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Unser pathogenetisches Wissen zu Autoimmunerkrankungen hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Wir verstehen deren Entstehung und klinische Bilder sowie auch Zusammenhänge untereinander heute sehr viel besser. Insbesondere haben die immunologische Diagnostik und die Therapie große Fortschritte gemacht. Durch unser aktuelles pathogenetisches Wissen können bereits etablierte therapeutische Ansätze hinsichtlich ihrer Wirksamkeit erklärt und neue therapeutische Ansätze zielgerichtet entwickelt werden. Hier sind insbesondere die Biologika als Zytokin- oder Rezeptorantikörper und Fusionsproteine als hochspezifische und effiziente Wirkstoffe zu nennen. Sie sind in der Lage, pathogenetisch bedeutsame Entzündungsmediatoren oder Rezeptoren zu blockieren und spezifisch - und in der Regel nebenwirkungsarm - das Krankheitsgeschehen zu unterbrechen.

Jüngst haben sogenannte kleinmolekulare Antagonisten (Small Molecular Antagonists, SMA) Einzug in unseren therapeutischen Alltag gefunden. Sie vermögen breiter als therapeutische Antikörper, aber auch sehr viel spezifischer als die altbekannten Immunsuppressiva die intrazellulären Signaltransduktionswege zu unterbrechen.

Die klassische Knochenmarks- oder Stammzelltransplantation wird mittlerweile jenseits hämatoonkologischer Diagnosen auch bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt, ohne nur bei schweren Krankheitsbildern oder multiplen Therapieversagen die letzte Therapieoption zu sein. Daneben sind spezifische zelluläre Ansätze mit dendritischen Zellen oder Lymphozyten wie regulatorischen T-Zellen und Natural killer (NK-)-Zellen beschrieben, die eine individualisierte Therapie ermöglichen. Bei sehr schnell progredienten und ausgeprägten Krankheitsfällen hat aktuell die adaptative CD19-CAR-T-Zelltherapie gute Erfolge gezeigt und ist hochrangig publiziert worden (1). Diese wird weltweit bisher nur an wenigen Zentren durchgeführt und muss hinsichtlich ihrer langfristigen Wirksamkeit und Verträglichkeit noch evaluiert werden.

Mit diesen Ansätzen sind damit sowohl humoral, Antikörper vermittelte, d.h. B-Zell abhängige, aber auch zellulär vermittelte Autoimmunerkrankungen aus dem rheumatologischen, dermatologischen und gastroenterologischen Bereich erfolgreich behandelt worden.

Die moderne klinische Immunologie hat damit unseren Umgang mit verschiedenen Autoimmunerkrankungen grundlegend verändert und wird auch noch in den nächsten Jahren hochspezifische, effektive und individualisierte Therapieansätze bei guter Verträglichkeit ermöglichen. Ob ihr Einsatz auch jenseits von Zentren der akademischen Medizin möglich sein wird, ist von der weiteren Entwicklung unserer medizinischen Versorgung abhängig.

In dieser Ausgabe finden Sie zahlreiche Beispiele für die praktische Anwendung der neuen Therapien. Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen

Ihr

Michael Sticherling

1.
Müller
F
,
Taubmann
J
,
Bucci
L
, et al
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CD19 CAR T-Cell Therapy in Autoimmune Disease - A Case Series with Follow-up
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N Engl J Med
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2024
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390
(
8
):
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700
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