Zusammenfassung
Das Melanom ist eine häufige Form von Hautkrebs mit hoher Tendenz zur Metastasenbildung. Tyrosinkinase-Inhibitoren, die zielgerichtet in den MAPK (mitogen-activated protein kinase)-Signaltransduktionsweg eingreifen, sowie die Immun-Checkpoint-Blockade haben in jüngster Zeit die Behandlung des nicht-resezierbaren und des metastasierten Melanoms revolutioniert. Doch erworbene Resistenzen und primäres Nichtansprechen auf diese Therapien machen neuartige Behandlungsstrategien und Kombinationsansätze erforderlich. Das Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, einen kurzen und aktuellen Überblick über das klinische Management des Melanoms und die gegenwärtige Studiensituation zu geben. Die Arbeit enthält Zusammenfassungen der relevantesten Studien zu BRAF- und MEK-Inhibitoren sowie zu Antikörpern gegen CTLA-4 (T-lymphocyte-associated protein 4) und PD-1 (programmed cell death protein 1). Während die meisten Wirkstoffe schon in Monotherapie eine gute antitumorale Wirksamkeit zeigen, sind durch Kombinationstherapien mit zugelassenen und in der Entwicklung befindlichen Wirkstoffen weitere Verbesserungen erzielt worden. Wir besprechen hier laufende Studien und evaluieren Ansätze, die künftig eine noch höhere Wirksamkeit bei geringerer Toxizität gewährleisten könnten. Übersetzung aus Oncol Res Treat 2016;39:635-642 (DOI:10.1159/000448904)
Einleitung
Die Therapie des fortgeschrittenen Melanoms ist in den letzten Jahren durch die Einführung einer Reihe neuartiger lokaler und systemischer Behandlungsansätze revolutioniert worden. Insbesondere die zielgerichtete, auf dem BRAF-Mutationsstatus basierende Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren sowie die Immuntherapie mit Ipilimumab oder Inhibitoren von PD-1 (programmed cell death protein 1) sind heute die tragenden Säulen einer modernen und wirksamen Behandlung (Abb. 1; Abb. 2). Sie sind in der klinischen Praxis an die Stelle der Chemotherapie mit Dacarbazin und anderen Zytostatika getreten. Es ist gut vorstellbar, dass wei- tere Verbesserungen durch Kombinationen der verfügbaren Therapien zu erreichen sind. In diesem Übersichtsartikel fassen wir die aktuelle Studienlage und den State of the Art der systemischen Therapie beim fortgeschrittenen Melanom zusammen.
Zielgerichtete Therapie mit Kinase-Inhibitoren (BRAF- und MEK-Inhibitoren)
Bei Vorliegen von aktivierenden Mutationen des Onkogens BRAF wie Val600Glu (V600E) oder Val600Lys (V600K) ist eine zielgerichtete Therapie mit Tyrosinkinase-inhibierenden Substanzen als Erst- oder Zweitlinienbehandlung in Betracht zu ziehen. Mehrere Phase-III-Studien haben sehr eindrucksvolle Belege dafür geliefert, dass eine sofortige Kombinationstherapie aus Inhibitoren gegen BRAF (BRAFi) und MEK (MEKi) einer BRAFi-Monotherapie überlegen ist (Tab. 1).
Dabrafenib und Trametinib
In der doppelblinden, randomisierten Phase-III-Studie COMBI-d wurden Dabrafenib und Trametinib mit Dabrafenib allein vergleichen. In einer primären Analyse nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 9 Monaten war die Kombinationstherapie der Monotherapie überlegen; die progressionsfreie Überlebenszeit (PFS) betrug 9,3 vs. 8,8 Monate und die Hazard Ratio (HR) für Progression oder Tod des Patienten 0,75 (95-%-Konfidenzintervall (-KI) 0,57-0,99). Die objektive Ansprechrate (ORR; objective response rate) lag bei 67% in der Kombinations- und 51% in der Monotherapiekohorte [1]. Ein abschließender Bericht zum Gesamtüberleben (OS; overall survival) wurde erstellt, als 70% der Intent-to-treat-Population verstorben waren [2]. Das mediane OS betrug 25,1 Monate in der mit Dabrafenib plus Trametinib behandelten Gruppe, verglichen mit 18,7 Monaten in der mit Dabrafenib allein behandelten Gruppe (HR 0,71; 95-%-KI 0,55-0,92). In der Kombinationstherapiegrupppe überlebten 74% bzw. 51% der Patienten das erste bzw. zweite Jahr der Nachbeobachtung. Das PFS im Kombinationstherapiearm stieg weiter auf 11,0 Monate (HR 0,67; 95-%-KI 0,53-0,84). Die Ansprechraten betrugen 69% bzw. 53% [2]. Zusätzlich zu objektiven klinischen Benefits wie langsamerer Progression oder längerem OS zeigten die Patienten unter der Kombinationstherapie eine bessere gesundheitsbezogene Lebensqualität. Bei einigen Kategorien der Fragebögen, z.B. Übelkeit und Erbrechen oder Durchfall, war allerdings eine Tendenz zugunsten von Dabrafenib allein zu verzeichnen [3]. Eine kürzlich vorgelegte 3-Jahres-Analyse (mit Datenerhebungs-Stichtag am 15. Februar 2016) ergab ein PFS von 22% (Dabrafenib plus Trametinib) versus 12% (Dabrafenib allein) und ein OS von 44% versus 32%. Den besten Verlauf hatten Patienten mit normalen Serum-LDH-Werten (Laktatdehydrogenase) und weniger als 3 betroffenen Organsystemen zu Studienbeginn [4]. Diese Daten belegen die bisher längste Nachbeobachtung des OS bei Patienten, die im Rahmen einer Phase-III-Studie mit BRAFi und MEKi behandelt wurden.
In der unverblindeten, randomisierten Phase-III-Studie COMBI-v wurden Dabrafenib plus Trametinib mit Vemurafenib als Erstlinientherapie bei 704 Patienten mit metastasiertem Melanom mit dem OS als primärem Endpunkt verglichen [5]. Die Studie wurde angesichts der Wirksamkeit laut einer positiven Zwischenanalyse vorzeitig beendet. Das mediane OS betrug in der mit Vemurafenib allein behandelten Gruppe 17,2 Monate; in der Kombinationstherapiegruppe wurde der Endpunkt nicht erreicht. Der Überlebensvorteil zeigte sich in allen spezifizierten Subgruppen außer in der von Patienten mit einem ECOG-Score (Eastern Cooperative Oncology Group) von 1 zu Studienbeginn. Das mediane PFS betrug 11,4 versus 7,3 Monate (HR 0,56; 95-%-KI 0,46-0,69), die jeweils beste Gesamtansprechrate 64% bzw. 51% [5]. Analog zu COMBI-d belegen die Ergebnisse zum allgemeinen Gesundheitszustand und zu den meisten Funktions- und Krankheitssymptomen signifikante Vorteile der Kombinationstherapie und unterstreichen so zusätzlich, dass die Kombinationsbehandlung mit BRAFi und MEKi von Anfang an den Therapiestandard für Patienten mit aktivierenden BRAFV600-Mutationen darstellt [6].
Vemurafenib und Cobimetinib
Die Kombination von Vemurafenib und Cobimetinib erhielt die Zulassung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) im Dezember 2015 auf der Grundlage von Ergebnissen der Zulassungsstudie coBRIM. Patienten, die zuvor noch nicht wegen nicht-resezierbarem oder metastasiertem Melanom behandelt worden waren, erhielten nun Vemurafenib plus Cobimetinib oder Vemurafenib plus Placebo; der primäre Endpunkt war das PFS laut Urteil des Prüfarztes [7]. Die Rate der Voll- und Teilremissionen betrug 68% unter der Kombinationstherapie und 45% in der Kontrollgruppe. Nach 9 Monaten Nachbeobachtung lagen die Überlebensraten bei 81% bzw. 73%. Das mediane PFS betrug 9,9 Monate in der Kombinationstherapiegruppe und 6,2 Monate unter Vemurafenib-Monotherapie [7]. Nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 14,2 Monaten stieg das PFS weiter auf 12,3 bzw. 7,2 Monate. Unter Vemurafenib plus Cobimetinib war die ORR mit 70% höher als unter Vemurafenib plus Placebo mit 50%. Hierbei ist hervorzuheben, dass im Kombinationstherapiearm 16% der Patienten eine Vollremission zeigten. Die Dauer des Ansprechens betrug 13,0 bzw. 9,2 Monate. Die behandlungsassoziierten Benefits lagen durchgängig in allen ausgewerteten Patientenuntergruppen vor, einschließlich der Patienten mit BRAFV600E- und BRAFV600K-Mutationen [8]. Kürzlich wurden aktualisierte Überlebensdaten zur coBRIM-Studie nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 18,5 Monaten vorgelegt. Nach einem Jahr waren 75% der mit der Kombinationstherapie behandelten Patienten am Leben. Die 2-Jahres-Überlebensrate betrug noch 48%. Das mediane OS belief sich auf 22,3 Monate unter der Kombinationstherapie, verglichen mit 17,4 Monaten unter Vemurafenib allein (HR 0,70; 95-%-KI 0,55-0,90). Auch bei Patienten mit erhöhtem LDH-Wert und ungünstiger Prognose war die Überlebenszeit signifikant besser. Andererseits wurde im Hinblick auf die Expression anderer molekularer Tumormerkmale, wie z.B. des Proliferationsmarkers Ki-67 oder des Tumorsuppressors PTEN, kein Unterschied in der Überlebensrate festgestellt.
Ähnliche Ergebnisse wurden auch aus der BRIM7-Studie nach längerer Nachbeobachtung berichtet. BRIM7 war ursprünglich als Dosiseskalationsstudie der Phase Ib ausgelegt, die die Grundlage für die Entwicklung des Kombinationstherapieschemas mit Vemurafenib und Cobimetinib bildete [9]. In die Studie wurden Patienten eingeschlossen, die entweder unter Vemurafenib eine Progression hatten oder BRAFi-naiv waren. In der letzteren Gruppe konnte mit 87% eine beträchtliche Ansprechrate bestätigt werden; weitere 4 Patienten erreichten in den Zyklen 16-25 ein vollständiges Ansprechen. Das mediane PFS war nach 13,8 Monaten unverändert, das mediane OS wurde nach 28,5 Monaten erreicht. Nach zweijähriger Nachbeobachtung waren 61% der Patienten, die mit Vemurafenib plus Cobimetinib behandelt wurden, noch am Leben [10].
Binimetinib (MEK162)
Aktivierende Mutationen des Onkogens NRAS liegen bei etwa 20% der Melanompatienten vor. In einigen Studien ist der NRAS-Mutationsstatus als unabhängiger Prädiktor für kurzes Überleben bei Erkrankung im Stadium IV diskutiert worden [11]. Patienten mit NRAS-Mutationen haben demnach ein erhöhtes Progressionsrisiko und stellen eine Population mit ungedecktem klinischem Bedarf dar, insbesondere nach Versagen einer Immun-Checkpoint-Blockade. Präklinische Studien haben ergeben, dass NRAS-mutierte Melanomzellen sensitiv für MEK-Inhibition waren [12,13]. Binimetinib (MEK162), ein oral einzunehmender Inhibitor von MEK1 und MEK2, war die erste zielgerichtete Therapie, die in einer Phase-II-Studie antitumorale Aktivität bei Patienten mit NRAS-mutiertem Melanom zeigte [14]. Dies war die Rationale für die NEMO-Studie, in der Binimetinib in der Phase III beim NRASQ61-mutierten Melanom geprüft wurde. Die Patienten wurden im Verhältnis 2:1 auf entweder Binimetinib oder Dacarbazin randomisiert. Binimetinib bewirkte eine signifikante Verbesserung des PFS gegenüber Dacarbazin mit einem Median des PFS von 2,8 versus 1,5 Monaten (HR 0,62; 95-%-KI 0,47-0,80). Die Ansprechraten in der Intent-to-treat-Population betrugen 15% bzw. 7%. Das mediane OS wurde nicht signifikant verbessert, es lag bei 11,0 Monaten [4].
Sicherheit und Verträglichkeit
In der coBRIM-Studie war zwar die Inzidenz von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen unter Kombinationstherapie geringfügig erhöht, doch andere Studien und die klinische Praxis bescheinigen beiden Kombinationen gute Sicherheit und Verträglichkeit. Kutane Nebenwirkungen wie z.B. die Entwicklung von palmoplantaren Hyperkeratosen, Plattenepithelkarzinom oder Haarausfall, die unter BRAFi-Monotherapie häufig auftreten, kommen unter der Kombination aufgrund der gleichzeitigen MEK-Inhibition weniger häufig vor [2,5]. Allerdings treten Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö unter den Kombinationsschemata häufiger auf. Eine der häufigsten Nebenwirkungen von Dabrafenib plus Trametinib ist Pyrexie, die in mehr als 50% aller Fälle zu beobachten war [1,5]. Auf der anderen Seite trat unter Vemurafenib plus Cobimetinib in 20% der Fälle Photosensitivität auf [7]. Darüber hinaus besteht eine wichtige Wirkung der MEKi in der Reduktion der linksventrikulären Auswurffraktion bis hin zur klinisch manifesten Herzinsuffizienz sowie der Entwicklung einer serösen zentralen Retinopathie. Regelmäßige Herzuntersuchungen mittels Elektrokardiographie und transthorakaler Echokardiographie sollten alle 3 Monate erfolgen, ebenso eine Untersuchung der Netzhaut mittels optischer Kohärenztomographie vor Behandlungsbeginn.
Immun-Checkpoint-Blockade
Ipilimumab-Monotherapie
Der Antikörper Ipilimumab, der gegen CTLA-4 (cytotoxic T-lymphocyte-associated protein 4) gerichtet ist, wird im Gegensatz zu den kontinuierlich anzuwendenen PD-1-Inhibitoren als intravenöse Therapie in 4 Zyklen in Intervallen von 3 Wochen verabreicht. Gepoolte Daten aus mehreren Studien der Phase II und III, die kürzlich zusammengetragen und analysiert wurden, belegen eine mediane Überlebenszeit von 11,4 Monaten für die Ipilimumab-Monotherapie [[15]. Bemerkenswert ist hierbei, dass die Überlebenskurven nach 3 Jahren ein Plateau erreichen und sogar 10 Jahre nach der Behandlung weiter stabil zu sein scheinen. Den bisher veröffentlichten Studien nach zu urteilen sind die Ansprechraten auf Ipilimumab als Monotherapie niedriger als bei PD-1-Inhibitoren und die Rate unerwünschter Ereignisse ist vermutlich höher. Ereignisse wie Autoimmun-Colitis und Hypophysitis können eine stationäre Behandlung erforderlich machen und zu irreversiblem Hormondefizit führen. Somit ist die Zukunft von Ipilimumab als Monotherapie beim Melanom trotz der nachgewiesenen Langzeitwirksamkeit und der geringeren Verabreichungshäufigkeit ungewiss.
Pembrolizumab-Monotherapie
Pembrolizumab wird alle 3 Wochen intravenös in einer Dosierung von 2 mg/kg Körpergewicht verabreicht und kann kontinuierlich über einen Zeitraum von mindestens 1-2 Jahren angewandt werden, wenn das Ansprechen gut ist und die Behandlung gut vertragen wird. Die optimale Behandlungsdauer ist bisher jedoch nicht ermittelt worden [16]. Der Wirkstoff wurde erstmals in der großen Phase I KEYNOTE-001 Studie ausgewertet. Nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 18 Monaten betrug die Ansprechrate 34% und das mediane OS 25,9 Monate. Die Remissionen waren stabil und hatten bei 81% der Patienten Bestand, was auf eine hohe antitumorale Wirksamkeit in den frühen Stadien der Arzneimittelentwicklung hindeutet [17]. Die Studie KEYNOTE-002 widmete sich dem Vergleich von 2 Dosierungsschemata von Pembrolizumab mit einer Chemotherapie nach Wahl des Prüfarztes (ICC; investigator-choice chemotherapy) bei Patienten, die gegen Ipilimumab oder eine frühere BRAFi-Therapie refraktär waren. Pembrolizumab war in beiden Dosierungen - 2 mg/kg und 10 mg/kg Körpergewicht - gegenüber der ICC deutlich überlegen, was das PFS und die Verträglichkeit anging; dies bildete die Grundlage für eine beschleunigte Zulassung zur Behandlung des fortgeschrittenen Melanoms [18]. Schließlich wurde Pembrolizumab noch in der Phase III-Studie KEYNOTE-006 mit Ipilimumab verglichen. Es wurde in 2 getrennten Kohorten alle 2 bzw. 3 Wochen in der Dosierung 10 mg/kg Körpergewicht verabreicht. Die Wirksamkeit war in beiden Gruppen vergleichbar und signifikant höher als die von Ipilimumab; das geschätzte 6-Monats-PFS betrug 46-47% im Vergleich zu 27% (HR 0,58; 95-%-KI 0,46-0,72). Die Ansprechraten betrugen 34% (2-Wochen-Zyklus) bzw. 33% (3-Wochen-Zyklus) im Vergleich zu 12% unter Ipilimumab-Monotherapie [19]. Was die Sicherheit anging, wurde Pembrolizumab besser vertragen als Chemotherapie (laut KEYNOTE-002) und Ipilimumab (laut KEYNOTE-006). Bei 3-7% der Patienten wurde die Behandlung aufgrund schwerwiegender, therapieassoziierter unerwünschter Ereignisse abgebrochen. Die häufigsten Ereignisse, die bei Pembrolizumab beobachtet wurden, waren Fatigue, Diarrhö, Exanthem und Pruritus. Die häufigsten immunologischen Nebenwirkungen waren Hyper- und Hypothyreose, Colitis, Hepatitis, Hypophysitis und Pneumonitis, wobei praktisch jedes Organsystem betroffen sein kann [19,20,21].
Nivolumab-Monotherapie
Nivolumab wird alle 2 Wochen intravenös in einer Dosierung von 3 mg/kg Körpergewicht verabreicht. In der Phase-III-Studie CheckMate 037 wurde Nivolumab im Vergleich zu ICC in der zweiten oder einer späteren Therapielinie bei Patienten untersucht, die gegen Ipilimumab oder BRAFi refraktär waren. Bestätigtes objektives Antworten wurde bei 31,7% bzw. 10,6% der Patienten beobachtet [22]. Zusätzlich untermauert wurden diese Ergebnisse bei bis dahin unbehandelten Patienten ohne BRAF-Mutation in der Studie CheckMate 066, in der Nivolumab mit Dacarbazin als Erstlinientherapie verglichen wurde. Die Patienten im Nivolumab-Arm hatten eine Ansprechrate von 40,0%, im Dacarbazin-Arm waren es 13,9%. Das mittlere PFS betrug 5,1 bzw. 2,2 Monate (HR 0,43; 95-%-KI 0,34-0,56). Nach einjähriger Nachbeobachtung betrugen die Überlebensraten 73% bzw. 42% (HR 0,42; 99,8-%-KI 0,25-0,73). Dieser Überlebensvorteil bestand in allen vorab definierten Untergruppen, einschließlich jener, die durch die Expression von PD-L1 (programmed death ligand 1) definiert war. Dies deutet darauf hin, dass die Wirksamkeit von Nivolumab vom Grad der PD-L1-Expression unabhängig ist [23]. Hierzu wurden kürzlich aktualisierte Daten nach einer Beobachtungsdauer von 18,5 Monaten ab Therapieende vorgelegt. Zu diesem Zeitpunkt war eine mediane OS-Rate in der Nivolumab-Kohorte noch nicht erreicht, unter Dacarbazin hingegen waren es 11,2 Monate (HR 0,43; 95-%-KI 0,33-0,57). Das mediane PFS verbesserte sich unter Nivolumab weiter auf 5,4 Monate, unter Chemotherapie blieb es bei 2,2 Monaten (HR 0,42; 95-%-KI 0,32-0,53). Die objektiven Ansprechraten betrugen 42,9% bzw. 14,4%. Das 2-Jahres-OS der Patienten, die Nivolumab erhielten, betrug 68,3%, wenn sie ≥5% PD-L1-Expression hatten, und 54,2% bei <5% PD-L1-Expression. Behandlungsassoziierte schwere Nebenwirkungen traten bei 10-13% der Patienten auf und umfassten Fatigue, Pruritus, Übelkeit, Diarrhö und Exanthem. Häufige Anomalien von Laborwerten unter Nivolumab sind erhöhte Serumwerte für Lipase und Alanin-Aminotransferase [23].
Ipilimumab plus Nivolumab
Mehrere Studien haben gezeigt, dass eine primäre kombinierte CTLA-4- und PD-1/PD-L1-Blockade wirksamer ist als die jeweiligen Monotherapien (Tab. 2). Hohe Ansprechraten und verbessertes PFS und OS waren bereits in 2 Frühphase-Studien zu Ipilimumab und Nivolumab zu beobachten [24,25]. Die zentrale zulassungsrelevante Studie für diese Arzneimittelkombination war allerdings die 3-armige Phase-III-Studie CheckMate 067, in der 945 therapienaive Patienten mit nicht-resezierbarer oder metastasierter Erkrankung nach Randomisierung im Verhältnis 1:1:1 Nivolumab plus Ipilimumab, Nivolumab allein oder Ipilimumab allein erhielten; PFS und OS waren hierbei koprimäre Endpunkte [26]. Daten zum erstgenannten Parameter wurden bereits veröffentlicht und ergeben Ansprechraten von 58% für die Kombinationstherapie, 44% für Nivolumab allein und 19% für Ipilimumab allein. Das mediane PFS betrug 11,5, 6,9 bzw. 2,9 Monate. Der klinische Nutzen der Kombination war am ausgeprägtesten bei Patienten mit PD-L1-negativen Tumoren. Begleitet wurde die hohe antitumorale Wirksamkeit allerdings von einer hohen Rate schwerer, immunvermittelter Nebenwirkungen. In der Kombinationstherapiekohorte trat bei praktisch allen Patienten mindestens eine Nebenwirkung auf; bei 57% mit dem Schweregrad 3 oder 4. Bei 39% aller Patienten musste die Kombinationstherapie aufgrund von Nebenwirkungen wie Diarrhö mit Colitis oder Hepatitis mit erhöhten Leberwerten beendet werden. Allerdings gab es keinen therapieassoziierten Todesfall im Kombinationstherapiearm der Studie, und 85-100% der schweren Nebenwirkungen wurden mit adäquaten therapeutischen Maßnahmen erfolgreich behandelt und klangen vollständig ab [26].
Kürzlich wurde eine Post-hoc-Analyse zu Patienten vorgelegt, bei denen eine Behandlung mit Ipilimumab und Nivolumab in der Phase II-Studie CheckMate 069 wegen schwerer unerwünschter Ereignisse abgesetzt wurde [27]. Nach einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 2 Jahren waren medianes PFS und OS bei den Patienten, die auf Ipilimumab und Nivolumab randomisiert worden waren, sowie den Patienten, bei denen die Behandlung abgesetzt wurde, noch nicht erreicht. Somit scheinen die Behandlungseffekte dieser Kombination langlebig zu sein und selbst den Patienten klinischen Nutzen zu bringen, bei denen die Therapie frühzeitig abgebrochen werden muss [27].
Ipilimumab plus Pembrolizumab
Die Kombination aus Ipilimumab und Pembrolizumab wurde in der Phase-I/II-Studie KEYNOTE-029 beim Melanom und Nierenzellkarzinom untersucht. Pembrolizumab wurde alle 3 Wochen in einer Dosierung von 2 mg/kg Körpergewicht verabreicht, dazu kamen 4 Zyklen Ipilimumab in einer Dosierung von 1 mg/kg Körpergewicht. Aktuelle Daten nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 10 Monaten deuten darauf hin, dass die Kombination verträglich war, da 72% der Patienten alle 4 Dosen von Ipilimumab erhielten und keine therapieassoziierten Todesfälle eintraten. Schwere, immunvermittelte Nebenwirkungen wurden bei 25% der Patienten beobachtet. Die beste Gesamtansprechrate betrug 57%. Phase-III-Studiendaten zu Pembrolizumab und Ipilimumab liegen bisher jedoch nicht vor [28].
Dreifach-Kombinationstherapie
Tyrosinkinase-Inhibitoren mit Immun-Checkpoint-Blockade zu kombinieren, könnte zusätzliche Synergien freisetzen. Die Dreifachkombination aus BRAFi, MEKi und Anti-PD-1 hat in präklinischen Studien eine hohe antitumorale Wirksamkeit gezeigt. In der Phase-I/II-Studie KEYNOTE-022 wird die Kombination aus Dabrafenib, Trametinib und Pembrolizumab beim BRAFV600-mutierten Melanom untersucht [29]. Der Dosisfindungsteil der Studie ergab ein beherrschbares Toxizitätsprofil in den zugelassenen Dosen der Einzelwirkstoffe (Dabrafenib 150 mg 2 × täglich, Trametinib 2 mg täglich, Pembrolizumab 2 mg/kg alle 3 Wochen). Bei 12 von 13 Patienten (92,3%) war eine Verkleinerung der Zielläsionen im Vergleich zu Studienbeginn zu verzeichnen. In Phase II der Studie werden derzeit die Sicherheit und Wirksamkeit dieser Dreifachkombination weitergehend untersucht und mit Dabrafenib plus Trametinib und Placebo verglichen [29].
Schlussfolgerung
Patienten mit einer BRAFV600-Mutation sollten von Anfang an BRAFi und MEKi als Erst- oder Zweitlinientherapie erhalten. Derzeit sind 2 Kombinationstherapieschemata von der EMA zugelassen: Dabrafenib plus Trametinib und Vemurafenib plus Cobimetinib. Sie haben eine ähnliche antitumorale Wirksamkeit, aber klar unterscheidbare Nebenwirkungsprofile. Bei Patienten mit positivem BRAF-Mutationsstatus ist die ideale Abfolge zielgerichteter Therapien mit Kinase-Inhibitoren und Immun-Checkpoint-Blockade bisher ungeklärt und richtet sich nach dem klinischen Verlauf und den individuellen Patientenmerkmalen.
Pembrolizumab und Nivolumab zeigen im Vergleich zu Ipilimumab höhere Ansprechraten und weniger schwere immunologische Nebenwirkungen. Allerdings ist die optimale Behandlungsdauer für diese Wirkstoffe noch nicht ermittelt, und es fehlt an Langzeitdaten. Eine hohe Wirksamkeit wurde kürzlich mit kombinierter Blockade von CTLA-4 und PD-1 erzielt, wobei jedoch bei mehr als der Hälfte aller behandelten Patienten ein unerwünschtes Ereignis vom Schweregrad 3 oder 4 auftrat. Jedoch gab es keine therapieassoziierten Todesfälle, und die Nebenwirkungen konnten durch engmaschige klinische Überwachung und frühzeitige Immunsuppression adäquat bewältigt werden.
Disclosure Statement
M.V.H., C.H., S.A.G. und T.R. erklären, dass keine Interessenkonflikte bestehen. J.K.T. hat von BMS Reisekostenzuschüsse und von MSD, BMS, Roche und Novartis Vortragshonorare erhalten. C.B. hat von Amgen, AstraZeneca, BMS, GSK, MSD, Novartis, Pierre Fabre und Roche Vortrags- und/oder Beratungshonorare erhalten.