Abstract
Ziel: Mit dieser Studie sollte die Rate der Salvage-Resektionen bei Patienten mit Kolorektalkarzinom im Stadium II und III nach engmaschiger Überwachung in einem Comprehensive Cancer Center ermittelt werden. Methoden: Patienten mit Kolorektalkarzinom im Stadium II und III mit mindestens dreijähriger Nachbeobachtung wurden in die Studieein geschlossen. Die Bestimmung des karzinoembryonalen Antigens erfolgte in den ersten zwei postoperativen Jahren vierteljährlich, und während der Jahre 3-5 halbjährlich. CT-Untersuchungen von Thorax und Abdomen/Becken wurden in den ersten 2 Jahren alle 6 Monate und während der Jahre 3-5 jährlich durchgeführt. Nach 1 Jahr erfolgte eine Koloskopie, danach alle 3 Jahre. Ergebnisse: Nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 60 Monaten wurde bei 44 von 177 untersuchten Patienten ein Rezidiv diagnostiziert. Bei 68% der Patienten war das Rezidiv zuerst in den CT-Aufnahmen nachweisbar. Die Bestimmung des karzinoembryonalen Antigens fiel bei 20 Patienten (45%) zum Zeitpunkt des Rezidivs normal aus. Bei 25 Patienten (57%) mit Rezidiv erfolgte eine Resektion mit kurativer Intention, und 12 dieser Patienten sind nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 81 Monaten weiterhin rezidivfrei. Schlussfolgerungen: In dieser retrospektiven Studie war eine engmaschige röntgenologische Überwachung mit einer hohen Rate an Salvage-Resektionen assoziiert, die günstige klinische Behandlungsergebnisse zur Folge hatte. Randomisierte klinische Studien zur Ermittlung der optimalen Häufigkeit und zeitlichen Abfolge röntgenologischer Kontrolluntersuchungen sind beim Kolorektalkarzinom im Stadium II und III dringend erforderlich. Übersetzung aus Oncology 2012;82:41-47 (DOI:10.1159/000333855)
Originaltitel: Intensive Radiographic and Biomarker Surveillance in Stage II and III Colorectal Cancer
Ahmad Foraa Annie Pattac Kristopher Attwoodb Gregory Wildingb Marwan Fakihd
Departments of aMedicine and bBiostatistics, Roswell Park Cancer Institute, cDepartment of Medicine, University at Buffalo, Buffalo, NY, dDepartment of Medicine, University of Michigan, Ann Arbor, MI, USA
Transfer in die Praxis
Die Nachsorge beim resezierten kolorektalen Karzinom nimmt eine Sonderstellung ein, da auch bei systemischem Befall effektive Behandlungsoptionen existieren, die ein erneutes kuratives Vorgehen ermöglichen und damit langfristige Heilungschancen eröffnen. Mit der Einführung neuer chemotherapeutischer Substanzen und dem Anstieg sekundärer Resektionen hat sich die Prognose des metastasierten kolorektalen Karzinoms in den letzten 2 Jahrzehnten deutlich verbessert [1]. Zwei Meta-Analysen aus insgesamt fünf randomisierten Studien konnten den Vorteil einer intensivierten Nachsorgediagnostik belegen [2,3]. Den größten Effekt zeigten dabei die Studien, bei denen intensivierte CT-Untersuchungen sowie engmaschige Bestimmungen des karzinoembryonalen Antigens (CEA) zum Einsatz kamen. In Anlehnung an nationale und internationale Empfehlungen hat sich, in den lokal fortgeschrittenen Tumorstadien II und III, in den ersten 3 postoperativen Jahren die 3-monatliche Kontrolle des CEA sowie die 6- bis 12-monatliche CT von Thorax und Abdomen etabliert. Dennoch werden Aufwand und Effektivität dieser Nachsorge kontrovers diskutiert und die Umsetzung im klinischen Alltag ist nicht einheitlich.
Diese retrospektive Untersuchung evaluiert den Stellenwert einer intensivierten Nachsorgediagnostik in Hinblick auf die Rate an Zweitresektionen bei Patienten mit kolorektalem Karzinom im Stadium II und III und einer minimalen Nachbeobachtungszeit von 3 Jahren.
177 Patienten wurden mindestens 60 Monate nachbeobachtet. Ein Tumorrückfall trat bei 44 Patienten (25%) auf. Interessanterweise wurden lediglich 3 Patienten (7%) durch klinische Symptome auffällig, während bei 41 Patienten das Rezidiv im Rahmen der intensivierten Nachsorge diagnostiziert wurde.
Diese Analyse zeigt, dass eine intensivierte Nachsorgediagnostik in den ersten 3 postoperativen Jahren zu einer überdurchschnittlich hohen Rate an sekundären Resektionen führt (57%).
Dabei scheint insbesondere der 6-monatlichen CT-Kontrolle in den ersten beiden Jahren eine wesentliche Bedeutung zuzukommen. In 68% der Fälle (n = 30) konnte das Rezidiv mittels CT-Untersuchung und lediglich in 18% (n = 8) mittels des Tumormarkers CEA detektiert werden.
Interessant ist auch, dass 20 Patienten (67%) zum Zeitpunkt des bildmorphologischen Tumorrezidivs keine Erhöhung des CEA-Wertes zeigten.
Eine britische Studie [4], in der die CT-Kontrollen lediglich alle 12 Monate in den ersten beiden postoperativen Jahren durchgeführt wurden, wies bei einer Rezidivdetektionsrate von 32% mittels CT eine Resektionsrate von lediglich 21% auf. Insofern scheint die intensivierte halbjährliche CT-Kontrolle in den ersten beiden postoperativen Jahren eine wesentliche Bedeutung in der Rezidiverkennung zu haben. Auf der anderen Seite bestätigte diese britische Studie, dass bei einem Großteil der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose des Rezidivs normale CEA-Werte vorlagen (71%).
Die vorliegende Analyse bestätigt zudem die Ergebnisse vieler Studien, dass Patienten nach Resektion metachroner Metastasen ein signifikant verbessertes Gesamtüberleben im Vergleich zu den nichtresezierten Patienten haben.
Limitierend ist allerdings die relativ kleine Fallzahl (n = 177), der retrospektive Charakter sowie der fehlende randomisierte Vergleich zu einer Vergleichspopulation mit Standardnachsorge.
Fazit
Diese Analyse unterstreicht, dass eine intensivierte Nachsorgediagnostik mit einer erhöhten Rate an kurativen Resektionen einhergeht und somit zu einem Überlebensvorteil für Patienten mit kolorektalem Karzinom im Stadium II und III führt. Im Praxis- und Klinikalltag sollte daher konsequent ein dem Rezidivrisiko angepasstes Basisnachsorgeprogramm durchgeführt werden. Dieses sollte im Stadium II und III in den ersten 3 Jahren neben den bereits empfohlenen 3-monatlichen CEA-Kontrollen auch halbjährliche radiologische Verfahren mit CT von Thorax und Abdomen beinhalten.
Möglicherweise werden diese Untersuchungen in Zukunft durch die zusätzliche Bestimmung molekularer Prognosefaktoren mit hohem prädiktivem Wert für die Rezidiv-und Langzeitüberlebenswahrscheinlichkeit ergänzt.