Abstract
Introduction: Bullous pemphigoid (BP) and prurigo nodularis (PN) are chronic pruritic skin diseases that severely impact patients’ quality of life. Despite the widespread attention these two diseases have garnered within the dermatological field, the specific pathogenesis, particularly the molecular mechanisms underlying the pruritus, remains largely unclear. Limited clinical sequencing studies focusing on BP and PN have hindered the identification of pathological mechanisms and the exploration of effective treatment strategies. Methods: To address this gap, we collected a total of 23 peripheral blood mononuclear cell samples from BP and PN patients, as well as healthy controls, and performed RNA sequencing analysis. By integrating bioinformatics and machine learning techniques, we aimed to uncover the shared immune regulatory networks and pruritus-related mechanisms between BP and PN. Results: Our study identified 161 differentially expressed genes shared between BP and PN, which were primarily enriched in immune activation and neural pathways, providing crucial molecular insights into the pruritus-related mechanisms of both diseases. Furthermore, using the machine learning algorithms of support vector machines and random forest, we pinpoint 7 crucial genes shared between the BP and PN databases. Among these, IL-27 emerged as a potential pivotal gene, as its mRNA expression levels strongly correlated with clinical parameters including pruritus scores, immunoglobulin E levels, and eosinophil counts. Validation experiments conducted on clinical samples from an additional 22 participants confirmed the upregulation of IL-27 expression in both BP and PN lesions.
Abstract aus Wang Y, Zhang X, Teng YT, Shen C: IL-27 as a novel biomarker for pruritus in nodular prurigo and bullous pemphigoid. Front Immunol 2024;15:1499868. DOI: 10.3389/fimmu.2024.1499868
Transfer in die Praxis von Prof. Dr. Michael Sticherling (Erlangen)
Hintergrund
Pruritus oder Juckreiz ist der wohl eigentümlichste Sinneseindruck an der Haut. Er wird definiert als eine unangenehme Empfindung, die zum Kratzen veranlasst. Unterschieden wird der akute Juckreiz, wie z.B. nach Insektenstichen oder bei akuten Hauterkrankungen, von einem chronischen Juckreiz, der definitionsgemäß mehr als 6 Wochen anhält. Die Lebensqualität der Betroffenen, die Schlafqualität bis hin zur Arbeitsfähigkeit werden maßgeblich beeinflusst. Die Ursachen für Juckreiz können sehr vielfältig sein, sodass er eher als Symptom denn als Diagnose zu werten ist. Zahlreiche Hauterkrankungen können mit hinsichtlich seiner Qualität und Quantität unterschiedlich ausgeprägtem Juckreiz einhergehen. «Juckreiz» hat in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit gewonnen, durch klinische und Grundlagenforschung sind hier wesentliche Erkenntnisse zur Pathogenese, insbesondere aber auch zur Therapie gefunden worden.
Besonders durch Typ-2-T-Helferzellen (Th2-Zellen) vermittelte Erkrankungen wie die atopische Dermatitis sind mit Juckreiz vergesellschaftet, aber auch die häufigste autoimmunbullöse Erkrankung des Menschen, das bullöse Pemphigoid (BP). Eine prinzipiell lange bekannte, aber mit den aktuellen Erkenntnissen zum Pruritus klarer definierte Erkrankung, die Prurigo nodularis (PN), ist ebenfalls in diesen Kontext einzuordnen. Beide Erkrankungen werden durch Zytokine wie Interleukin (IL)-5, IL-6, IL-10 und IL-13 in ihrer Pathogenese definiert und zeigen möglicherweise pathogenetische Überschneidungen. Die vorliegende Arbeit untersucht daher weitere Biomarker, die beide Erkrankungen verbinden und diagnostische wie auch therapeutische Optionen eröffnen.
Ergebnisse
Die Autoren aus der dermatologischen Klinik eines der größten chinesischen Universitätsklinika (Wuhan) haben insgesamt 23 Patienten mit BP und PN untersucht und mit gesunden Kontrollen verglichen. Methodisch haben sie mononukleäre Zellen aus peripherem Blut (PBMC) isoliert und die differenzielle Genexpression mittels RNA-Sequenzanalyse bestimmt und die Daten mit Instrumenten der Bioinformatik und machine learning aufbereitet und analysiert. Bei BP-Patienten konnten 610 differenziell exprimierte Gene (DEG) identifiziert werden, von denen 309 hoch- und 301 herunterreguliert waren, und bei PN-Patienten 755 DEG mit 556 herauf- und 199 herunterregulierten Genen. In der Analyse von für BP und PN gemeinsamen Genen zeigten sich in einer Gruppe von 5 Mitgliedern des inflammatorischen und IL-6-Signalweges IL-27 und Kollagen 23A1 als für beide Erkrankungen besonders charakteristisch. Bei Untersuchung der Korrelation zu klinischen Parametern war die IL-27-Expression am deutlichsten mit den kratzbezogenen Werten (numerische Rating-Skala Pruritus, P-NRS), dem Serum-Immunglobulin-E und der Zahl peripherer eosinophiler Granulozyten assoziiert. Auch in immunhistologischen Untersuchungen im Gewebe sowie bei ELISA-Bestimmung der IL-27-Konzentration im Serum zeigten sich diese verglichen mit der Kontrollgruppe signifikant erhöht. Damit konnten die Autoren IL-27 mit höchster Signifikanz als gemeinsam relevantes Zytokin von BP und PN nachweisen.
Kommentar
Die Autoren untersuchen und vergleichen hier zwei relativ häufige juckende Hauterkrankungen, deren unmittelbarer Zusammenhang sich jedoch nur auf den zweiten Blick erschließt. Auch sind angesichts der Heterogenität beider Erkrankungen insgesamt eher niedrige Patientenzahlen eingeschlossen.
Die sogenannte Pemphigoid-Gruppe umfasst klinisch, therapeutisch und immunserologisch heterogene Erkrankungen, von denen das bullöse Pemphigoid mit dem klassischen Zielantigen Kollagen Typ XVII (synonym BP180 oder BP-Antigen 2, dort speziell die nicht kollagenöse Determinante NC16a) das häufigste Pemphigoid ist. Als Hauterkrankung eher des älteren Menschen wird angesichts des zunehmenden Durchschnittalters der Bevölkerung die Erkrankung immer bedeutsamer. Klinisch findet man neben einem deutlichen generalisierten Pruritus pralle Blasen auf erythematösem Grund mit einer Schleimhautbeteiligung bei 20–30% der Betroffenen. Es sind jedoch auch prämonitorische Formen als präbullöses BP wie auch langfristig als Ekzem imponierende Erkrankungen als nichtbullöses BP beschrieben. Auch ausgeprägt Prurigo-Knoten bildende Unterformen finden sich, die jedoch in ihrer pathogenetischen Zuordnung bisher nicht sicher unterscheidbar sind. Eine genaue Differenzierung der verschiedenen Formen wird in dieser Arbeit weder klinisch noch immunserologisch präsentiert.
Die PN, in der jüngeren Literatur auch chronischer Prurigo (CPG) genannt, ist eine chronische Erkrankung, bei der es durch verschiedene Ursachen im Verlauf des chronischen Pruritus zur Ausbildung hyperkeratotischer, stark juckender und disseminierter Knoten kommt. Wahrscheinlich führen hier unterschiedliche Ursachen in eine klinisch gleichförmige Endstrecke mit Knoten und fibrotischen Vorgängen. Die PN-Fälle vereinen beteiligte Zytokine wie IL-4, IL-13 und IL-31. Daher sind die aktuell verfügbaren Biologika Dupilumab und Nemolizumab auch bei der PN wirksam und zugelassen. Für das BP laufen aktuell Phase-3-Studien mit dem Anti-IL-4/13-Rezeptor-Antikörper Dupilumab, die gute klinische Effektivität mit deutlicher Reduktion des Juckreizes zeigen.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Abgrenzung von Pruritus und PN. Juckreiz zeigt sich bei vielen, grundsätzlich unterschiedlichen (Haut-)Erkrankungen, dabei jedoch qualitativ und quantitativ different. Er ist besonders charakteristisch beim BP und damit in der Differenzialdiagnose des Alterspruritus bedeutsam (Exsikkationsekzem, atopische Dermatitis, Mycosis fungoides, Scabies, Dermatitis herpetiformis Duhring, BP). Bei therapieresistenten und rezidivierenden Fällen eines Alterspruritus sollte daher eine sorgfältige diagnostische Abklärung erfolgen. Während Juckreiz Symptom zahlreicher Erkrankungen ist und durch verschiedene pruritogene Substanzen vermittelt werden kann, ist zur Ausbildung von Prurigo-Knoten ein spezifisches pathogenetisches Programm bedeutsam. Längst nicht alle juckenden Hauterkrankungen einschließlich der atopischen Dermatitis und des BP führen zu pruriginösen Varianten, da diese spezifische Signatur fehlt. Diesen Aspekt lässt die vorliegende Arbeit völlig aus, es wäre interessant gewesen, pruriginöse Form des BP zu untersuchen und Überschneidungen und Ähnlichkeiten zur PN zu finden.
IL-27 wird durch epidermale Keratinozyten und antigenpräsentierende Zellen sezerniert, zu denen auch Makrophagen und dendritische Zellen gehören. Es wirkt regulatorisch auf Th2-Zellen mit der Aufrechterhaltung entzündlicher Prozesse wie bei chronischem Ekzem und Juckreiz. Interessant sind duale Effekte, indem es je nach Mikromilieu inflammatorisch und antiinflammatorisch wirksam sein kann. Bei rheumatoider Arthritis, multipler Sklerose und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen scheint es eher antiinflammatorisch zu sein, während es an der Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 1 und dem Ausbruch einer Psoriasis beteiligt ist. Als sogenanntes «hormonelles Zytokin» könnte es bedeutsam bei Stoffwechselerkrankungen und Übergewicht sein. Eine therapeutische Beeinflussung möglicherweise auch durch spezifische Antikörper ist daher klinisch interessant. Die hier präsentierten Daten sind ein möglicher Hinweis für seine Bedeutung auch bei pruritischen Erkrankungen, was jedoch weitere Untersuchungen vertiefen müssen.
Disclosure Statement
Forschungsunterstützung, Vortrags- und Beratertätigkeit, Teilnahme an klinischen Studien von Abbvie, Almirall, Amgen, Biogen, BMS, Boehringer Ingelheim, Celgene, Janssen, Leo, Lilly, MSD, Novartis, Pfizer, Sandoz, Sanofi.