Zusammenfassung
Hintergrund: Psoriasis ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die durch Plaques mit Entzündung, Infiltration, Hyper-/Parakeratosis und Desquamation gekennzeichnet ist. Mikroskopische Befunde aus früheren Studien belegen ein gewisses Maß an Atrophie der Talgdrüsen bei Patienten mit Psoriasis vulgaris und psoriatischer Alopezie. Ziel: Das Ziel dieser Studie war es, mögliche Veränderungen der Talgdrüsen bei Patienten mit Psoriasis-Plaques und insbesondere psoriatischer Alopezie zu untersuchen. Methoden: Es wurden Proben betroffener und nicht-betroffener Haut von 14 Patienten mit Psoriasis entnommen und im Anschluss histologisch und stereologisch analysiert. Die Stereologie dient der Erkennung und Quantifizierung dreidimensionaler Strukturen ex vivo. Darüber hinaus wurde der Differenzierungsprozess der Sebozyten bei weiteren 14 Psoriasis-Patienten mittels Immunhistochemie von beteiligten und unbeteiligten Hautproben untersucht. Ergebnisse: In den Psoriasis-Läsionen wurde im Vergleich zur nicht durch Psoriasis geschädigten Haut eine signifikante Reduktion der Anzahl der Talgdrüsen sowie des Volumens der einzelnen Talgdrüsen festgestellt. Darüber hinaus erschien es als wahrscheinlich, dass Sebozyten in psoriatischen Läsionen sich nicht ordnungsgemäß differenzieren. Schlussfolgerung: Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Talgdrüsen möglicherweise eine aktive Rolle in der Entwicklung von Psoriasis-Läsionen und insbesondere der Entstehung von psoriatischer Alopezie spielen.
Transfer in die Praxis von Dr. Sandra Philipp (Berlin)
Hintergrund
In der Sprechstunde begegnen uns nicht selten Patienten, die an einer Psoriasis leiden und über Haarausfall klagen (Abb. 1). Interessanterweise wird diesem Thema in der wissenschaftlichen Literatur aber nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei hat Shuster schon 1972 [1 ]von einer psoriatischen Alopezie berichtet. Sie kann dabei sowohl den behaarten Kopf als auch den Körper betreffen. Im Bereich des Kopfes ist meist die läsionale Haut betroffen, aber auch ein generalisiertes telogenes Effluvium ist beschrieben worden. In seltenen Fällen wurde auch von einer vernarbenden Alopezie im Rahmen einer Psoriasis berichtet [2,3]. Zusätzlich besitzen Patienten mit Psoriasis ein höheres Risiko, an einer Alopezia areata (AA) zu erkranken [2]. Interessant ist, dass unter Therapie mit TNF-Inhibitoren paradoxe Reaktionen in Form einer psoriatischen Alopezie auftreten können [4]. Aus Untersuchungen zur AA ist gut bekannt, dass Haarverlust zu einer deutlichen Minderung der Lebensqualität führt [5].
a Psoriasis capitis mit diskretem Haarverlust läsional. b Psoriasis capitis und Alopezia areata.
a Psoriasis capitis mit diskretem Haarverlust läsional. b Psoriasis capitis und Alopezia areata.
Ursachen der psoriatischen Alopezie
Bereits 1989 hatten Headington et al. [6] beobachtet, dass es bei Psoriasis capitis (ohne Alopezie) zu einer Atrophie der Talgdrüsen und einer Verminderung des Haarschaft-Durchmessers kommt. Wilson hat das 1994 auch in Psoriasis-Läsionen am Körper festgestellt [7]. Histologische Veränderungen einer psoriatischen Alopezie beinhalten, neben den typischen Charakteristika der Psoriasis im interfollikulären Epithel (Hyper- und Parakeratose, Hypogranulose), ein perifollikuläres lymphozytäres Infiltrat, Atrophie oder Verlust der Talgdrüsen sowie eine Erhöhung an Telogen-Haaren [2].
Studienergebnisse
In der vorliegenden Arbeit wurden die Veränderungen der Talgdrüsen bei Patienten mit Plaque-Psoriasis und speziell psoriatischer Alopezie untersucht. Bei 14 Patienten wurden Biopsien aus betroffener und nicht-betroffener Haut entnommen (7 × Kopf und 7 × Rücken) und diese histologisch sowie stereologisch untersucht. Mit letzterer Methode kann man 3-dimensionale Strukturen ex vivo darstellen. Zusätzlich wurde bei 14 Patienten der Differenzierungsprozess der Talgdrüsenzellen immunhistochemisch beurteilt.
Die stereologischen Untersuchungen zeigten in der läsionalen Haut eine deutlich verdickte Epidermis sowie ein vermindertes Volumen der Talgdrüsen gegenüber der nicht-läsionalen Haut mit einer deutlichen inversen Korrelation. Dies lässt eine positive Korrelation zwischen der Aktivität der Erkrankung und der Atrophie der Talgdrüsen vermuten, d.h. je aktiver die Erkrankung, desto stärker die Atrophie. Die untersuchten Talgdrüsen-Differenzierungsmarker (Zytokeratin 7, epithelial membrane antigen, epithelial sialomucin) zeigten bei einzelnen Patienten Unterschiede zwischen läsionaler und nicht-läsionaler Haut mit einer Tendenz zu einer geringeren Differenzierung der Sebozyten in läsionaler Haut (vergleichbar zu den Keratinozyten).
Fazit für die Praxis
Die Ergebnisse könnten darauf hindeuten, dass die Talgdrüsen eine aktive Rolle bei der Entstehung einer psoriatischen Alopezie spielen. Rittié L et al. [8] untersuchten Biopsien von Psoriasis-Patienten mit Transkriptomanalyse. Aufgrund ihrer Ergebnisse vermuten sie, dass die psoriatische Inflammation (unter anderem mit IL-17) in einer ausgeprägten Atrophie der Talgdrüsen mündet. Der Funktionsverlust der Talgdrüsen könnte zu einer defekten Separation der inneren Wurzelscheide vom Haarschaft mit folgendem Verlust der sichtbaren Haare führen.
Die psoriatische Alopezie ist nicht so selten und beeinträchtig die Patienten zum Teil deutlich. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass die psoriatische Alopezie nicht wie bisher angenommen auf rein mechanischen Ursachen beruht, sondern wahrscheinlicher sekundär durch Inflammation mit folgender Störung der Talgdrüsenfunktion.
Disclosure Statement
Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenskonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.