Abstract
Hintergrund: Retrospektive Analysen deuten darauf hin, dass Anthrazyklin-haltige Behandlungsschemata bei Patientinnen mit Her2(humaner-epidermaler-Wachstumsfaktor-Rezeptor-2)-positivem Brustkrebs gegenüber Schemata ohne Anthrazyklin möglicherweise überlegen sind. Allerdings sind sowohl Trastuzumab als auch Anthrazyklin mit Kardiotoxizität verbunden; bisher ist nicht geklärt, wie Trastuzumab in Kombination mit einem Anthrazyklin einzusetzen ist, um die Kardiotoxizität zu minimieren.Patientinnen und Methoden: Zwischen 2010 und 2013 behandelten wir 41 Patientinnen mit Her2-positivem Mammakarzinom (H+ Gruppe) 1× wöchentlich (q1w) mit Paclitaxel (wP) gefolgt von 75 mg/m2 Epirubicin, Fluorouracil und Cyclophosphamid (FEC) alle 3 Wochen (q3w) sowie q1w Trastuzumab (H); 57 Her2-negative Patientinnen (H- Gruppe) erhielten wP gefolgt von FEC (100 mg/m2) ohne Trastuzumab. Zum Zeitpunkt der Therapieeinleitung, nach der wP-Gabe und nach der FEC-Therapie untersuchten wir routinemäßig die linksventrikuläre Auswurffraktion (LVEF) mittels Echokardiographie und verglichen die Werte beider Gruppen.Ergebnisse: In der H+ Gruppe fiel die LVEF von 63,2% auf 60,9% (p = 0,030) und in der H- Gruppe von 63,9% auf 61,9% (p = 0,009) ab. Zwischen beiden Gruppen bestand kein signifikanter Unterschied in Bezug auf die Verringerung der LVEF im Laufe der Chemotherapie (0,968 vs. 0,978: n.s.; p = 0,6457). Fälle von schwerer Kardiotoxizität oder dekompensierter Herzinsuffizienz traten in keiner Gruppe auf.Schlussfolgerung: Bei gleichzeitiger Gabe von Epirubicin (q3w; 75 mg/m2) und Trastuzumab im Rahmen einer adjuvanten Therapie war keine Verschlechterung der kardialen Verträglichkeit zu beobachten.Übersetzung aus Breast Care 2014;9:46-51 (DOI: 10.1159/000358754)
Originalartikel: Cardiac Tolerability of Concurrent Administration of Trastuzumab and Anthracycline-Based Regimen as Adjuvant Chemotherapy for Breast Cancer
Naoki Watanabea Shoko Otsukaa Yoko Sasakia Reiko Shimojimaa Yoji Wanib Kaori Uchinob
aDepartment of Breast Surgery, Japanese Red Cross Society Himeji Hospital, Himeji, Hyogo, Japan; bDepartment of Pathology, Japanese Red Cross Society Himeji Hospital, Himeji, Hyogo, Japan
Warum ist der Artikel relevant für den deutschen Praxisalltag?
Etwa 20-25% der Mammakarzinome sind Her2-positiv. In den meisten Fällen beinhaltet die adjuvante bzw. neoadjuvante Systemtherapie neben einer Taxan- und Anthrazyklin-haltigen Chemotherapie auch eine zielgerichtete Therapie mit Trastuzumab. Heute wird im Rahmen von Studien zunehmend auch die kombinierte zielgerichtete Therapie von Trastuzumab und Pertuzumab im Sinne einer dualen Blockade eingesetzt. Obwohl sich die Genese der Kardiotoxizität, soweit wir sie bis dato verstehen, unter Trastuzumab und unter Anthrazyklinen zu unterscheiden scheint, ist eine eventuelle Summation der Kardiotoxizität bei gleichzeitiger Verabreichung von Trastuzumab und Anthrazyklinen mindestens denkbar. Mit Anthrazyklin-freien Schemata, die heute zur Verfügung stehen, lässt sich dieses Problem umgehen. In jedem Fall ist ein regelmäßiges kardiales Monitoring bei einer Anthrazyklin- und Trastuzumab-haltigen Therapie unerlässlich.
Welche Inhalte sind neu?
Wirklich neue Inhalte bietet uns diese Arbeit nicht. Vielmehr bestätigt sie die bisherigen Beobachtungen und unterstreicht die Tatsache, dass eine konkurrierende Verabreichung ohne größere kardiale Risiken möglich ist.
Welche Aussagen sind kritisch zu bewerten?
Insgesamt handelt es sich in der vorgestellten Studie um eine relativ kleine Patientenpopulation (98 Patientinnen: 41 Her2-positiv; 57 Her2-negativ), was die Aussagekraft der Ergebnisse einschränkt. Entsprechend ihrer Her2-Einteilung erhielten die Patientinnen entweder eine neoadjuvante oder eine adjuvante Therapie. Umso erstaunlicher sind die nachgewiesenen Veränderungen der linksventrikulären Auswurffraktion (LVEF) unter Therapie, die jedoch ohne klinische Relevanz geblieben sind. Aus dem «Patientinnen-und-Methoden»-Teil ist nicht ersichtlich, wie lang die Nachbeobachtungszeit bezüglich der kardialen Veränderungen war. Bevor hier eine abschließende Wertung stattfindet, sollten Langzeituntersuchungen durchgeführt werden.
Welche Perspektive eröffnen die Ergebnisse für die Praxis in naher Zukunft?
Nach den von Watanabe et al. vorgelegten Ergebnissen scheint eine konkurrierende Gabe von Anthrazyklinen und Trastuzumab ohne größere kardiale Risiken möglich. Trotz dieser sich verdichtenden Informationen wird eine standardmäßige konkurrierende Gabe von den Fachgesellschaften bisher nicht empfohlen. Der von den Autoren angedeutete Vorteil beim Ansprechen auf eine neoadjuvante Chemotherapie mit der konkurrierenden Gabe von Anthrazyklin und Trastuzumab wurde nicht zuletzt durch die Z1041-Studie von Buzdar et al. [1] widerlegt. In dieser randomisierten Phase-III-Studie konnte hinsichtlich der Rate pathologischer Komplettremissionen kein Unterschied zwischen der konkurrierenden und der sequenziellen Gabe von Trastuzumab beobachtet werden. Gleichzeitig zeigten sich aber auch keine negativen kardialen Auswirkungen unter der konkurrierenden Gabe von Anthrazyklin und Trastuzumab. Daraus ergibt sich, dass eine solche konkurrierende Gabe im Rahmen der Standardtherapie eher vermieden werden sollte.