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Diese Ausgabe des Karger Kompass Dermatologie beschäftigt sich mit Hidradenitis suppurativa (HS), einer häufigen Erkrankung mit einer Prävalenz von 0,7–1,2 % in Europa, die jedoch vor wenigen Jahren noch als Orphan Disease unterschätzt wurde [1].

War es im letzten Jahrzehnt das Ziel der HS-Aufklärungsarbeit, Awareness für die Erkrankung zu schaffen, liegt der Fokus aktuell auf der Verbreitung von Therapiealgorithmen, um eine flächendeckende und niederschwellige medizinische Versorgung Betroffener zu gewährleisten. In der Übersichtsarbeit von Archana Pandey finden Sie einen guten Überblick zu den aktuellen Scoring-Systemen sowie den Therapieoptionen, bestehend aus den drei Therapiesäulen: Antibiotika, Biologika und Operationen [2]. Eine individualisierte Therapie, angepasst an den Schweregrad der Erkrankung, die Komorbiditäten, aber auch die Therapieziele der Patienten, steht bei einer modernen Therapie im Vordergrund.

Neben der Zulassung von Adalimumab für die Therapie der HS im Jahr 2016 sind seit Juni 2023 auch Secukinumab und seit April 2024 Bimekizumab zur Therapie von mittelschwerer bis schwerer HS von der Europäischen Arzneimittel-Agentur zugelassen [3]. Somit stehen uns aktuell drei wirkungsvolle therapeutische Antikörper zur Verfügung – eine revolutionäre Entwicklung für unsere Patienten. Darüber hinaus gibt es derzeit eine Vielzahl an Phase-III- und Phase-II-Studien, die sich mit weiteren vielversprechenden Substanzen beschäftigen. Wir befinden uns derzeit in einer ausgesprochen spannenden Phase der Entwicklung.

Der Beitrag von Angelo Ruggiereo et al. führt uns vor Augen, wie eine seltene Komplikation von HS aussehen kann, und berichtet von der Entstehung eines Plattenepithelkarzinoms auf einer über mehrere Jahre bestehenden entzündlichen HS-Plaque [4]. Cemiplimab, ein humaner PD-1-Inhibitor, wurde in einem neoadjuvanten Setting erfolgreich eingesetzt und führte zur deutlichen präoperativen Verkleinerung des anschließend operablen Tumors.

Zum Schluss möchte ich Ihnen ein sehr persönliches Wort mit auf den Weg geben. Vor dem Hintergrund der vielen spannenden Entwicklungen im Gebiet der HS dürfen wir nicht vergessen, dass wir sehr kranke, unter ihrer Krankheit in vielerlei Hinsicht leidende Patienten behandeln. Ein Augenblick unserer Zeit und ein verständnisvolles Wort für unsere Patienten, die eine lange Reise voller Enttäuschungen hinter sich haben, ist aus meiner Sicht nicht weniger wichtig als die adäquate medizinische Versorgung.

Letztes Jahr bin ich im Rahmen der EADV in Amsterdam mit Brindley Brooks, Gründerin und Geschäftsführerin der US-amerikanischen Selbsthilfegruppe HS-Connect, zusammengekommen. Das Gespräch war sehr emotional, und Brindley hat mir die Nachricht mit auf den Weg gegeben, die zu hören ihr Leben maßgeblich entlastet hat: «This disease is not your fault.» Versuchen Sie es mal, auch Ihre Patienten mit diesem Satz von ihren Schuldgefühlen zu befreien. Es lohnt sich.

Ich freue mich sehr, dass sich diese Ausgabe des Karger Kompass Dermatologie der Hidradenitis suppurativa widmet, und wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre.

Ihre

Sylke Schneider-Burrus

1.
Zouboulis
CC
,
von Stebut
E
.
[Hidradenitis suppurativa/acne inversa: From "orphan disease" to a curable inflammatory skin disorder]
.
Hautarzt
.
2021 Aug
;
72
(
8
):
647
650
.
2.
Archana
Pandey
.
Essentials of hidradenitis suppurativa: a comprehensive review of diagnostic and treatment perspectives
.
Ann Med Surg (Lond)
.
2024 Jul 1
;
86
(
9
):
5304
5313
.
3.
Zouboulis
CC
,
Bechara
FG
et al
.
European S2k guidelines for hidradenitis suppurativa/acne inversa part 2: Treatment
.
J Eur Acad Dermatol Venereol
.
2024 Dec 19
.
4.
Angelo
Ruggiereo
,
Wanda
Lauro
et al
.
Advanced Squamous Cell Carcinoma Developed on Chronic Hidradenitis Suppurativa, Successfully Treated with Cemiplimab: A Case Report
.
Case Rep Dermatol
.
2023
;
15
:
35
39
.