Abstract
Erosive pustular dermatosis of the scalp (EPDS) is an uncommon disease and primarily affects older men who have photodamaged bald scalp, as was confirmed by our case series. EPDS is probably an overlooked disease, whose diagnosis is often missed because of a higher incidence of other cutaneous diseases affecting the same area and usually secondary to chronic actinic damage, such as actinic keratosis, basal cell carcinoma, and squamous cell carcinoma. For the first time, we report a case series of misdiagnosed EPDS with the aim of understanding why a diagnosis of EPDS was initially missed and try to give some tips to avoid future diagnostic delay.
Transfer in die Praxis von Prof. Dr. Markus Braun-Falco (München)
Hintergrund
Die erosive pustulöse Dermatose der Kopfhaut (EPDK) tritt in erster Linie bei älteren Männern mit Glatzenbildung und ausgeprägter UV-Schädigung der Haut auf. Sie wurde erstmals 1977 von Burton beschrieben. Bei der EPDK handelt es sich um eine ätiologisch unklare, spontan auftretende, sich langsam entwickelnde, chronisch progrediente Entzündung der Kopfhaut. Diese ist klinisch durch das Auftreten einzelner oder mehrerer krustig belegter Erosionen charakterisiert, welche langfristig großflächig konfluieren und zu einer vernarbenden Alopezie führen können.
Die EPDK wird nur relativ selten diagnostiziert. Wahrscheinlich ist ihr Auftreten jedoch wesentlich häufiger als die Diagnose gestellt wird. Komorbiditäten wie aktinische Keratosen, Basalzellkarzinome, Plattenepithelkarzinome und weitere UV-Licht assoziierte Hautveränderungen stehen klinisch im Vordergrund, weshalb eine EPDK leicht zu übersehen ist. Auch mögen zahlreiche Differentialdiagnosen selbst dem kundigen Dermatologen geläufiger sein als die EPDK und in der klinischen Abklärung im Vordergrund stehen, darunter erosive spinozelluläre Karzinome, Infektionen, ein lokalisiertes vernarbendes Pemphigoid vom Typ Brunsting-Perry, eine Folliculitis decalvans oder kutane Reaktionen eines EGFR-Inhibitors [1].
Ergebnisse der Studie
Da die EPDK häufig und leicht übersehen wird, suchten Vincenzo Piccolo und Kollegen in einer Serie von 8 initial nicht als EPDK erkannten Patienten nach konkreten Gründen, welche die diagnostischen Schwierigkeiten bei der EPDK aufdecken sollten [2]. Bei den 8 EPDK-Patienten im Alter von 62-93 Jahren (Durchschnitt 79,8) handelte es sich zumeist um Männer (7 von 8 Patienten), welche in 5 von 7 Fällen Veränderungen frontal und im Vertexbereich sowie in 2 Fällen nur frontal hatten. Zudem war eine 85-jährige Frau im Vertex befallen. Initial wurden 4-mal aktinische Keratosen, 3-mal Basalzellkarzinome und 1-mal ein spinozelluläres Karzinom diagnostiziert. Bei 4 von 8 Patienten wurde eine dermatoskopische Untersuchung durchgeführt, welche durchwegs ähnliche Veränderungen in Form von Verlust von Haarfollikeln, erweiterten Gefäßen und serösen Krustenauflagerungen ergab. Die histologischen Untersuchungen zeigten als konstante Veränderungen einen Verlust an Haarfollikeln, erweiterte Gefäße und eine dermale Fibrose. Ebenfalls allen 8 Patienten gemeinsam war ein sehr schnelles Ansprechen der Veränderungen innerhalb von 2 Wochen nach topischer Therapie mit einem Klasse IV Glukokortikosteroid mit nur einem Rezidiv innerhalb von 3 Monaten.
Aus diesen Daten erstellten Piccolo et al. eine Gegenüberstellung der Befunde zwischen EPDK und den häufigsten Differenzialdiagnosen. Die Autoren wiesen insbesondere auf die unterschiedlichen dermatoskopischen Befunde hin, darunter spinozelluläre Karzinome (polymorphe Gefäße, weißliche Areal, Ulzerationen), Basalkarzinome (verästelte Gefäße, pigmentierte ovale Nester, Ulzerationen), Ekzeme (gelbliche Krusten), vernarbendes Pemphigoid (unspezifisch) und pustulöse Psoriasis (Pusteln, Punktgefäße und Schuppen) sowie auf die essentiellen histologischen Veränderungen. Zudem wurden Provokationfaktoren einer EPDK durch topische Antitumortherapeutika wie Imiquimod, 5-Fluorourazil, Kryotherapie bis hin zur photodynamischen Therapie erwähnt.
Das finale Statement der Autoren ist, dass die EPDK schwierig zu diagnostizieren ist und dermatoskopische Veränderungen hilfreich, wenn auch nicht diagnoseweisend, sein können.
Kritik
Der Artikel von Piccolo et al. fasst 8 repräsentative Fälle von EPDK zusammen und schafft damit vor allem eines: Auf eine Erkrankung hinzuweisen, die vielen nicht sehr präsent sein dürfte. Außerdem wird auf die Bedeutung der EPDK als Differentialdiagnose alltäglicher UV-Licht assoziierter Hautschäden eingegangen. Neben einer ordentlichen Auflistung von klinischen, histologischen und dermatoskopischen Befunden bei EPDK lässt der Artikel jedoch konkrete Empfehlungen im alltäglichen Vorgehen bei Erosionen an der Kopfhaut vermissen. Die im Titel des Artikels gestellte Frage «Warum wir die Diagnose übersehen» wird leider nur oberflächig beantwortet.
Fazit für die Praxis
Die erosive pustulöse Dermatose der Kopfhaut sollte jedem Dermatologen geläufig sein. Insbesondere an lichtexponierten Arealen und speziell der Kopfhaut älterer Menschen ist bei längerfristig bestehenden krustig belegten Erosionen Aufmerksamkeit gefordert. Sprechen Erosionen der Kopfhaut bei Verdacht auf aktinische Keratosen und/oder aktinische Feldkanzerisierung nicht auf eine topische Antitumortherapie an, sondern reagieren eher sogar mit einer Verschlechterung, muss an eine EPDK gedacht werden.
Trotz zahlreicher eher unspezifischer klinischer und dermatoskopischer Befunde, ist und bleibt die EPDK eine Ausschlussdiagnose. Diese kann zuverlässig nur über den histologischen Ausschluss der oben erwähnten Differentialdiagnosen erfolgen.
Die Arbeitsgruppe von Zelger und Kollegen weist in ihrer ähnlich gestaltenten zusammenfassenden Untersuchung [1] von 11 EPDK-Patienten anschaulich darauf hin, dass, je nach klinischem Ausmaß der Erosionen, auch mehrere Gewebeproben notwendig sind, um nicht aktinische Keratosen, ein entdifferenziertes spinozelluläres Karzinom oder ein sklerodermiformes Basalzellkarzinom zu übersehen. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die EPDK nicht ausschließlich im Kopfbereich, sondern grundsätzlich auch an den Unterschenkeln und bei jungen Menschen auftreten kann. Bemerkenswert in beiden Fallserien ist das doch gute und zuverlässige Ansprechen auf eine topische antientzündliche Therapie, sowohl auf Glukokortikosteroide, Calcineurin-Inhibitoren oder auch 5% Dapson-Gel.
Man könnte somit pragmatisch zusammenfassen: Bei länger bestehenden und gerade durch topische Tumortherapeutika getriggerten Erosionen an lichtexponierten Stellen sollte eine intensive antientzündliche Therapie unter der Verdachtsdiagnose einer EPDK erfolgen. Bei Nichtansprechen dieser Therapie innerhalb von 2 Wochen sollten Gewebeproben zum Ausschluss eines infiltrativ wachsenden Karzinoms durchgeführt werden.
Disclosure Statement
Der Autor versichert, dass keinerlei Interessenkonflikte zum vorliegenden Thema bestehen.