Abstract
In view of the dramatic rise in the prevalence of food allergy globally, effective prevention strategies have become a public health priority. Several models have emerged around the etiology of food allergy, including the hygiene hypothesis, dual allergen exposure hypothesis, and vitamin D hypothesis. These form the basis for current and potential prevention strategies. Breastfeeding remains a key pillar of primary allergy prevention. Other nutritional interventions, including the use of whey-based, partially hydrolyzed formula in non-breastfed infants, also play an important role. In recent years, there has been a shift away from prolonged food allergen avoidance to the proactive allergen introduction from 4 months of age. This approach is supported by 2 pivotal randomized clinical trials showing that the early introduction of peanut and other food allergens significantly reduces the risk of food allergy. However, the implementation of this strategy at the population level still raises significant logistic problems, including patient selection and development of suitable food formats for young infants. Other prevention strategies, including vitamin D supplementation, are currently under evaluation. Maternal elimination diets during pregnancy and lactation are not recommended for allergy prevention. The treatment of food allergies has also seen major transformations. While strict allergen avoidance is still the key treatment principle, there is a greater focus on desensitization and tolerance induction by oral and epicutaneous immunotherapy. In addition, specialized hypoallergenic infant formulas for the treatment of infants with cow's milk allergy have undergone reformulation, including the addition of lactose and probiotics in order to modulate the gut microbiome and early immune responses. Further research is needed to inform the most effective food allergy prevention strategies at the population level. In addition, the wider application of food allergen immunotherapy may provide better health outcomes and improved quality of life for families affected by food allergies.
Transfer in die Praxis von Prof. Dr. Vera Mahler (Langen)
Hintergrund
Die Prävalenz für Lebensmittelallergien steigt weiter an. Der Artikel von Dr. Ralf Heine gibt einen Überblick über die wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten 20 Jahre zu Vorbeugung und Behandlung von Nahrungsmittelallergien.
Frühere Präventionskonzepte stellten eine präventive Meidung allergenhaltiger Nahrungsmittel in der kindlichen und mütterlichen Nahrung in den Mittelpunkt primärer Präventionsstrategien. In den letzten Jahren wurden diese durch zunehmende Evidenz protektiver Effekte bei früher Einführung der betreffenden Nahrungsmittel ab dem 4. Lebensmonat vollständig revolutioniert. Die Ausführungen des Artikels stehen diesbezüglich im Einklang mit den praxisrelevanten Empfehlungen der AWMF S3-Leitlinie Allergieprävention - Update 2014 (Registriernummer 061/016) und S2k-Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien (Registriernummer 061/031) [1,2].
Keine richtungsweisend neuen Handlungsempfehlungen ergeben sich aus dem Artikel bezüglich der bestehenden Leitlinien-Empfehlung zur primären Allergieprävention [1,2]. Dies betrifft insbesondere folgende Empfehlungen:
• Stillen über die ersten 4 Lebensmonate.
• Gabe hydrolysierter Säuglingsnahrung an Risikokinder (d.h. Kinder mit einem Elternteil und/oder einem Geschwisterkind mit allergischen Erkrankungen in der Vorgeschichte) in den ersten vier Lebensmonaten, wenn nicht oder nicht ausreichend gestillt werden kann.
• Verzehr von Fisch durch Mutter und Kind.
• Keine Verzögerung der Beikost.
• Keine diätetischen Restriktionen bei Mutter (während Schwangerschaft und Stillzeit) und Kind aus Gründen der Primärprävention.
• Für Pro- und Präbiotika können aufgrund der bisher uneinheitlichen Datenlage noch keine Empfehlung hinsichtlich konkreter Präparate und Bakterienstämme, Applikationsformen, Dauer und Zeitpunkt der Gabe abgeleitet werden.
Auch die Empfehlungen zu Behandlung bereits bestehender Nahrungsmittelallergien der Leitlinie werden bestätigt [2]:
• Bei diagnostizierter bestehender Allergie ist Elimination des betreffenden Allergens aus der Kost erforderlich. Die therapeutische Eliminationsdiät muss individuell auf die allergologischen Erfordernisse und den Nährstoffbedarf des Betroffenen zugeschnitten sein [2].
• Leiden gestillte Säuglinge unter Beschwerden, die eindeutig auf den mütterlichen Verzehr gewisser Nahrungsmittelallergene zurückgeführt werden können, sollte die Stillende nach diätetischer Beratung das/die vermutete/n bzw. auslösende/n Nahrungsmittel/n aus ihrem Speiseplan streichen.
• Im Fall einer Kuhmilchallergie, die bereits im ersten Lebensjahr auftritt, bedarf es einer therapeutischen Spezialnahrung (Extensivhydrolysat, Aminosäureformula).
• Für weitere Empfehlungen siehe [2].
Es bestehen Unterschiede in den Extensivhydrolysaten, die mit einem unterschiedlichen Risiko für allergische Reaktionen bei Kuhmilchallergie einhergehen. Strengere Normen für die Definition von Extensivhydrolysaten einschließlich präklinischer Tests, Qualitätssicherung und Kennzeichnung wurden gefordert.
Welche Inhalte/Behandlungsoptionen sind neu?
Die Sensibilisierung IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien scheint außer durch gastrointestinale und inhalative Exposition auch epidermal bei gestörter Hautbarriere eintreten zu können. Daraus lassen sich möglicherweise interessante Ansatzpunkte für neue Therapiestrategien ableiten. Weitere Datenanalysen aus der LEAP (Learning Early About Peanut Allergy)-Studie zeigten, dass die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreich tolerierten oralen Erdnussprovokation bei einer Erdnuss-Einführung im Alter von 6 - 11 Lebensmonaten signifikant höher ist als bei Einführung im Alter von 4 - 6 Lebensmonaten. Dadurch wird das Interventionsfenster erweitert [3].
Verschiedene Untersuchungen zu Vitamin D Spiegeln während der Schwangerschaft, zum Zeitpunkt der Geburt und im ersten Lebensjahr legten unterschiedliche Auswirkungen auf das Allergierisiko nahe. Eine U-förmige Dosis-Wirkungs-Kurve wird angenommen, d.h. ein Vitamin D Spiegel im Normbereich könnte möglicherweise eine Schutzwirkung verleihen, während erhöhte oder erniedrigte Werte das Allergierisiko steigern. Eine prospektive Untersuchung (VITALITY) mit täglicher Vitamin D Ergänzung bei gestillten Säuglingen im Alter von 6 - 8 Wochen bis 12 Monaten soll diesbezüglich weitere Erkenntnisse erbringen [4].
Neben der bestehenden Empfehlung zum Verzehr von Fisch wurden die Auswirkungen von Nahrungsergänzung mit Fischöl untersucht. Dabei zeigte sich, dass Nahrungsergänzung mit Fischöl während der Schwangerschaft das Risiko des Kindes für die Entwicklung eines atopischen Ekzems und die Sensibilisierung auf Nahrungsmittel reduziert, während Nahrungsergänzung nach der Geburt unwirksam zu sein scheint.
Entgegen der landläufigen Meinung wird Laktose von den meisten Säuglingen mit Kuhmilchallergie (Ausnahme: Kuhmilchinduzierte Enteropathie) gut vertragen. Laktosehaltige Formulanahrung ist mit einer erhöhten Anzahl von Bifidobakterien und erhöhten Konzentrationen von kurzkettigen Fettsäuren verbunden, die für das Mikrobiom im Darm von Bedeutung zu sein scheinen. Die Zugabe von Pro- und Präbiotika zu Extensivhydrolysaten und Aminosäure-Formula wird beforscht.
Therapeutische Ansätze mittels oraler Immuntherapie (OIT) und epikutaner Immuntherapie (EPIT) mit Nahrungsmitteln sind in klinischer Erprobung und durchlaufen derzeit zum Teil klinische Prüfungen im Rahmen von Entwicklungsprogrammen zur Zulassung.
Welche Aussagen sind kritisch zu bewerten?
Der präventivmedizinisch günstigste Zeitpunkt für die Einführung allergener Nahrungsmittel kann aktuell nicht abschließend definiert werden. Unter Umständen variiert dieser von Nahrungsmittel zu Nahrungsmittel.
Fazit für die Praxis
Neben den implementierten Empfehlungen der Leitlinien [1,2] zeichnen sich weitere Präventions- und Behandlungsstrategien ab, die eine weiterführende wissenschaftliche Exploration sinnvoll erscheinen lassen.
Disclosure Statement
Es bestehen keine Interessenkonflikte.