Hintergrund: Der Nutzen von Screenings zur Ermittlung der psychischen Belastung von stationären Krebspatienten ist bisher selten untersucht worden. In dieser Studie wurde ein kurzes Belastungs-Screening bei stationären Patientinnen eines Brustkrebszentrums und eines gynäkologischen Krebszentrums evaluiert.Patientinnen und Methoden: Stationär behandelte Patientinnen mit Brust- oder gynäkologischer Krebserkrankung wurden anhand des Distress-Thermometers befragt. Patientinnen mit Ergebnissen oberhalb des Cut-off-Werts wurden vom medizinischen Fachpersonal zur psychoonkologischen Beratung überwiesen bzw. forderten diese selbst an.Ergebnisse: Von 125 Patientinnen erhielten 68 (54,4%) ein Beratungsangebot; 62 Patientinnen (49,6%) nahmen das Angebot an. Der Großteil der Beratungen ging auf das Belastungs-Screening zurück. Nur 4 Patientinnen (3,2%) forderten von sich aus die Beratung an. Nach Inanspruchnahme einer Beratung gaben 65,8% dieser Patientinnen an, erheblich von der psychoonkologischen Unterstützung profitiert zu haben, während nur 5,6% der nichtberatenen Patientinnen einräumten, dass sie von einer psychoonkologischen Unterstützung möglicherweise profitiert hätten.Schlussfolgerung: Fast alle Patientinnen, die bereit sind, psychoonkologische Beratungsangebote anzunehmen und davon zu profitieren, lassen sich durch das Belastungs-Screening in Verbindung mit Überweisungen durch Ärzte und Pflegefachkräfte identifizieren. Das Belastungs-Screening ist ein sinnvoller Baustein eines Gesamtkonzepts zur psychoonkologischen Unterstützung von stationär behandelten Menschen mit Krebs. Es erleichtert denjenigen stationären Krebspatienten den Zugang zu einer psychoonkologischen Beratung, die ein solches Angebot brauchen und annehmen würden, aber zögern, dies eigenständig einzufordern.Übersetzung aus Breast Care 2014;9:129-133 (DOI: 10.1159/000360788)

Kerstin Hermelink Henrik Höhn Stephan Hasmüller Julia Gallwas Kristin Härtl Rachel Würstlein Janna Köhm

Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und Comprehensive Cancer Center CCCLMU, Ludwig-Maximilians-Universität, München, Deutschland

Gibt es Evidenz, dass sich die psychosoziale Versorgung von Krebspatienten durch ein Screening psychosozialer Belastungen verbessert? Diese Frage wird kontrovers auf Basis einer uneinheitlichen und insgesamt unzureichenden Studienlage diskutiert, auch wenn nationale wie internationale Leitlinien ein solches Screening empfehlen. Die psychometrische Güte vorhandener Screening-Fragebögen ist sehr gut. Die Schwierigkeiten in der Versorgungspraxis bestehen eher darin, die als belastet identifizierten Patienten zügig entsprechenden psychosozialen Informations- und Unterstützungsangeboten zuzuführen bzw. ihnen den Zugang zu ermöglichen.

In der hier vorgestellten Studie von Hermelink et al. wurden 125 Patientinnen mit Brustkrebs oder gynäkologischen Tumoren bei der stationären Aufnahme mit dem Distress-Thermometer gescreent. Denjenigen, die eine hohe psychische Belastung angaben, wurde gezielt psychosoziale Unterstützung durch klinische Psychologen angeboten. Zusätzlich zum Distress-Screening wurden belastete Patientinnen durch Ärzte und Pflegekräfte auf die Möglichkeit hingewiesen, psychosoziale Unterstützung in Anspruch zu nehmen, bzw. an den betreffenden Dienst überwiesen. Von den 125 Patientinnen erhielten 68 Patientinnen (54%) ein psychosoziales Beratungsangebot, das von 91% dieser Frauen angenommen wurde. Knapp jede zweite Patientin, die ein Beratungsangebot in Anspruch nahm, wurde durch das Distress-Screening identifiziert. Die Autoren des Beitrags schließen aus den Ergebnissen, dass das Distress-Screening eine wertvolle Komponente im Rahmen der stationären psychoonkologischen Versorgung darstellt.

Der hier kommentierte Beitrag zeigt die hohe Akzeptanz eines Belastungs-Screenings und psychosozialer Unterstützungsangebote im stationären Setting. Was die Studie allerdings nicht zeigt und nicht zeigen kann, ist, ob ein Belastungs-Screening tatsächlich die psychosoziale Versorgung verbessert. Dies wäre nur mit einer vergleichenden Evaluation von Interventionseinrichtungen, in denen das Screening eingesetzt wird, und Vergleichseinrichtungen, in denen es nicht eingesetzt wird, möglich (Cluster-Randomisierung). Die Interventions- und Vergleichseinrichtungen sollten so ausgewählt werden, dass die Patientinnen hinsichtlich des Schweregrads der Erkrankung und der zentralen soziodemografischen Merkmale vergleichbar sind. Da die Patientinnen in dieser Studie zusätzlich zum Screening auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht wurden, psychosoziale Unterstützung in Anspruch zu nehmen, ist die Frage, welchen Effekt ein Screening allein gehabt hätte, schwer zu beantworten. Ein Belastungs-Screening in einer stationären oder ambulanten Einrichtung gut in die Routine zu implementieren ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Insofern bedarf es weiterer methodisch hochwertiger Studien, um zu überprüfen, ob sich dieser Aufwand lohnt und die Patienten tatsächlich profitieren.

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