Zusammenfassung
Phase-I-Studie zu ABL001 bei Patienten mit CML oder Ph+ALL Die erstmals am Menschen durchgeführte Studie mit ABL001 ist eine Dosis-Eskalations-Studie. Es soll primär die maximal verträgliche Dosis (MTD) und/oder die empfohlene Dosis für die Expansion (RDE) des Einzelwirkstoffs ABL001 bei CML- oder Ph+ALL-Patienten und in Kombination mit entweder Nilotinib oder Imatinib oder Dasatinib bei Ph-positiven CML-Patienten abgeschätzt werden. Die Sicherheit, Verträglichkeit und das pharmakokinetische (PK) Profil von ABL001 und ABL001+Nilotinib, ABL001+Imatinib und ABL001+Dasatinib werden ebenso bewertet wie die pharmakodynamischen (PD) Veränderungen in peripheren mononukleären Blutzellen (PBMC) und Knochenmarkaspirationen. Aufgrund ihres ausgeprägten pharmakologischen Profils und durch präklinische pharmakologische Studien, die eine additive Wirkung nachweisen, hat die Kombination von ABL001 und einem Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) das Potenzial, bei einem höheren Anteil von CML-Patienten eine tiefere molekulare Reaktion zu erzielen als eine alleinige TKI Therapie. Die Kombination hat den zusätzlichen Vorteil, dass sie auf die ABL-Kinase-Domäne an 2 verschiedenen Stellen abzielt und theoretisch eine mit einer Einzelpunktmutation verbundene Therapieresistenz verhindert. Es wird vermutet, dass eine Kombination aus Nilotinib+ABL001, Imatinib+ABL001 und/oder Dasatinib+ABL001 den Prozentsatz der Patienten erhöht, die eine vollständige molekulare Remission (CMR) erzielen, und die Zeit bis zur CMR verkürzt. Dadurch erhöht sich die Möglichkeit, bei diesen Patienten anhaltende behandlungsfreie Remissionen zu erzielen. Darüber hinaus können einige Patienten eine Unverträglichkeit gegenüber der Therapie mit TKI aufweisen oder Mutationen entwickeln, die eine Resistenz gegen die TKI-Therapie fördern. Bei diesen Patienten könnte ABL001 eine neue therapeutische Option darstellen. Die von Novartis Pharmaceuticals gesponsorte Studie startete im April 2014. Abschluss der Studie wird im März 2024 erwartet. Quelle: https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02081378
Transfer in die Praxis von Professor Dr. Susanne Saußele (Mannheim)
Hintergrund
Für die Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie (CML) stehen derzeit insgesamt 5 zugelassene Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) von zur Verfügung. Dabei sind für die Erstlinientherapie zugelassen Bosutinib, Dasatinib, Imatinib und Nilotinib. Für die Zweit- bzw. Drittlinientherapie und für Patienten mit T315I-Mutation steht der TKI Ponatinib zur Verfügung. Nichtsdestotrotz gibt es Patienten, die aufgrund von Komorbiditäten und/oder Resistenzen gegenüber all diesen TKI Unverträglichkeiten aufweisen bzw. das Therapieziel einer guten molekularen Remission (MMR) nicht erreichen. Aufgrund dessen ist die Weiterentwicklung eines weiteren TKIs klinisch absolut notwendig. In der Arbeit von Hughes et al. werden die Daten der Phase-1-Studie zu Asciminib (auch ABL001 genannt) präsentiert. Der wesentliche Unterschied von Asciminib zu den bisherigen TKIs sind die unterschiedlichen Bindungsstellen. Alle bisherigen TKIs binden an die ATP-Bindungsstelle, während Asciminib die Myristoyl Stelle bindet. Damit ahmt Asciminib das Protein Myristat nach und kann die verloren gegangene Inhibition der Kinaseaktivität reaktivieren. Daher wird von diesem TKI auch bei Patienten, die gegenüber allen anderen TKI resistent sind, noch eine Wirksamkeit erwartet. In der vorliegenden Arbeit konnte dies auch bestätigt werden.
Ergebnisse der Studie
Insgesamt wurden in dieser Dosis-Eskalations-Studie 141 Patienten in chronischer Phase und 9 Patienten in akzelerierter Phase eingeschlossen. Alle Patienten waren resistent oder hatten inakzeptable Nebenwirkungen durch mindestens 2 vorangegangene TKI Therapien. Der primäre Endpunkt der Studie war die Bestimmung der maximal tolerierten Dosis von Asciminib. Insgesamt hatten 70% der Patienten mindestens 3 TKI erhalten. Die maximal tolerierte Dosis wurde nicht erreicht. 92% der Patienten mit hämatologischem Rezidiv hatten eine komplette hämatologische Remission erreicht, 54% der Patienten eine komplette zytogenetische Remission (N=31). Eine MMR wurde erreicht bzw. war anhaltend nachweisbar bei 48% der Patienten. Insgesamt zeigten auch 8 von 14 Patienten, die auf Ponatinib resistent bzw. intolerant waren, ein Ansprechen.
Der TKI bewies auch Wirksamkeit bei insgesamt 5 Patienten mit der T315I Mutation. Das Ansprechen war anhaltend und bei 40 von 44 Patienten über den Zeitraum der Studie nachweisbar. An Nebenwirkungen treten insbesondere asymptomatische Lipaseanstiege bzw. Pankreatitis auf. Die üblichen Nebenwirkungen entsprechen denen anderer TKI, darüber hinaus wurden Fatigue, Kopfschmerzen, Gelenkbeschwerden, arterielle Hypertonie und Thrombozytopenie berichtet.
Fazit für die Praxis
Asciminib ist eine sehr vielversprechende Substanz für CML-Patienten, die resistent oder intolerant auf bisherige TKIs sind. Dies wird insbesondere durch den anderen Angriffspunkt am BCR-ABL Protein bewirkt. Weitere Phase-2/3-Studien sind derzeit offen bzw. im Follow-up. Für eine Übersicht steht die Seite der CML-Allianz zur Verfügung (https://www.uniklinikum-jena.de/cml/). Die weiteren Daten können mit Spannung erwartet werden.
Disclosure Statement
Forschungsunterstützung: BMS, Incyte, Novartis; Honorare: BMS, Incyte, Novartis, Pfizer, Roche