Zusammenfassung
Alectinib, ein neuartiger alternativer Inhibitor der anaplastischen Lymphomkinase (ALK), ist hochgradig wirksam gegen ALK-positives nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom (NSCLC) und wird gut vertragen. Zielgerichtete molekulare Substanzen tragen im Allgemeinen wenig zu Alopezie bei. Wir beobachteten in einem Fall die allmähliche Entwicklung einer Alopezie über 2 Monate nach Einleitung einer Alectinib-Therapie zur Behandlung eines ALK-positiven NSCLC. In der Vorgeschichte war bei der betreffenden Patientin unter Therapien mit Cisplatin + Pemetrexed und Crizotinib keine Alopezie aufgetreten. Dieser Fall deutet darauf hin, dass Alopezie bei der Behandlung mit Alectinib als mögliche Toxizität zu bedenken ist, welche die psychische und emotionale Verfassung sowie die Lebensqualität auch bei einer Behandlung mit spezifischen zielgerichteten molekularen Wirkstoffen beeinträchtigen kann. Übersetzung aus Case Rep Oncol 2016;9:212-215 (DOI: 10.1159/000445288)
Experten-Kommentar
Transfer in die Praxis
Haarausfall ist eine von Krebspatienten sehr gefürchtete Nebenwirkung von Chemotherapie. Sie verbinden damit häufig die Sorge, nun für jedermann als Krebspatient er- kennbar und damit «gebrandmarkt» zu sein. Manche haben auch Angst, die Haare würden nicht wieder so kräftig nachwachsen wie zuvor. Dies kann bis zur Ablehnung der Chemotherapie als Behandlungsoption führen.
Über Haarausfall als Nebenwirkung anderer antineoplastischer Therapien wissen Patienten (und vielleicht auch ihre Ärzte) jedoch nur wenig. Koizumi und Kollegen zeigen in ihrem Artikel, dass Haarausfall auch bei biologischen Therapien eine Rolle spielen kann.
Welche Inhalte sind neu?
Die Autoren beobachteten in ihrer Klinik den Fall einer Patientin mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom, die mit Alectinib, einem ALK-Inhibitor, behandelt worden war. Sie vertrug dieses Medikament zunächst sehr gut, und die Tumormasse in der Primärläsion konnte deutlich reduziert werden. Zwei Monate später stellte die Patientin allerdings einen deutlichen Haarverlust fest, der nach 4 Monaten sogar mit Grad 4 eingeschätzt wurde und der 8 Monate lang bestehen blieb. Da die Patientin ihren Lebensstil nicht geändert hatte, wurde dieser Haarverlust von den Autoren kausal auf das Alectinib zurückgeführt.
Welche Aspekte des Artikels sind kritisch zu bewerten?
Der Artikel basiert auf einem Einzelfall. Es sind also weder konfundierende Faktoren auszuschließen noch ist die Kausalität klar nachweisbar.
Fazit
Wertvoll ist an diesem Artikel meines Erachtens, dass er zeigt, wie wichtig es ist, wachsam zu sein bezüglich relevanter Nebenwirkungen, die man nicht als «typisch» bei einem Medikament erwarten würde, und auf entsprechende Informationen vom Patienten zu achten.