Abstract
Hintergrund: Die Exposition gegenüber solarer ultravioletter (UV-)Strahlung ist ein bekannter und teils kontrollierbarer Risikofaktor für die Entstehung von Hautkrebs. Ziel: Untersuchung der UV-Lichtexposition und des Schutzverhaltens der Allgemeinbevölkerung. Methoden: Befragung durch strukturierte Interviews. Ergebnisse: Wir rekrutierten eine zufällig ausgewählte Stichprobe von 865 Freiwilligen aus der Kohorte der EDEN (European Dermato-Epidemiology Network) Fragrance Study. Der individuelle Hauttyp hatte keinen Einfluss auf das Verhalten im Berufs- oder Privatleben. Der Anteil der Personen, die regelmäßig Sonnenschutz verwendeten, war in der höchsten Altersgruppe am niedrigsten; zugleich ist dort das Hautkrebsrisiko am höchsten. Frauen verwendeten signifikant häufiger Sonnenschutz als Männer und ließen ihre Pigmentflecke eher vom Facharzt kontrollieren. Schlussfolgerungen: Unsere Studie belegt den Aufklärungsbedarf in der Öffentlichkeit in Bezug auf die Risikofaktoren für Hautkrebs und die Bedeutung von Schutzmaßnahmen. Die Subpopulation der Männer höheren Alters stellt eine relevante Zielgruppe für öffentliche Aufklärungskampagnen zu Hautkrebs und Risikovermeidung dar. Übersetzung aus Dermatology 2016;232:11-16 (DOI:10.1159/000440698)
Experten-Kommentar
Transfer in die Praxis
Die kumulative UV-Belastung gilt als wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung nicht-melanozytärer Hauttumoren, sodass eine Primärprävention durch Reduktion dieser Noxe sinnvoll erscheint. Verschiedene Methoden wie Expositionskarenz oder UV-Schutz durch Kleidung oder Topika sind bekannt und können zu diesem Zweck eingesetzt werden.
In einer nicht-interventionellen Kohortenstudie untersuchten nun Antonov und Mitarbeiter das Anwendungsverhalten von Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern bei der Anwendung von UV-Schutzmaßnahmen mittels eines Fragebogens und setzten dies zu demographischen, anamnestischen und sozioökonomischen Variablen in Beziehung [1]. Die Kohorte stellt eine Stichprobe aus der EDEN-Studie dar, die in Jena und Apolda rekrutiert wurde. Ausgewertet wurden Daten von insgesamt 865 Patienten mit einem ausgeglichenen Anteil von Frauen und Männern. Diese wurden nach vergangenen Sonnenbränden, UV-Schutz, Hautkrebserkrankungen und der Angst davor befragt. Interessant ist, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer um eine Selbsteinschätzung ihres Hauttyps nach Fitzpatrick gebeten wurden und der Hauttyp zusätzlich durch einen darin erfahrenen Studienarzt beurteilt wurde.
Die Autoren berichten, dass 58% der Teilnehmer ihren Hauttyp korrekt einschätzen konnten. Abweichungen fanden sich vor allem im Sinne einer zu hohen Einschätzung. Eine Korrelation von Hauttyp und Sonnenexposition zeigte sich nicht. Fast alle Befragten hatten mindestens einen Sonnenbrand in der Anamnese, 65% davon gaben an, auch in der Kindheit einen solchen erlitten zu haben. Der Gebrauch von Sonnenschutzmitteln wurde von 87% der Teilnehmer angegeben, wobei die Häufigkeit variierte und mit einer positiven Sonnenbrandanamnese im Erwachsenenalter assoziiert war. Signifikant mehr Männer als Frauen gaben an, nie solche Mittel verwendet zu haben. Befragte, die nie Sonnenschutz anwendeten, gaben signifikant mehr jährliche Sonnenexpositionstage an als solche, die ihn anwendeten. Ungefähr die Hälfte der Befragten gab an, Angst vor Hautkrebs zu haben. Diese war jedoch nicht mit dem Einsatz von UV-Schutz assoziiert, ebenso wenig wie eine positive Eigen- oder Familienanamnese, das Bildungsniveau oder das Einkommen.
Die Autoren beschreiben in ihrem Artikel die UV-Exposition und den benutzten UV-Schutz in einer Stichprobe. Es fällt auf, dass im Wesentlichen keine Merkmale zu finden sind, die mit dem Einsatz von UV-Schutz assoziiert sind. Dies deutet an, dass die Bevölkerung sich dem Zusammenhang zwischen z.B. Hauttyp und Eigenschutzzeit nicht bewusst ist. Selbst die Angst vor Hautkrebs bewirkt bei den Befragten nicht, sich zu schützen. Die Anzahl der Befragten mit einer positiven Eigenanamnese für Hautkrebs war zu niedrig, um hier die Effektivität der Sonnenschutzmaßnahmen zu überprüfen. Die oft schmerzhafte, akute Erfahrung eines Sonnenbrandes hingegen ist mit dem Einsatz von UV-Schutz assoziiert. Wie von den Autoren gefordert, ist hier die Aufklärung und Schulung der Bevölkerung dringend notwendig und wird z.B. durch Printmedien nur unzureichend erreicht.
Fazit
Antonov und Mitarbeiter konnten zeigen, dass Teile der Bevölkerung auf UV-Schutz Wert legen, jedoch die Gründe dafür vielen Studienteilnehmern nicht bekannt zu sein scheinen. Hier kann erheblicher Aufklärungs- und Schulungsbedarf gesehen werden, auch um einen vernünftigen Umgang mit der UV-Exposition zu erreichen und so die Inzidenz von malignen Hauttumoren zu senken.