Abstract
Background: Management strategies and clinical outcomes vary substantially in patients newly diagnosed with Crohn’s disease. We evaluated the use of a putative prognostic biomarker to guide therapy by assessing outcomes in patients randomised to either top-down (ie, early combined immunosuppression with infliximab and immunomodulator) or accelerated step-up (conventional) treatment strategies. Methods: PROFILE (PRedicting Outcomes For Crohn’s disease using a moLecular biomarker) was a multicentre, open-label, biomarker-stratified, randomised controlled trial that enrolled adults with newly diagnosed active Crohn’s disease (Harvey-Bradshaw Index ≥7, either elevated C-reactive protein or faecal calprotectin or both, and endoscopic evidence of active inflammation). Potential participants had blood drawn to be tested for a prognostic biomarker derived from T-cell transcriptional signatures (PredictSURE-IBD assay). Following testing, patients were randomly assigned, via a secure online platform, to top-down or accelerated step-up treatment stratified by biomarker subgroup (IBDhi or IBDlo), endoscopic inflammation (mild, moderate, or severe), and extent (colonic or other). Blinding to biomarker status was maintained throughout the trial. The primary endpoint was sustained steroid-free and surgery-free remission to week 48. Remission was defined by a composite of symptoms and inflammatory markers at all visits. Flare required active symptoms (HBI ≥5) plus raised inflammatory markers (CRP > upper limit of normal or faecal calprotectin ≥200 μg/g, or both), while remission was the converse – ie, quiescent symptoms (HBI <5) or resolved inflammatory markers (both CRP ≤ the upper limit of normal and calprotectin <200 μg/g) or both. Analyses were done in the full analysis (intention-to-treat) population. The trial has completed and is registered (ISRCTN11808228). Findings: Between Dec 29, 2017, and Jan 5, 2022, 386 patients (mean age 33.6 years [SD 13.2]; 179 [46%] female, 207 [54%] male) were randomised: 193 to the top-down group and 193 to the accelerated step-up group. Median time from diagnosis to trial enrolment was 12 days (range 0–191). Primary outcome data were available for 379 participants (189 in the top-down group; 190 in the accelerated step-up group). There was no biomarker-treatment interaction effect (absolute difference 1 percentage points, 95% CI –15 to 15; p = 0.944). Sustained steroid-free and surgery-free remission was significantly more frequent in the top-down group than in the accelerated step-up group (149 [79%] of 189 patients vs 29 [15%] of 190 patients, absolute difference 64 percentage points, 95% CI 57 to 72; p < 0.0001). There were fewer adverse events (including disease flares) and serious adverse events in the top-down group than in the accelerated step-up group (adverse events: 168 vs 315; serious adverse events: 15 vs 42), with fewer complications requiring abdominal surgery (one vs ten) and no difference in serious infections (three vs eight). Interpretation: Top-down treatment with combination infliximab plus immunomodulator achieved substantially better outcomes at 1 year than accelerated step-up treatment. The biomarker did not show clinical utility. Top-down treatment should be considered standard of care for patients with newly diagnosed active Crohn’s disease.
Abstract aus Noor MN, Lee JC, Bond S, et al.: A biomarker-stratified comparison of top-down versus accelerated step-up treatment strategies for patients with newly diagnosed Crohn’s disease (PROFILE): a multicentre, open-label randomised controlled trial. Lancet Gastroenterol Hepatol 2024;S2468-1253(24)00034-7. DOI: 10.1016/S2468-1253(24)00034-7
Transfer in die Praxis von Prof. Dr. Dr. Bertram Bengsch (Freiburg im Breisgau)
Hintergrund
Das Krankheitsbild des Morbus Crohn und der klinische Verlauf nach Erstdiagnose sind hoch variabel. Entsprechend den aktuellen Leitlinienempfehlungen wird in der Regel ein Therapieansatz verfolgt, bei dem zunächst eine initiale immunsuppressive Therapie mit Steroiden angewandt wird [1]. Im Falle eines steroidabhängigen oder steroidrefraktären Verlaufes erfolgt eine Therapieintensivierung durch Hinzunahme von Immunmodulatoren oder Biologika, ein Ansatz der als «Step-up»-Strategie bezeichnet wird. Ein alternatives Behandlungsprinzip, die «Top-down»-Strategie, sieht eine bereits initial intensivierte immunsuppressive Therapie durch Behandlung mit Steroiden und Biologika vor, die in Abhängigkeit vom klinischen Verlauf reduziert bzw. ausgeschlichen werden können. Kleinere Vorstudien hatten Hinweise für eine klinische Überlegenheit der Top-down-Strategie geliefert [2], allerdings bei erhöhtem Auftreten von Nebenwirkungen.
Eine Vorhersage, welche Patienten nach Erstmanifestation einen komplizierten klinischen Verlauf erleiden würden und somit gegebenenfalls bevorzugt einem intensivierten Behandlungskonzept zugeführt werden können, war bislang nicht möglich. 2011 wurde bei Patienten mit Erstdiagnose eines akuten Schubes eine Gensignatur von CD8-T-Zellen im peripheren Blut als ein vielversprechender Biomarker identifiziert, der in einer Beobachtungskohorte mit einem steroidabhängigen Verlauf assoziiert war [3] und mit einem unterschiedlichen Erschöpfungsgrad von T-Zellen in Verbindung gebracht wurde [4]. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurde ein auf 17 Genen basierender prognostischer Biomarker entwickelt, der Patienten in 2 Gruppen (IBDhi vs. IBDlo) einteilt.
Ergebnisse der Studie
In der kürzlich publizierten prospektiven, randomisierten, multizentrischen (alle teilnehmenden Zentren aus Großbritannnien) klinischen Studie PROFILE (PRedicting Outcomes For Crohn’s disease using a moLecular biomarker) wurde nun überprüft, ob der Biomarker geeignet ist, die Prognose vorherzusagen und die Therapieentscheidung zwischen Top-down- und Step-up-Ansätzen zu beeinflussen. Das Studiendesign beinhaltete auch den davon unabhängigen Vergleich zwischen Top-down- und Step-up-Strategie.
In die Studie wurden 386 Patienten mit neu diagnostiziertem M. Crohn und signifikant aktiver Erkrankung (Harvey-Bradshaw-Index (HBI) ≥ 7, erhöhtes C-reaktives Protein (CRP) oder Calprotectin im Stuhl, endoskopischer Nachweis einer aktiven Entzündung) eingeschlossen. Alle Patienten erhielten eine 8-wöchige Steroidinduktionstherapie mit systemischem Steroid oder Budesonid. Der molekulare Biomarker wurde mit dem PredictSURE-IBD-Test gemessen und die Patienten wurden über eine gesicherte Online-Plattform doppelt verblindet nach Beginn der Steroidtherapie entweder einer Behandlung nach Top-down-Strategie (mit dem Anti-TNF-Antikörper Infliximab und einem Immunmodulator) oder nach (beschleunigter) Step-up-Strategie zugeteilt. Bei der Zuteilung wurden ebenfalls der Schweregrad der endoskopischen Entzündungsaktivität und das Ausmaß der Erkrankung berücksichtigt. Primärer Endpunkt war eine dauerhafte steroidfreie Remission (ohne zwischenzeitliche chirurgische Therapie) nach 48 Wochen, definiert durch eine unauffällige Klinik mit HBI < 5 und unauffälligen Entzündungsmarkern. Die Kohorte bestand 1:1 aus Patienten der IBDhi- bzw. der IBDlo-Gruppe und war in Bezug auf die klinischen Charakteristika der Patienten sehr gut gematcht.
Hinsichtlich der Rolle des Biomarkers war das Ergebnis ernüchternd. Der absolute Unterschied im Behandlungsergebnis basierend auf dem Biomarker lag im Bereich von 1–2% und war nicht signifikant. Im Gegensatz zu diesem Ergebnis zeigte sich ein wesentlicher Vorteil in den generellen Behandlungskonzepten für die Top-down-Strategie – in dieser Gruppe erreichten 79% der Patienten den kombinierten Endpunkt, während dies in der Step-up-Gruppe nur bei 15% der Patienten der Fall war. Weitere Subanalysen zeigten ebenfalls Vorteile in der Top-down-Gruppe, wie in Bezug auf die endoskopisch beurteilte Schleimhautheilung, die Lebensqualität, Schubanzahl und Steroideinnahme. Auch die Notwendigkeit einer chirurgischen Intervention war in der Top-down-Kohorte deutlich erniedrigt. Interessanterweise zeigte sich ferner im Vergleich der Nebenwirkungen kein wesentlicher Vorteil des Step-up-Ansatzes; im Gegenteil, die allgemeinen und schweren Nebenwirkungen waren in der Step-up-Gruppe häufiger. Zu diskutieren ist, dass die Ergebnisse der Studie bessere Remissionsraten als in historischen Vergleichsstudien aufweisen. Hierzu könnte die schnelle Initiierung der Therapie nach Studieneinschluss (im Median 12 Tage), somit der Einschluss der Patienten in einem früheren Krankheitsstadium und der Einschluss von Patienten mit auch vergleichsweise milder Erkrankungsaktivität beigetragen haben. Die Einschlusskriterien sind jedoch aus klinischer Perspektive als praxisnah einzuschätzen.
Fazit für die Praxis
Zusammengefasst sprechen die Ergebnisse eine klare Empfehlung für einen Top-down-Behandlungsansatz bei der Erstdiagnose eines akuten Schubes des M. Crohn aus.
Hinsichtlich der Rolle eines Biomarkers reihen sich die Ergebnisse der Studie in die bereits kontroverse Beurteilung des vorgeschlagenen Biomarkers im Feld ein. So hatte eine den Autoren der Studie nahe Studiengruppe in einer pädiatrischen Kohorte bereits keinen Hinweis auf eine klinische Rolle des Klassifikationsansatzes gefunden, was zu einer intensiven Diskussion über die Auswertungsmethodik im Fachjournal Gastroenterology [5] führte. Auch eine unabhängige umfassende Untersuchung der Rolle der T-Zell-Erschöpfung beim adulten M. Crohn aus grundlagenwissenschaftlicher Perspektive konnte mit Einzelzellmethoden zwar einen Zusammenhang der T-Zell-Erschöpfung mit dem Schweregrad der Erkrankung finden, allerdings war dieser nur bei einem recht kleinen Teil der krankheitsassoziiert aktivierten Immunzellen des Blutes nachweisbar [6]. Ferner ist anzumerken, dass der in der Studie verwendete Biomarker auf einer Gesamtanalyse des Transkriptoms aller CD8-T-Zellen beruhte, was zu unspezifischen Ergebnissen beitragen kann, und auch nur wenige typische erschöpfungsassoziierte Gene beinhaltete. Somit bleibt das biologische Korrelat der zuvor identifizierten Gensignatur aktuell unklar. Es ist zu vermuten, dass eine höher aufgelöste Immunanalyse mit Einzelzellmethodik, die die krankheitsrelevanten Immunpopulationen sicher erfasst, einen geeigneteren Biomarker für den Krankheitsverlauf identifizieren kann. Die Autoren sind dennoch bezüglich ihrer in Bezug auf das Studiendesign rigorosen Testung des Biomarkers zu beglückwünschen. Die Studie belegt gleichzeitig die Notwendigkeit der prospektiven Testung von Biomarkern in unabhängigen Kohorten mit klar definierten klinischen Endpunkten. Es ist zu hoffen, dass das in Bezug auf diesen Biomarker negative Ergebnis keine abschreckende Wirkung für zukünftige Biomarkeransätze hat, die in Zeiten personalisierter Therapiekonzepte dringend benötigt werden.
Disclosure Statement
Der Autor ist Patenthalter in Bezug auf Methoden für die Detektion erschöpfter T-Zellen (WO2019084493A1). Seine Arbeitsgruppe untersucht grundlagenwissenschaftlich die Rolle der T-Zell-Differenzierung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.