überlebenszeiten beim metastasiertem Pankreaskarzinom beeinflusst. Die retrospektiven Daten aus Nizza unterstützen diese Beobachtung.

1.
Conroy T, Desseigne F, Ychou M, et al.: FOLFIRINOX versus gemcitabine for metastatic pancreatic cancer. N Engl J Med 2011;364:1817-1825.
2.
Von Hoff D, Ervin T, Arena F, et al.: Increased survival in pancreatic cancer with nab-Paclitaxel plus gemcitabine. N Engl J Cancer 2013;369:1691-1703.
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