Hintergrund: Allen Fortschritten in der Therapie der akuten myeloischen Leukämie (AML) zum Trotz ist die Prognose älterer Patienten weiterhin schlecht; zudem liegt keine definitive Leitlinie für ihre Behandlung vor. Das Ziel dieser Studie war es, die Wirksamkeit einer intensiven Chemotherapie bei AML-Patienten höheren Alters zu untersuchen und festzustellen, welche Untergruppe dieser Population am stärksten auf die Therapie anspricht.Methoden: Wir analysierten retrospektiv die Daten von 84 Patienten höheren Alters: 35 hatten eine intensive Chemotherapie erhalten, 19 eine niedrig dosierte Chemotherapie und 30 lediglich supportive Maßnahmen.Ergebnisse: Bei den Patienten, die eine intensive Chemotherapie erhalten hatten, trat in 17 Fällen nach der Einleitung der Chemotherapie eine Remission ein; die therapieassoziierte Mortalität betrug 22,9%. Das mediane Gesamtüberleben betrug 7,9 Monate. Die Ergebnisse einer multivariaten Analyse deuteten auf die folgenden Parameter als signifikante prognostische Faktoren für das Gesamtüberleben hin: Performance-Status, Fieber vor Therapiebeginn, Thrombozytenzahl, Blastenzahl, zytogenetische Risikokategorie und Intensität der Chemotherapie. Die Subgruppenanalyse ergab eine deutliche Wirksamkeit der intensiven Chemotherapie in der Gruppe der vergleichsweise jüngeren Patienten (65-70 Jahre) sowie bei denen mit De-novo-AML, mit besserem bis mittlerem zytogenetischem Risiko, ohne Fieber vor Therapiebeginn, mit hohem Albumin- und mit hohem Laktatdehydrogenase-Spiegel.Schlussfolgerungen: Bei den älteren AML-Patienten waren unter intensiver Chemotherapie bessere Behandlungsverläufe zu verzeichnen als unter Chemotherapie geringer Intensität. Daher führt eine sorgfältige Auswahl der Kandidaten für eine intensive Chemotherapie wahrscheinlich zu besseren Therapieerfolgen.Übersetzung aus Acta Haematol 2015;133:300-309 (DOI: 10.1159/000362777)

Originalartikel

Dae Sik Kima Ka Won Kanga Eun Sang Yua Hong Jun Kima Jung Sun Kima Se Ryeon Leea Yong Parka Hwa Jung Sunga Soo Young Yoonb Chul Won Choia Byung Soo Kima

aDivision of Oncology and Hematology, Department of Internal Medicine, Korea University Medical Center, Seoul, Südkorea; bDepartment of Laboratory Medicine, Korea University Medical Center, Seoul, Südkorea

Die Herausforderung in der Behandlung älterer Patienten mit neu diagnostizierter akuter myeloischer Leukämie (AML) besteht in der differenzialtherapeutischen Indikationsstellung zwischen reiner Supportivtherapie (BSC), niedrig dosiertem Cytarabin (LDAC), epigenetisch wirksamen Substanzen und Induktionstherapie (3+7-Regime). Die Therapiefähigkeit des Patienten muss in Bezug zum biologischen Alter sowie zur Wahrscheinlichkeit des Erreichens einer Remission gesetzt werde [1].

In der hier kommentierten retrospektiven, monozentrischen Studie wurde von Kim et al. untersucht, welche Patienten ≥65 Jahre mit AML von einer aggressiven Therapie profitieren und welche prognostischen Faktoren bei der Selektion der Patienten entscheidend sind. Hierzu wurden die Daten von 84 Patienten ausgewertet, die zwischen Januar 2003 und April 2012 im Korea University Medical Center aufgrund einer AML behandelt wurden. Die Zuordnung zu 3 Risikogruppen erfolgte anhand von Zytogenetik, Knochenmark-Fibrose, ECOG-Performance-Status (PS) und Charlson-Index (Komorbiditäten). 35 dieser Patienten wurden mit dem 3+7-Regime behandelt; 21 Patienten hatten einen ECOG-PS von 0-1. Patienten mit einem schlechteren PS erhielten LDAC (n = 19) oder BSC (n = 30). Die Analyse ergab ein signifikant besseres medianes Gesamtüberleben (OS) in der 3+7-Gruppe mit 236 Tagen vs. 65 Tagen mit LDAC vs. 54 Tagen mit BSC. Der Therapieerfolg war bei De-novo-AML mit günstiger Zytogenetik besser als bei sekundärer AML, ebenso bei Patienten, die zum Diagnose-Zeitpunkt kein Fieber, normale Albumin- und hohe Laktatdehydrogenase-Werte aufwiesen. Für LDAC und BSC zeigte sich analog zur Arbeit von Burnett et al. [2] ein vergleichbares medianes OS.

Kim et al. lassen offen, nach exakt welchen Kriterien die Patienten, die nicht induktionsfähig erschienen, LDAC bzw. BSC zugeteilt wurden. Es muss von einer relevanten Präselektion der Studienteilnehmer ausgegangen werden. Die Studie weist die typischen Limitationen einer retrospektiven Analyse auf. Auf der Basis einer multivariaten Analyse postulieren die Autoren, dass insbesondere Patienten zwischen 65 und 70 Jahren mit einer De-novo-AML und einem intermediären zytogenetischen Risikoprofil von einer Induktionschemotherapie im Sinne eines Ansprechens bei akzeptabler Toxizität profitieren können. Für die anderen Patienten ergab sich kein klarer Unterschied zwischen den Therapieoptionen. Die allogene Stammzelltransplantation als weitere remissionserhaltende Maßnahme bei Erreichen einer Komplettremission - gerade bei Patienten mit ungünstigem Risikoprofil - wird von den Autoren nicht diskutiert. Ein Instrument zur Risiko- und Therapieerfolgsabschätzung anhand von patienten- und erkrankungsspezifischen Faktoren bei älteren AML-Patienten unter Induktionstherapie ist der «Münsteraner Score» [3]. Dieser Score wird in der Arbeit diskutiert, kommt aber leider nicht zur Anwendung.

Als weniger aggressive Therapien wurden nur LDAC und BSC untersucht, da der Einsatz von epigenetischen Therapien (Decitabin, Azacitidin) in Südkorea zur Zeit der Durchführung der Studie nicht möglich war. Diese in Europa und den USA für die AML-Behandlung zugelassenen Substanzen erweitern die derzeitigen Therapieoptionen nachhaltig.

Zur Behandlung von älteren AML-Patienten gibt es keinen einheitlichen Standard. Auch hier sollten zur Remissionsinduktion alle therapeutischen Optionen in Erwägung gezogen werden. Eine Behandlung an erfahrenen Zentren sowie im Rahmen klinischer Studien ist dringend zu empfehlen. Wichtig ist dabei jedoch die aktive Einbeziehung des Patienten und seines Umfelds in die Entscheidung bezüglich der Intensität der Therapiestrategie und des potenziellen Gewinns an Lebenszeit in Relation zum Gefahrenprofil der Therapie.

1.
Juliusson G, et al: Blood 2009;113:4179-4187.
2.
Burnett AK, et al: Cancer 2007;109:1114-1124.
3.
Krug U, et al: Lancet 2010;376:2000-2008.
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