Abstract
Hintergrund/Ziel: Moderne Männer haben veränderte Schönheitsideale und Körperpflegegewohnheiten, was zu einer erhöhten Nachfrage nach Kosmetika für Männer geführt hat. Über die dermatologischen Bedürfnisse der männlichen Haut ist jedoch sehr wenig bekannt. Daher sollte mit dieser klinischen Studie erstmals eine systematische Untersuchung der Hautphysiologie von Männern mit besonderem Augenmerk auf die Veränderungen im Laufe des Lebens durchgeführt werden. Methoden: Insgesamt wurden 150 gesunde männliche Probanden (im Alter von 20-70 Jahren) nach strengen Kriterien, darunter Alter, Sonnenexposition und Rauchgewohnheiten, ausgewählt. Mit Hilfe allgemein anerkannter biophysikalischer Messverfahren wurden der transepidermale Wasserverlust (TEWL), der Hydratationslevel, die Talgproduktion und die pH-Werte an Stirn, Wange, Hals, volarem Unterarm und Handrücken gemessen. Ergebnisse: TEWL und Talgproduktion schwanken je nach Lokalisation, sind jedoch im Allgemeinen unabhängig vom Alter, wohingegen die Hydratation des Stratum corneum (SC) im Gesicht und am Hals mit zunehmendem Alter signifikant abnimmt. Die stärkste Abnahme wurde an der Stirn festgestellt. Der pH-Wert der Gesichtshaut steigt mit dem Alter signifikant an. Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie legt erstmals systematische Referenzwerte für standardisierte biophysikalische Messverfahren und Lokalisationen fest, die die Hautphysiologie von Männern in Bezug auf das Lebensalter widerspiegeln. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Physiologie der männlichen Haut mit zunehmendem Alter teilweise verändert. Während der Hydratationslevel im SC und der pH-Wert der Hautoberfläche vom Alter des Probanden beeinflusst werden, zeigen TEWL und Talgproduktion nur leichte Veränderungen.Übersetzung aus Skin Pharmacol Physiol 2014;27:9-17 (DOI: 10.1159/000351349)
Originalartikel: Age-Related Changes in Male Skin: Quantitative Evaluation of One Hundred and Fifty Male Subjects
S. Luebberding N. Krueger M. Kerscher
Division of Cosmetic Science, Department of Biochemistry and Molecular Biology, University of Hamburg, Hamburg, Germany
Warum ist der Artikel relevant für den deutschen Praxis- und Klinikalltag?
Die ästhetische Medizin hat Jahr für Jahr hohe Zuwachsraten. Trotz alledem ist der Anteil von Männern in diesem Geschäftsbereich unterrepräsentiert. Die kosmetische Industrie bietet aber zunehmend auf Männer zugeschnittene Produkte an.
Ziel dieser Studie ist es deshalb gewesen, eine systematische Analyse der männliche Hautphysiologie in Bezug auf «lifetime changes» zu erstellen.
Die Studie zeichnet sich durch eine relativ große Fallzahl (150 Männer, Fitzpatrick-Hauttyp I-IV, gleichmäßig verteilt auf Altersgruppen zwischen 20 und 70 Jahren) und strikte Ein-/Ausschlusskriterien (Alter, Sonnenexposition, Rauchgewohnheiten, begleitende minimal invasive Verfahren) aus.
Untersucht wurden der TEWL (transepidermal water loss), die Stratum-corneum-Hydration, der Sebum-Gehalt und der pH-Wert. Aufgrund der großen Unterschiede der Haut an verschiedenen Körperstellen, wurden alle Parameter erhoben für Stirn, Wangen, Hals, volarer Unterarm sowie Handrücken. Gemäß internationaler Standards gilt der volare Unterarm im Gegensatz zu den anderen in der Studie beurteilten Arealen als vorwiegend sonnengeschützte Region und unterliegt somit nur einer partiellen extrinsischen Hautalterung.
Welche Inhalte/Behandlungsoptionen sind neu?
In früheren Studien wurden vorwiegend geschlechtsspezifische Unterschiede wie Rasurgewohnheiten und androgenetische Alopezie analysiert. Dies ist die erste Studie, die systematisch die Hautphysiologie von Männern untersucht. In dieser Studie wurden erstmalig bei Männern Standardwerte für die verwendeten Messmethoden an verschiedenen Hautlokalisationen in unterschiedlichen Altersgruppen evaluiert.
Als Referenzgruppe wurde eine Studie von Lübberding et al., in der 150 Frauen analysiert wurden, zitiert. Bemerkenswert ist die höhere Sebum-Produktion und der niedrigere pH-Wert bei Männern. Außerdem konnte ebenfalls gezeigt werden, dass die Hautphysiologie von Frauen stärker hormonellen Einflüssen unterliegt.
Welche Aussagen sind kritisch zu bewerten?
Das Studiendesign ist exzellent erstellt. Im Gegensatz zu vorangegangenen Studien zeigt die Sebum-Produktion keine altersabhängigen Veränderungen. Eine mögliche Erklärung hierfür kann die breite Verteilung der gemessenen Ergebnisse sein, die eine hohe interindividuelle Variabilität der Sebum-Werte zeigt. Um das weiter abzuklären, wäre eine längere Beobachtungsphase in einer größeren Studienpopulation notwendig.
Welche Perspektive eröffnen die Ergebnisse für die Behandlungspraxis?
Im Ergebnis sieht man, dass die Physiologie der männlichen Haut partielle Unterschiede im Alterungsprozess aufweist. Während Stratum-corneum-Hydration und der Hautoberflächen-pH-Wert altersabhängige Veränderungen aufweisen, zeigen TEWL und Sebum-Produktion nur eine minimale Variation.
In der Altersgruppe 50-59 Jahre allerdings ist der TEWL signifikant höher. Daraus wird geschlussfolgert, dass dieser temporäre Anstieg dem progressiven Hypoandrogenismus geschuldet ist.
Die Ergebnisse aus dieser Arbeit sind hilfreich bei der Erstellung von «customized skin care regimens» bezogen auf die speziellen Bedürfnisse männlicher Haut im Alterungsprozess.