Jedem Dermatologen in der Ausbildung kommt dieses Bild bekannt vor: Im Dienst stellt sich ein Patient notfallmäßig mit juckenden Quaddeln vor. Der Patient hat das Schema 1-4-Oma (einfach-vierfach-Antihistaminika-Omalizumab) bereits durchlaufen, doch die Symptome persistieren. Spätestens jetzt wäre es hilfreich einen Fahrplan zu Differentialdiagnosen der chronischen Urtikaria parat zu haben. Dr. med. Thomas Buttgereit von der Charité Berlin gibt uns in dieser Ausgabe einen solchen an die Hand - und eröffnet damit unsere Serie zur dermatologischen Differenzialdiagnostik, die wir in den folgenden Ausgaben fortsetzen werden.
Die überwundene Herausforderung, differentialdiagnostisch ins Schwarze getroffen zu haben, mag für den ein oder anderen von uns mit dem Moment zusammenfallen, über den Einstieg oder die Übernahme einer Praxis nachzudenken. Das Resümee nach einem Jahr in der Niederlassung lesen wir von Frau Dr. med. Anja Weber, niedergelassene Dermatologin in Groß-Gerau, Hessen.
Eine ganz andere Art des Know-how ist bei der Diagnostik wissenschaftlicher Texte gefragt. Dr. Sven Riestenpatt gibt in seinem letzten Beitrag zum wissenschaftlichen Schreiben Einblicke in die hohe Kunst der Begutachtung wissenschaftlicher Artikel.
Wichtigste Differentialdiagnosen im Überblick | Chronische Urtikaria
Die Urtikaria ist eine klassische Blickdiagnose in der Dermatologie. In dieser «Einfachheit» können aber auch Fallstricke für die möglichen Differentialdiagnosen dieser Erkrankung liegen. So bleibt die Kunst, die Patienten mit z.B. einer Urtikariavaskulitis oder einem Schnitzler-Syndrom nicht zu übersehen. Hierzu hat Dr. med. Thomas Buttgereit aus der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. med. Marcus Maurer, Forschungsdirektor der Klinik für Dermatologie und Stellvertretender Leiter des Allergie Centrum an der Charité Berlin, einen differentialdignostischen Überblick für Sie vorbereitet.
Was ist das Problem?
Bei rezidivierend auftretenden Quaddeln und/oder Angioödemen über einen Zeitraum von 6 Wochen kann in den meisten Fällen die Diagnose einer chronischen Urtikaria gestellt werden [1]. Erscheinen die Quaddeln spontan ohne Auslöser, so spricht man von einer chronischen spontanen Urtikaria (CSU), können die Quaddeln hingegen z.B. durch Kälte, Wärme oder Druck provoziert werden, so definiert man die Erkrankung als chronische induzierbare Urtikaria (CINDU) [1, 2]. Auch andere Erkrankungen mit deutlicher Einschränkung der Lebensqualität und erhöhter Mortalität können mit einer ähnlichen Symptomatik einhergehen. Allerdings führt hierbei die Therapie mit Antihistaminika meistens zu keiner Linderung der Beschwerden. Aufgrund ihrer Seltenheit werden diese Erkrankungen häufig jedoch zu spät erkannt und demzufolge lange Zeit unzureichend therapiert.
Was ist die Lösung?
Bei jedem Patienten mit Quaddeln und/oder Angioödemen sollten neben der chronischen Urtikaria differentialdiagnostisch andere Erkrankungen in Betracht gezogen werden. In der Praxis kann zur genauen Diagnosefindung der hier dargestellte symptomorientierte Algorithmus dienen (englische Version siehe [3]).
Quaddeln sind nicht immer Urtikaria
Bei Patienten mit rezidivierenden Quaddeln ohne Angioödeme muss differentialdiagnostisch an ein autoinflammatorisches Syndrom (AIS) oder an eine Urtikariavaskulitis gedacht werden. Autoinflammotrische Syndrome sind systemische entzündliche Erkrankungen, bei denen Interleukin-1 und die angeborene Immunabwehr eine entscheidende Rolle spielen. Die Patienten leiden neben Quaddeln unter periodischen Fieberschüben sowie wiederkehrenden Schmerzen in den Gelenken, Knochen und Muskeln. Zudem besteht ein allgemeines Krankheitsgefühl. Hierzu gehören Cryopyrin-assoziierte periodische Syndrome (CAPS), wie die Familiäre Kälte-Urtikaria (FCAS), das Muckle-Wells-Syndrom (MWS), das chronische-infantile-neurologisch-kutane-artikuläre Syndrom (CINCA) und das Schnitzler-Syndrom. Neben der Erhebung der Familienanamnese sichert ein genetischer Test auf eine Mutation im NLRP3-Gen die Diagnose. Beim Schnitzler-Syndrom ist eine monoklonale Gammopathie spezifisch. Bei der Urtikariavaskulitis bleiben die Quaddeln, im Unterschied zur Urtikaria, länger als 24 Stunden bestehen und heilen bei einzelnen Patienten unter Bildung von Hämatomen und Hyperpigmentierungen ab. Zur Diagnosesicherung dient eine Hautbiopsie.
Angioödeme sind nicht immer histaminvermittelt
Bei rezidivierenden Angioödemen ohne Quaddeln muss differentialdiagnostisch an Bradykinin-vermittelte Angioödeme gedacht werden, die entweder hereditär oder erworben sein können. Zu den erworbenen Angioödemen zählen die ACE-Inhibitor-induzierten Angioödeme, wobei die Remission der Beschwerden durch Absetzen der ACE-Hemmer zur Diagnose führt. Werden vom Patienten keine ACE-Hemmer eingenommen, sollte nach sorgfältiger Erhebung der Familienanamnese ein hereditäres Angioödem (HAE I-III) und Angioödeme aufgrund eines erworbenen Mangels von C1-Inhibitor (AAE) ausgeschlossen werden.
Literatur
1 Zuberbier T, Aberer W, Asero R, et al.: Allergy 2014:69;868-887.
2 Maurer M: Chronische spontane Urtikaria: Was ist wichtig bei Diagnose und Therapie? Interview mit MeinAllergiePortal, 5. Mai 2015. www.mein-allergie-portal.com/urtikaria-und-angiooedem/599-chronische-spontane-urtikaria-was-ist-wichtig-bei-diagnose-und-therapie/seite-3.html.
3 Maurer M, Magerl M, Metz M, et al.: Allergy 2013:68;816-819.
Kontaktadresse: Dr. med. Thomas Buttgereit, Assistenzarzt Dermatologie, AG Prof. Marcus Maurer, Allergie-Centrum-Charité, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Charité - Campus Mitte, Luisenstraße 2, 10117 Berlin, Deutschland, [email protected]
Interview mit Dr. med. Anja Weber | Von der Ambulanz über die Klinik zur eigenen Niederlassung
Dr. med. Anja Weber begann ihre Facharztausbildung zur Dermatologin zunächst im ambulanten Bereich, da eine Teilzeitstelle in der Klinik zu Beginn ihrer Facharztausbildung als junge Mutter nicht möglich war. Ihre Doktorarbeit führte sie schließlich an die Universitätshautklinik Mainz, wo sie ihre Ausbildung beendete und anschließend mehrere Jahre arbeitete. 2015 fasste sie den Beschluss, sich niederzulassen und arbeitet seit September 2015 in einer Praxisgemeinschaft in Groß-Gerau. Für Karger Kompass lässt sie diese Entscheidung noch einmal Revue passieren, erinnert sich an Herausforderungen und reflektiert die Überzeugung, das Richtige getan zu haben.
Dr. Weber, Sie haben viele Jahre an der Klinik gearbeitet. Was hat Sie dazu bewogen, sich doch niederzulassen?
Während meiner Facharztausbildung hatte ich die Möglichkeit, sowohl Praxis- als auch Kliniktätigkeit mit allen Vor- und Nachteilen kennenzulernen. Nach meiner Tätigkeit in zwei verschiedenen Hautarztpraxen habe ich noch mehrere Jahre an der Universitätsklinik in Mainz gearbeitet. Letztlich habe ich mich für die Niederlassung entschieden, da ich den engen Patientenkontakt, insbesondere die Kontinuität in der Betreuung der Patienten besonders schätze. Meine Kliniktätigkeit war von besonderer Bedeutung, um alle dermatologischen Bereiche kennenzulernen und mich dann in einige Schwerpunkte vertiefen zu können. In meiner eigenen Praxis sehe ich die beste Möglichkeit, diese Spezialisierung umzusetzen und fortzuführen.
Warum haben Sie sich gerade für eine Praxisgemeinschaft entschieden?
In einer Praxisgemeinschaft hat jeder beteiligte Arzt seinen eigenen Kassensitz und arbeitet zunächst für sich. Die Räumlichkeiten und alle Einrichtungs- sowie medizinischen Geräte werden gemeinschaftlich genutzt, auch das Personal ist von beiden Ärzten angestellt. So kann jeder Beteiligte freier bzw. flexibler über die eigenen Arbeits- und Urlaubszeiten entscheiden. Mein jetziger Kollege und ich waren uns schnell einig, dass dies das für uns geeignete Arbeitsmodell ist. Da er schon länger in der Niederlassung arbeitet, hatte ich den großen Vorteil, jederzeit von ihm Hilfestellung bezüglich aller anfallender Verwaltungsarbeiten zu bekommen und auch eine Einarbeitung in die Praxissoftware sowie den Ablauf von Abrechnungen. Dies hat mir den Einstieg sehr erleichtert.
Wie bereitet man sich auf die Herausforderung einer Niederlassung vor? Gibt es handwerkliche Grundlagen oder wird man ins kalte Wasser geworfen?
Ohne Vorbereitung kann man nicht in die eigene Praxis starten. Eine Niederlassung bringt im Vorfeld viele Fragen und eine gute Planung mit sich. Das heißt, dass man sich zuerst einmal damit auseinandersetzen muss, wie man überhaupt eine kassenärztliche Zulassung erhält und was es für Regularien gibt, an die ein niedergelassener Arzt gebunden ist. Sobald man eine Zulassung von der zuständigen kassenärztlichen Vereinigung (KV) zugesprochen bekommt, wird man von den KV-Mitarbeitern beraten. Dort bekommt man die wichtigsten juristischen Aspekte erklärt. Auch in abrechnungsrelevanten Fragen erhält man Hilfestellungen. Natürlich sind am Anfang sehr viele Begrifflichkeiten noch fremd und es braucht schon Eigeninitiative, sich darin einzuarbeiten und die jeweiligen Zusammenhänge zu verstehen. Darüber hinaus bieten verschiedene Firmen auch Kurse zur Gründung einer Praxis oder zur Niederlassung an.
Natürlich ist eine Niederlassung auch immer eine finanzielle Belastung. Die Finanzierung muss gut geplant werden, und diesbezüglich sollten unbedingt Angebote von verschiedenen Banken eingeholt werden.
Weiterhin muss entschieden werden, welches Praxismodell man eigentlich will, also ob Einzel- oder Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft) oder eben die Praxisgemeinschaft.
In meinem Fall haben mein Kollege und ich uns von einem Fachanwalt für Medizinrecht beraten lassen und dann den Vertrag für die Praxisgemeinschaft ausgearbeitet. Das halte ich für unabdingbar, damit klare Verhältnisse herrschen, z.B. für den Fall, dass es doch einmal Differenzen geben sollte.
Ein weiterer ganz wichtiger Aspekt der Niederlassung ist das Einholen verschiedener Angebote von Versicherungen für eine Berufshaftpflicht. Da gibt es sehr unterschiedliche Varianten mit unterschiedlichen Kosten. Darüber sollte man sich ausführlich informieren, bevor man eine Entscheidung trifft.
Auch eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt es zunächst in der Selbständigkeit natürlich nicht, während die Miet-, Unterhalts- und Personalkosten bestehen bleiben. Hier stellt sich die Frage nach einer Krankentagegeldversicherung etc.
Und nicht zuletzt muss gemeinsam mit dem Kollegen über die Praxisgestaltung an sich nachgedacht und diese entschieden werden: Welche Geräte will man zur Verfügung haben? Wo sollen sie stehen? Welche Praxissoftware nehme ich?
In gewisser Weise wird man schon ein bisschen ins kalte Wasser geworfen, aber man kann sich, bevor man startet, gut vorbereiten.
Würden Sie eine Niederlassung empfehlen?
Eine Niederlassung ist sicherlich nicht für jeden der richtige Weg. Ärzte, die gerne wissenschaftlich oder besonders spezialisiert arbeiten, sind sicherlich an einer Klinik oder wissenschaftlichen Institution besser aufgehoben.
Ich denke, dass es unbedingt von Vorteil ist, sich beide Arbeitsmodelle anzuschauen. Man hat ja heute die Möglichkeit - und das finde ich auch sehr schön - Teile der Facharztausbildung im niedergelassenen Bereich zu absolvieren. Die Dermatologie ist ja auch zu großen Teilen ein ambulantes Fach. Ich persönlich habe in der Praxis und in der Klinik viel gelernt; beides ergänzt sich. Ich würde jedem empfehlen, Erfahrungen in Praxis und Klinik zu sammeln, dann kann man für sich entscheiden, welches persönlich der richtige Weg ist.
Es gibt auch immer mehr Bestrebungen, dass junge Kolleginnen und Kollegen während ihrer Facharztausbildung beide Arbeitsfelder kennenlernen können. Das empfinde ich als sehr positive Entwicklung. Dadurch werden auch gegenseitige Vorurteile abgebaut und die strikte sektorale Trennung zwischen niedergelassener Praxis und Fachklinik aufgelockert. Dies führt langfristig zu einer besseren Kontinuität der Behandlung, die vor allem den Patienten zugutekommt.
Was würden Sie für sich als Fazit nach 1,5 Jahren Niederlassung ziehen?
Als Fazit würde ich ziehen, dass ich sehr zufrieden bin. Ich bereue die Entscheidung nicht und würde es auch wieder so machen.
Die Arbeit macht mir viel Spaß und der enge und oft kontinuierliche Patientenkontakt ist auch genau meine Sache. Mir fehlt aber zuweilen die gute Teamarbeit aus der Klinik. In einer Praxis ist man auf sich selbst gestellt und muss oft schnelle Entscheidungen treffen. In einem gut funktionierenden Team gibt es Kollegen, mit denen man sich austauschen kann oder die auch einspringen können, wenn es einem nicht gut geht. Auch die Personalverantwortung war zunächst ungewohnt.
Dennoch macht mir die Praxistätigkeit Spaß, da ich fast täglich die ganze Bandbreite meines Faches sehe und die erlernten Schwerpunkte - in meinem Fall die Behandlung von Patienten mit Urtikaria, Psoriasis und ambulante Operationen - gut umsetzen kann. Weiterhin bin ich eigenverantwortlich handlungsfähig, d.h. ich kann selbst bestimmten, wie ich meine Arbeitszeiten gestalte oder wann ich Urlaub nehmen möchte. Das sind große Vorteile, gerade dann, wenn man eine Familie hat.
Was würden Sie jungen Medizinern raten, die über eine Niederlassung nachdenken?
Was sich bei mir bewährt hat, war der Austausch mit Kollegen, die bereits niedergelassen sind. So erfährt man natürlich viel mehr, als man in Kursen erlernen kann. Man muss sich ja mit so vielen Sachen auseinandersetzen, die einem am Anfang vielleicht gar nicht bewusst sind. Außerdem finde ich es ganz wichtig und auch hilfreich, wenn man Praktika oder Hospitationen im niedergelassenen Bereich absolviert hat.
Es gibt inzwischen auch Bestrebungen von Kliniken, die Facharztweiterbildung nicht nur an der Klinik zu absolvieren, sondern für einige Zeit in den ambulanten Bereich zu wechseln. Es ist sehr wichtig, dass die Zusammenarbeit nicht nur interdisziplinär, sondern auch zwischen klinischem und ambulantem Bereich gut funktioniert - allein schon zum Wohle des Patienten.
Letztendlich gilt aber: Mut zur Veränderung! Denn ich denke, jede Veränderung im Leben, auch beruflicher Natur, bringt einen Menschen immer persönlich ein Stück weiter. Und es ist nie zu spät, noch einmal etwas Neues anzufangen.
Dr. Weber, ganz herzlichen Dank für das Interview!
Kontaktadresse: Dr. med. Anja Weber, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Jakob-Urban-Straße 2a, 64521 Groß-Gerau, Deutschland
S. Karger Verlag für Medizin und Naturwissenschaften GmbH | Wie begutachte ich einen wissenschaftlichen Artikel?
Wer Artikel schreibt, zur Publikation einreicht und schließlich veröffentlicht, wird unweigerlich früher oder später von den Journals, in denen er selbst veröffentlicht, gefragt werden, ob er nicht seinerseits ein eingereichtes Paper begutachten kann. Diese Gutachtereinladungen erfolgen in der Regel per E-Mail. Die Gutachten müssen dann innerhalb eines onlinebasierten Einreichungssystems eingegeben werden, das einem meist durch eigene Einreichungen schon bekannt ist. Je nach Journal erfolgt die Begutachtung in einem einfach oder doppelt verblindeten Verfahren. Beim einfach verblindeten Verfahren hat der Gutachter Kenntnis, wer die Autoren der zu begutachtenden Studie sind, beim doppelt verblindeten Verfahren sind auch die Autoren anonymisiert. Sowohl bei dem einen wie auch bei dem anderen Vorgehen wissen aber die Autoren nicht, wer ihre Arbeit begutachtet. Selbstverständlich sind die Gutachter angehalten, Stillschweigen in Hinblick auf die eingereichte Arbeit gegenüber jedem zu wahren, der nicht in den Begutachtungsprozess involviert ist. Im Fall von Interessenskonflikten sollte die Begutachtung abgelehnt werden. Interessenskonflikte sind z.B.:
• eine Kollaboration mit den Autoren der eingereichten Studie,
• eine direkte Konkurrenzsituation in Hinblick auf die eigene Arbeit,
• eine andauernde Animosität mit den Autoren,
• eigene finanzielle Vorteile, die mit der Publikation des zu begutachtenden Artikels verbunden sind.
Weitere Gründe für eine Ablehnung sind die Unmöglichkeit, das Gutachten innerhalb der vorgegebenen Zeit fertig zu stellen, oder eine völlige Unkenntnis der behandelten Thematik. In solchen Fällen sollten Sie dem anfragenden Journal mitteilen, dass Sie das Gutachten nicht übernehmen können.
Bitte bedenken Sie bei einer solchen Ablehnung, dass die grundsätzliche Bereitschaft zur Begutachtung anderer Arbeiten eine tragende Säule des Peer-Review-Verfahrens ist, zu dem es aktuell - zumindest im medizinischen Bereich - keine vernünftige Alternative gibt. Durch die Absage einer Begutachtungsanfrage besteht die Gefahr, dass sich der Begutachtungsprozess einer Arbeit verlängert, und das würden Sie sich ja bei den eigenen Arbeiten auch nicht wünschen.
Wie verfasse ich ein Gutachten?
In der Regel gibt das jeweilige onlinebasierte Einreichungssystem schon eine Struktur vor. So setzt sich das Begutachtungsformular häufig aus einer Reihe von Multiple-Choice-Fragen und einem Kommentarfeld zusammen. Die Multiple-Choice-Fragen ermöglichen es dem zuständigen Associate Editor, schnell einen grundsätzlichen Eindruck von der generellen Einschätzung der Arbeit zu erhalten. Im Kommentarfeld werden Empfehlungen und Korrekturhinweise für die Überarbeitung des Artikels vermerkt, an denen sich der Autor bei der Revision seines Artikels orientieren kann. Grundsätzlich gibt es bei der Begutachtung - ebenso wie beim Schreiben eines Artikels - eine Reihe von Grundsätzen, die beachtet werden sollten. Ein hilfreiches Gutachten sollten folgende Fragen beantworten:
• Präsentiert die Arbeit neue Befunde?
• Ist die Arbeit von Bedeutung für Forscher und Kliniker in diesem Fachgebiet?
• Ist die Arbeit von Bedeutung für Forscher und Kliniker außerhalb des Fachgebiets?
• Sind Methoden und statistische Verfahren in angemessener Weise verwendet worden?
• Wurden sämtliche ethische Standards berücksichtigt?
• Sind die Schlussfolgerungen der Autoren evidenzbasiert?
• Enthält die Arbeit falsche Informationen oder sind wichtige Dinge nicht berücksichtigt?
• Ist die aktuelle Literatur angemessen zitiert?
• Ist die Arbeit gut geschrieben, klar und leicht zu verstehen?
• Wenn die Arbeit Tabellen oder Abbildungen enthält, helfen diese dem Leser oder sind sie überflüssig?
Was geschieht nach der Abgabe des Gutachtens?
Bei einem ordentlichen Peer-Review-Verfahren gibt es zu jeder Arbeit mindestens zwei Gutachten. Liegen die Gutachten vor, wird der zuständige Associate Editor auf der Basis der Gutachten um eine abschließende Entscheidung gebeten. Weichen die Gutachten stark voneinander ab, kann er entweder selbst ein weiteres Gutachten anfertigen oder um die Anfrage eines dritten Gutachters bitten. Im Anschluss wird der Autor über die Entscheidung informiert und erhält in diesem Zuge auch die anonymisierten Gutachten. Im Falle einer Überarbeitung wird der Autor gebeten, innerhalb eines definierten Zeitraums die revidierte Fassung seines Artikels zusammen mit einem detaillierten Antwortbrief zu den Gutachterkommentaren erneut einzureichen. Der zuständige Associate Editor prüft dann die Revision; gegebenenfalls kann er auch nochmals die Gutachter um ihre Meinung bitten. Viele Journals informieren die Gutachter nach Abschluss des Begutachtungsprozesses über die finale Entscheidung (Annahme/Ablehnung). Häufig werden den Gutachtern dabei die jeweils anderen Gutachten zu ihrer Information zur Verfügung gestellt.
Der Austausch von Informationen sowie die Koordination der Abläufe erfolgen über das Editorial Office des Verlags als neutrale Schnittstelle.
Kontaktadresse: Dr. Sven Riestenpatt, Projektmanagement & Editorial Office Transfusion Medicine and Hemotherapy / Obesity Facts, Karger Verlag GmbH S. Karger Verlag für Medizin und Naturwissenschaften GmbH, Wilhelmstraße 20a, 79098 Freiburg, Deutschland, [email protected]