Abstract
Hintergrund: In der Behandlung des kutanen Lupus erythematodes (CLE) sind verschiedene Therapieoptionen diskutiert worden; eine davon ist Dapson. Diesem Wirkstoff wurde jedoch bisher kein hoher Stellenwert eingeräumt. Ziel: Herausfinden, ob Dapson eine wirksame und sichere alternative Therapieoption bei LE darstellt. Methoden: Sichtung der Literatur und retrospektive Analyse von 34 Patienten mit CLE, die mit Dapson in Monotherapie oder in Kombination mit Anti-Malaria-Mitteln behandelt wurden. Wir beurteilten den Krankheitsverlauf unter der Behandlung, das Ansprechen darauf, begleitende Behandlungsmaßnahmen und Nebenwirkungen. Ergebnisse: Sechs Patienten erreichten eine Remission,14 Patienten eine Verbesserung, und bei 6 Patienten blieb die Krankheit über den Beobachtungszeitraum hinweg stabil. Bei 9 Patienten wurde das Dapson abgesetzt: bei 4 Patienten aufgrund reversibler Nebenwirkungen und bei 5 wegen mangelnder Wirksamkeit. Schlussfolgerung: Unsere Daten bestätigen, dass Dapson allein oder in Kombination mit Anti-Malaria-Mitteln bei mehr als 50% der Patienten mit CLE wirksam ist und als Zweitlinientherapie bei CLE eingesetzt werden könnte. Übersetzung aus Dermatology 2016;232:91-96 (DOI:10.1159/000441054)
Experten-Kommentar
Transfer in die Praxis
Dapson ist ein «Oldie» unter den Systemtherapien und verfügt über eine antibiotische und antientzündliche Wirkung. Die Substanz wurde erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts synthetisiert und wird seitdem alleine oder vor allem in Kombination bei diversen Infektionskrankheiten (z.B. Lepra, Malaria u.a.) eingesetzt.
Wie in der Arbeit angesprochen, wirkt Dapson auch bei einer Reihe von chronisch-entzündlichen Dermatosen, vorzugsweise wenn neutrophile Granulozyten eine zentrale Rolle einnehmen. Bekannt ist der Einsatz wohl vor allem bei Morbus Duhring und anderen bullösen Dermatosen. Der Einsatz bei Lupus erythematodes (LE) ist deutlich weniger geläufig und üblich, obwohl dieser in den aktuellen Leitlinien zur Therapie des LE aufgeführt ist.
Beim Einsatz der Substanz gilt es, einige Besonderheiten zu beachten. Am bekanntesten ist die (fast) obligatorisch auftretende Methämoglobinämie. Diese führt aber nur in seltenen Fällen zu einem Therapieabbruch. Ausnahme: Patienten mit einem genetisch bedingten Mangel an Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD) dürfen nicht mit Dapson behandelt werden, da dies zu bedrohlichen Met-Hb-Spiegeln führen kann.
Ebenfalls genetisch assoziiert ist das Risiko für das potenziell letal verlaufende Dapson-Hypersensibilitätssyndrom. Das Syndrom mit Fieber, Exanthem und Beteiligung von Leber oder anderen Organen wird gehäuft in Asien beobachtet. Patienten mit bestimmten Genotypen sollten demnach nicht mit Dapson therapiert werden.
In der hier vorgestellten Arbeit konnte bei einer Vielzahl der Patienten mit diversen LE-Subtypen ein gutes klinisches Ansprechen auf Dapson als Mono- oder Kombinationstherapie beobachtet werden. Die Verträglichkeit war insgesamt gut, wobei in einigen Fällen die Therapie wegen Dapson-assoziierter unerwünschter Wirkungen beendet werden musste.
In den USA ist seit mehr als 2 Jahren eine topische Dapson-Formulierung zur Therapie der Akne vulgaris zugelassen. Die klinische Wirksamkeit bei Akne vulgaris ist bei weiblichen Patienten höher als bei männlichen. Aufgrund der geringen Resorptionsrate stellt die Met-Hb-Bildung bei umschriebener Anwendung kein Problem dar. Die Zulassung in Europa steht noch aus. Der topische Einsatz von Dapson ist auch bei anderen chronisch-entzündlichen Dermatosen inklusive kutanem LE oder blasenbildenden Autoimmundermatosen denkbar. Bislang liegen aber noch keine kontrollierten Studien hierzu vor.
Fazit
Dapson gehört fest zum dermatologischen Armamentarium. Ich persönlich habe Dapson bisher bei blasenbildenden Autoimmundermatosen eingesetzt, jedoch noch nicht bei LE. Inspiriert und bestärkt durch diese Arbeit werde ich diese Therapieoption aber zukünftig eher in Erwägung ziehen. Um einen sicheren Umgang mit der Substanz zu gewährleisten, ist jedoch ein fundiertes Wissen über potenzielle unerwünschte Wirkungen und ein gutes Monitoring erforderlich.