Hintergrund: Die atopische Dermatitis (AD) wird als vermutliche erste Stufe der «atopischen Karriere» diskutiert; dies untermauert die Notwendigkeit, hierfür prädisponierende Faktoren zu identifizieren. Methoden: Wir untersuchten Risikofaktoren für und Phänotypen von AD in einer asiatischen Mütter-Kinder-Kohorte. Wir unterschieden nach dem Zeitpunkt der Manifestation 3 Phänotypen der ärztlich diagnostizierten AD: früh einsetzende AD, die innerhalb der ersten 6 Lebensmonate auftritt; AD mit erstmaligem Auftreten im Alter von 6-12 Monaten sowie spät einsetzende AD mit Erstmanifestation nach Vollendung der ersten 12 Monate. Ergebnisse: Allergien in der Anamnese der Mutter waren mit einem erhöhten Risiko für die Frühform der AD assoziiert (adjustierte Odds Ratio (aOR) 20,46; 95%-Konfidenzintervall (KI) 2,73-153,15; p < 0,01). Allergien in der Anamnese der Mutter und der Besuch einer Kindertagesstätte gingen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für die im Alter von 6-12 Monaten auftretende AD einher (aOR 4,19; 95%-KI 1,01-17,45; p = 0,049 bzw. aOR 11,42; 95%-KI 1,49-87,50; p = 0,02). Risikofaktoren, die mit einer erhöhten Rate später AD-Manifestationen im Alter ab 12 Monaten assoziiert waren, waren der Verzehr von Probiotika im Alter zwischen 9 und 12 Monaten und die Behandlung mit Antibiotika in den ersten 6 Monaten (aOR 4,32; 95%-KI 1,07-17,45; p = 0,04 bzw. aOR 3,11; 95%-KI 1,10-8,76; p = 0,03). Die früh einsetzende AD war mit einem erhöhten Risiko für eine allergische Sensibilisierung assoziiert (aOR 46,51; 95%-KI 3,44-628,81; p < 0,01). Schlussfolgerung: In dieser Studie war die früh einsetzende AD vorwiegend mit familiären Faktoren assoziiert, während die AD mit später Erstmanifestation mit der Gabe von Antibiotika oder Probiotika assoziiert war. Die Ergebnisse untermauern die Auffassung, dass es bei kleinen Kindern unterschiedliche Phänotypen der AD gibt. Übersetzung aus Int Arch Allergy Immunol 2015;166:273-279 (DOI: 10.1159/000381342)

Die atopische Dermatitis (AD) ist die häufigste chronische Hauterkrankung im Kindesalter. Es ist davon auszugehen, dass jedes 4.-5. Kind im frühen Kindesalter in den westlichen Industrieländern betroffen ist [1]. Die Ursache der Erkrankung ist letztlich nicht geklärt und wird auf komplexe Interaktionen von genetischen und Umweltfaktoren zurückgeführt. Epidemiologische Untersuchungen haben Risikofaktoren für die Entwicklung von AD herausgearbeitet, zu denen unter anderem Filaggrinmutationen und das Rauchen in Schwangerschaft und Stillzeit zählen. Auch der Kontakt mit Infektionserregern (Hygienehypothese), der zu einer TH1-Prädominanz beitragen soll, und sozioökonomische Aspekte werden in diesem Zusammenhang genannt.

In der hier kommentierten prospektiven Studie wurden Risikofaktoren in Abhängigkeit vom Erstmanifestationsalter der AD («early onset»: 0-6 Monate, 6-12 Monate; «late onset»: >12 Monate) an 792 überwiegend chinesischen (60,2%) Kindern untersucht. Als Risikofaktoren haben sich für den Phänotyp «early onset» Allergien der Mutter und für den Phänotyp «late onset» die Einnahme von Antibiotika und Probiotika herausgestellt. Diese Erkenntnis wäre für die Praxis von Relevanz.

Seit Langem ist bekannt, dass genetische Faktoren für die Entwicklung der AD eine bedeutsame Rolle spielen. Auch Antibiotika und Probiotika sind das Thema vieler Publikationen in diesem Zusammenhang. Neu ist die Ermittlung der Risikofaktoren in Abhängigkeit der 3 genannten Phänotypen.

Die Autoren weisen in der Diskussion bereits selbst auf die Mängel der Studie hin, die sich auf das Studiendesign beziehen. Die Daten wurden anhand eines Fragebogens erhoben, der von den Eltern ausgefüllt wurde. Somit sind Fehler aufgrund von nicht korrekten Informationen möglich.

Eine positive Familienanamnese als Risikofaktor für atopische Erkrankungen ist hinreichend bekannt. Hinsichtlich der 2 weiteren Risikofaktoren «Antibiotika» und «Probiotika» gibt es widersprüchliche Erkenntnisse in der Literatur. Kummeling et al. [2] zeigten in ihrer Geburtskohorten-Studie von 2764 Familien, dass die Antibiotikagabe keinen Einfluss auf die Entwicklung einer AD hatte. Hingegen beschrieben Wickens et al. [3] die Antibiotikagabe innerhalb der ersten 15 Monate ebenfalls als Risikofaktor. Pathogenetische Überlegungen, nach denen Antibiotika das Mikrobiom des Darms stören und eine Suppression der TH1-Zellen bewirken, sprechen ebenfalls für Antibiotika als Risikofaktor. Warum allerdings Probiotika, die mit einem Shift von TH2 zu TH1 und einer Zunahme der regulatorischen T-Zellen verbunden sind, als Risikofaktoren angesehen werden sollten, ist mir unverständlich. Die Autoren hätten diesen Aspekt diskutieren müssen; so sind die Probiotika als Prävention vermutlich Säuglingen verabreicht worden, deren Familien als Hochrisikofamilien für atopische Erkrankungen anzusehen sind.

Genetische Faktoren haben hinsichtlich der Entwicklung atopischer Erkrankungen einen hohen Stellenwert - das hat diese Studie nochmals bestätigt. Bezüglich der Antibiotika als Risikofaktor gibt es keinen Konsens in der Literatur. Allerdings sollte ihre Gabe möglichst vermieden werden, nicht zuletzt aufgrund einer negativen Beeinflussung des Immunsystems durch Veränderungen des Mikrobioms. Nach wie vor können aus den bis heute vorliegenden Studien zur Prävention von atopischen Erkrankungen durch Probiotika keine Empfehlungen abgeleitet werden [4]. Dass diese jedoch als Risikofaktor für die Entwicklung atopischer Erkrankungen anzusehen sind, ist unwahrscheinlich.

1.
Williams H, et al: J Allergy Clin Immunol 2008;121:947-954.e15.
2.
Kummeling I, et al: Pediatrics 2007;119:e225-e231.
3.
Wickens K, et al: Clin Exp Allergy 2008;38:1318-1324.
4.
Fölster-Holst R: Ann Nutr Metab 2010;57(Suppl):16-19.
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