Abstract
Hintergrund: Honig besitzt antimikrobielle und entzündungshemmende Eigenschaften, die die Wundheilung beschleunigen. Somit könnte der Einsatz von Honig auch zur Beschleunigung des Heilungsprozesses nach chirurgischen Eingriffen nützlich sein. Wir führten eine randomisierte kontrollierte Studie durch, in der die Auswirkung eines Honigverbands auf das ästhetische Ergebnis mit der einer herkömmlichen Binde verglichen wurde. Patienten und Methoden: Beidseitig symmetrische chirurgische Schnittwunden bei zufällig ausgewählten Patienten wurden postoperativ fünf Tage lang je mit einem herkömmlichen Verband und einem Honigverband behandelt. Das ästhetische Ergebnis wurde von den Patienten und den Chirurgen auf einer visuellen Analogskala (VAS) beurteilt und jeweils 3 und 6 Monate nach dem Eingriff miteinander verglichen. Ergebnisse: Zweiundsiebzig symmetrische Schnittwunden bei 52 Patienten wurden in die Studie einbezogen. Drei und sechs Monate nach Eingriff betrug die mittlere Breite der Wunden 3,64 +/- 0,83 mm und 3,49 +/- 0,87 in der Gruppe, die mit einem Honigverband behandelt wurde, und 5,43 +/- mm sowie 5,30 +/- 1,35 mm in der Kontrollgruppe. Auch der Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test ergab signifikante Unterschiede zwischen den Ergebnissen unter Anwendung eines Honigverbands und der herkömmlichen Behandlung (p < 0,001). Schlussfolgerung: Der Wundheilungsprozess nach chirurgischen Eingriffen sowie das ästhetische Ergebnis könnten durch die Anwendung von Honigverbänden verbessert werden. Übersetzung aus Forsch Komplementmed 2016;23:12-15 (DOI:10.1159/000441994)
Experten-Kommentar
Transfer in die Praxis
Honig wird in der traditionellen Medizin schon seit langer Zeit zur Beschleunigung der Wundheilung verwendet. In den letzten Jahren gab es immer wieder aktuelle Hinweise darauf, dass Honig möglicherweise auch heutzutage eine Rolle bei der Wundbehandlung spielen könnte. Diese Berichte bezogen sich häufig auf die Behandlung chronischer Wunden. Als Argumente für die Verwendung von Honig in der Wundbehandlung werden seine antimikrobiellen Eigenschaften, die Fähigkeit zur Wundheilungsbeschleunigung und die geringen Kosten angeführt. In einem Cochrane-Review konnten jedoch keine ausreichend validen Daten zusammengestellt werden, um die Behandlung chronischer Wunden mit Honig als Bestandteil der evidenzbasierten Medizin aufzunehmen [1].
Zur Optimierung der Wundbehandlung von primär heilenden Wunden nach plastisch-chirurgischen Eingriffen gibt es für die Entwicklung nach dem regulären Wundverschluss relativ wenige Untersuchungen. Auch die Studien zur Wundbehandlung mit Honig bezogen sich bislang im Wesentlichen auf die Behandlung chronischer Wunden. In der vorliegenden Studie wird die akute, unmittelbar postoperative Versorgung durch sterilisierten Honig verglichen mit einer Wundbehandlung durch vaselinegetränkte Gaze. Die Wunde wurde in beiden Fällen für 5 Tage belassen. Im Anschluss wurde zum einen die akute Rate an Komplikationen der jeweiligen Therapie beurteilt, zum anderen das ästhetische Ergebnis nach 3 und 6 Monaten. Interessant ist, dass unter Einsatz von Honig deutlich seltener Wundrötungen, Nahtdehiszenzen und Wundinfektionen auftraten als bei der konventionellen Behandlung mit Gazeverbänden. Sowohl die Patienten als auch die Ärzte schätzten das kosmetische Ergebnis der akuten Wundheilung bei der Honigbehandlung besser ein als bei der konventionellen Behandlung.
Die Arbeit deutet darauf hin, dass für das ästhetische Ergebnis 3 und 6 Monate nach plastisch-chirurgischer Operation die ersten Tage nach der Operation entscheidend sein können. Als mögliche Wirkmechanismen der optimierten Wundbehandlung werden insbesondere der antimikrobielle und der hygroskopische Effekt des Honigs angeführt, durch die eine verminderte Mazeration der Wundränder und eine geringere Infektionsrate erreicht werden.
Kritisch ist zu bewerten, dass die Arbeit zwar randomisiert und kontrolliert durchgeführt wurde, aber zum einen ein intraindividueller und kein interindividueller Vergleich vorgenommen wurde, und zum anderen der beurteilende Arzt wie auch der selbsteinschätzende Patient nicht verblindet waren. Vor diesem Hintergrund ergibt sich als Konsequenz für die Praxis, dass die Behandlung akuter Wunden mit Honig nach den bisher vorliegenden Daten zumindest nicht schädlich zu sein scheint, dass aber weitere Studien abgewartet werden müssen, bevor dieses Verfahren in die alltägliche Routine Einzug halten kann.