Ziel: Mit dieser Studie sollten die Verträglichkeit, Sicherheit und Durchführbarkeit einer Chemotherapie bei alten Patientinnen mit gynäkologischen Krebserkrankungen untersucht werden. Methoden: Wir nahmen alle Patientinnen ≥ 75 Jahre mit Endometrium-, Ovarial- oder Zervixkarzinom, die eine neoadjuvante, adjuvante oder palliative Chemotherapie erhalten hatten, in die Studie auf. Folgende Daten wurden erfasst: Alter, Krankheitsstadium, Begleiterkrankungen, Performance-Status (PS), Chemotherapieschema und -dosierung, Toxizität, Therapieverzögerung sowie Dosisanpassungen. Ergebnisse: In die Studie wurden 49 Patientinnen aufgenommen. Das mediane Alter betrug 77,5 Jahre. Der Großteil der Patientinnen (89,8%) litt an einer fortgeschrittenen neoplastischen Erkrankung. Von den 49 Patientinnen erhielten 29 die Chemotherapie in voller Dosis; 41% erhielten die wöchentliche Dosis. Ein toxizitätsbedingter Todesfall wurde berichtet; bei 8 Patientinnen wurde eine Anämie Grad 2 berichtet und bei 2 bzw. 3 Patientinnen eine Neutropenie Grad 2 bzw. Grad 3. 61% der Patientinnen schlossen die geplante Behandlung ab. Schlussfolgerung: Die Chemotherapie ist bei alten Patientinnen durchführbar und weist ein akzeptables Toxizitätsprofil auf. Zur Vorhersage der Chemotherapieverträglichkeit sind eine sorgfältige Beurteilung des PS und eine Untersuchung des körperlichen und mentalen Gesundheitszustands erforderlich. Ein wöchentliches Schema ist in diesem Setting besser verträglich. Übersetzung aus Oncology 2013;85:168-172 (DOI:10.1159/000350859)

Innocenza Palaia Elisa Loprete Angela Musella Claudia Marchetti Violante Di Donato Filippo Bellati Pierluigi Benedetti Panici

Department of Obstetrics, Gynecology and Urologic Sciences, Sapienza University, Rome, Italy

In der vorliegenden Arbeit wurde im Rahmen einer retrospektiven Analyse gefunden, dass eine Chemotherapie bei sehr alten Patientinnen (medianes Alter 77,5 Jahre) bei akzeptablen Toxizitätsprofilen durchführbar ist. Diese Arbeit reiht sich ein in viele, die zu gleichen Schlussfolgerungen kommen. Hiernach hat man den Eindruck, dass man, sofern ein multidimensionales geriatrisches Assessment durchgeführt wurde und die Patientinnen bestimmte Kriterien erfüllen, die volle Dosis einer Chemotherapie wie bei jüngeren Erwachsenen einsetzen könnte. Erfüllen sie bestimmte Kriterien nicht, wird entweder das Therapieintervall gestreckt oder die Dosis reduziert. Die Kriterien allerdings, nach denen man sich orientiert, um eine solche Entscheidung zu treffen, sind keineswegs festgelegt. In der vorliegenden Arbeit hatte man den Performance-Status nach dem Karnofsky-Index herangezogen und festgelegt, dass über einem Performance-Status von 60 die volle Dosis gegeben werden sollte. Ein Karnofsky-Index von 60 bedeutet, dass für den Patienten «einige Hilfestellung nötig ist, dass er sich jedoch in den meisten Bereichen selbständig versorgen» kann. Man muss dazu wissen, dass es sich mit dem Karnofsky-Index um ein zwar altes (1949 von David A. Karnofsky vorgeschlagen), doch noch immer häufig eingesetztes Fremdbeobachtungssystem handelt, für das eine hohe Interrater-Variabilität bekannt ist. Mit anderen Worten: viele Untersucher schätzen den Karnofsky-Index eines einzelnen einzuordnenden Patienten durchaus unterschiedlich ein, so dass diese Skala nur mit Einschränkung taugt.

Schließlich hat man die unerwünschten Wirkungen der Chemotherapie notiert und war trotz des heterogenen Patientenklientels und der kritikwürdigen Studiendurchführung zu der Ansicht gelangt, ein weiteres Bausteinchen könnte durch die Arbeit an 49 Patientinnen geliefert werden, um das zu bestätigen, was scheinbar unzweideutig feststeht: Eine Chemotherapie kann bei alten Patienten unter Umständen zur Behandlung solider Tumorleiden, in diesem Fall gynäkologische Tumorerkrankungen, durchgeführt werden.

Die Arbeit von Temel et al. [1] hat für Patienten mit Bronchialkarzinom erstmalig nachweisen können, dass die frühe Integration von Palliativmedizin in das onkologische Gesamtkonzept nicht nur die Lebensqualität verbessern kann, sondern sogar die Lebenszeit. Diese Studie hatte zu internationalen Diskussionen hinsichtlich des Stellenwerts und des Zeitpunkts der Integration der Palliativmedizin geführt. Werkzeuge der Palliativmedizin sind nicht nur die Fähigkeit zur bestmöglichen Symptomkontrolle und die Integration psychosozialer und spiritueller Aspekte, sondern in erster Linie die Kompetenz in professioneller Kommunikation. Dazu gehört neben der Empathie die Authentizität, also Wahrhaftigkeit, mit der man Menschen begegnen muss, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden.

Hat ein Patient sein 78. Lebensjahr erreicht, wie in der vorliegenden Untersuchung, so hat man als Mann im Schnitt noch 8 und als Frau noch 9 Jahre Lebenszeit vor sich (www.destatis.de). Erst die individuellen Rahmenbedingungen (Organfunktion, funktioneller Status, Komorbiditäten und Toxizitätsrisiko) gemeinsam stellen die Basis dar, um im Einzelfall die mögliche Lebenserwartung vorherzusagen. Die Instrumente zur Erfassung des geriatrischen Assessments sind neben einem Mini-Nutritional-Assessment, einem Morbiditätstest nach Tinetti, dem Mini-Mental-Test zur Feststellung einer Demenz und der geriatrischen Depressionsskala schließlich auch der funktionelle Status hinsichtlich der Aktivitäten des täglichen Lebens. Nicht zuletzt ein Fragebogen zur sozialen Unterstützung (F-SozU) umrahmen diese Entscheidungen [2].

Wenn eine Chemotherapie bei alten Menschen zur Disposition steht, muss neben der Frage, ob man eine Chemotherapie durchführen kann, das Therapieziel mit dem Patienten geklärt werden; welche Vorteile erhofft sich der Patient (wie viel Gewinn an Lebenslänge unter Einbeziehung des Verlusts an Lebensqualität). Dazu ist es erforderlich, den Patienten über seine Erkrankung und seine Prognose, so gut es geht, aufzuklären, um ihn dann in die Entscheidung mit einzubeziehen, ob eine Chemotherapie durchgeführt werden soll.

1.
Temel JS, Greer JA, Muzikansky A, Gallagher ER, Admane S, Jackson VA, Dahlin CM, Blinderman CD, Jacobsen J, Pirl WF, Billings JA, Lynch TJ: Early palliative care for patients with metastatic non-small-cell-lung-cancer. N Engl J Med 2010;363:733-742.
2.
Wedding U: Geriatrisches Assessment vor onkologischer Therapie. Urologe 2013;52:828-831.
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