Ziel: Präklinische Studien haben gezeigt, dass Betablocker verschiedene Wege der Progression und Metastasierung von Brustkrebs hemmen. Unser Ziel war es, die Assoziation zwischen der Anwendung von Betablockern und der Prognose bei Brustkrebs zu beurteilen. Methoden: Es wurde eine systematische Suche nach Studien in MEDLINE und EMBASE (Beginn bis März 2014) mit den Suchbegriffen «Brustkrebs» und «Betablocker» durchgeführt. Zwei Gruppen von Brustkrebspatientinnen (Anwenderinnen von Betablockern und Nicht-Anwenderinnen von Betablockern) wurden hinsichtlich Gesamtmortalität, krebsspezifischer Todesfälle und Auftreten von Rezidiven verglichen. Ergebnisse: Sechs Studien mit insgesamt 18 118 Patientinnen kamen für die Analyse infrage. In die Analyse der Gesamtmortalität wurden zwei Studien mit 3139 Patientinnen eingeschlossen. Im Modell mit Zufallseffekten zeigte sich kein signifikanter Unterschied in der Gesamtmortalität zwischen Anwenderinnen und Nicht-Anwenderinnen von Betablockern (Odds Ratio (OR) 0,87; 95%-Konfidenzintervall (KI) 0,50-1,52, p = 0,49). Vier Studien mit 13 782 Patientinnen wurden in die Untersuchung der krebsspezifischen Todesfälle eingeschlossen. Der Unterschied bei den krebsspezifischen Todesfällen zwischen Anwenderinnen und Nicht-Anwenderinnen von Betablockern war bei Untersuchung mit dem Modell mit fixierten Effekten nicht signifikant (OR 0,93; 95%-KI 0,82-1,06, p = 0,29). In die Berechnung der Rezidivinzidenz wurden drei Studien mit 3923 Patientinnen eingeschlossen. Insgesamt gesehen hatten Betablocker keinen Einfluss auf die Inzidenz von Rezidiven (OR 0,70; 95%-KI 0,25-1,95, p = 0,49). Schlussfolgerung: Betablocker waren in Hinblick auf die Gesamtmortalität, die krebsspezifischen Todesfälle oder das Auftreten von Rezidiven nicht mit einem klinischen Nutzen verbunden. Weitere Studien sind erforderlich, um die Assoziation zwischen den Effekten von Betablockern und verschiedenen Brustkrebs-Subtypen zu beurteilen.

Hintergrund

Betablocker (BB) gehören zu den jährlich am häufigsten verschriebenen Arzneimitteln. Durch ihre Gabe werden Volkskrankheiten wie Hypertonie, Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz oder die koronare Herzkrankheit behandelt. Der Wirkungsmechanismus der BB beruht auf einer kompetitiven Hemmung von Katecholaminen an Betarezeptoren. In den letzten Jahren zeigten präklinische Studien, dass erhöhte Katecholaminspiegel die Angiogenese, die Tumorinvasion und die Metastasierungskaskade fördern. Vor diesem Hintergrund untersuchten epidemiologische Studien, inwiefern sich BB als Nebeneffekt möglicherweise positiv auf die Prognose bei Mammkarzinompatientinnen auswirken könnten. Bei derzeitig heterogener Datenlage ist die Metaanalyse von Kim et al. deshalb von großer Bedeutung.

Studienergebnisse

Es handelt sich um die erste Metaanalyse, die den Zusammenhang zwischen BB und Patientinnen mit Mammakarzinom untersucht. Sie liefert damit einen wichtigen richtungsweisenden Beitrag zu der gegenwärtigen kontroversen Datenlage. Von 56 gescreenten Studien konnten 6 Studien in die Metaanalyse eingeschlossen werden. Dabei werteten lediglich 2 Studien den Effekt von BB auf die Gesamtmortalität, 4 Studien auf die Brustkrebs-spezifische Mortalität und 3 Studien auf das rezidivfreie Überleben aus.

Betrachtet man die eingeschlossenen Studiendesigns, so handelt es sich dabei um reine epidemiologische Studien. Randomisiert kontrollierte Studien als Goldstandard fehlen. Die Populationen der einzelnen Studien sind relativ klein mit einer relativ kurzen Verlaufskontrolle. Zudem zeigt sich eine relativ hohe Heterogenität zwischen den einzelnen Studien. Kontrollgruppen mit BB-Einnahme ohne kardiovaskuläre Grunderkrankung fehlen.

In den einzelnen Studien wurden zudem Patientinnen mit unterschiedlichen BB behandelt. Watkins et al. zeigten, dass sich bei Eierstockkrebs vorwiegend nicht-selektive BB positiv auf die mediane Überlebenszeit auswirken [1]. Selektive BB beeinflussen vornehmlich die Funktion des Herzens, wohingegen nicht-selektive BB auch an anderen Geweben wie beispielsweise Blutgefäßen wirken. In der Metaanalyse wird nur der gepaarte Effekt von BB untersucht, Subgruppen-Analysen (selektiv versus nicht-selektiv) fehlen.

Botteri et al. konnten zeigen, dass insbesondere Patientinnen mit tripple-negativem Brustkrebs von BB profitieren [2]. Aufgrund der geringen Studienanzahl fehlen Subgruppenanalysen zu verschiedenen Brustkrebs-Subtypen. Zudem wären Auswertungen zur metastasierten gegenüber nicht metastasierten Situation aus onkologischer Sicht von großem Interesse. Die Autoren folgern richtig, dass dies in weiteren Studien untersucht werden müsste.

Fazit für die Praxis

Wie aus epidemiologischen Studien erkenntlich ist, nimmt ein Großteil der Patientinnen mit Brustkrebs BB ein. Es ist daher wichtig, dass Onkologen über deren möglichen positiven Nutzen informiert sind. Die vorliegende Metaanalyse von Kim et al. zeigt, dass derzeitig keine Empfehlung für BB als off-label use bei Patientinnen mit Brustkrebs ausgesprochen werden kann. BB sollten gegenwärtig nur zur Therapie einer kardiovaskulären Grundkrankheit bei Patientinnen mit Brustkrebs eingesetzt werden. Es werden dringend weitere Untersuchungen, speziell randomisiert kontrollierte Studien, benötigt, um in Subgruppenanalysen den Einfluss von selektiven gegenüber non-selektiven BB zu untersuchen sowie deren Effekte auf verschiedene Brustkrebs-Typen zu evaluieren.

Disclosure Statement

Herr Dr. Florian Reinhardt und Frau Prof. Dr. Tanja Fehm geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1.
Watkins JL, Thaker PH, Nick AM, et al.: Clinical impact of selective and nonselective beta-blockers on survival in patients with ovarian cancer. Cancer 2015;121:3444-3451.
2.
Botteri E, Munzone E, Tormensz N, et al.: Therapeutic effect of β-blockers in triple-negative breast cancer postmenopausal women. Breast Cancer Res Treat 2013;140:567-575.
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