Das Fokusthema zu den entzündlichen Gelenkerkrankungen ist ein gutes Beispiel für die Interdisziplinarität der Rheumatologie mit vielen Schnittstellen zu anderen Fachbereichen.
Nicht nur die Erweiterung des therapeutischen Armamentariums bei der Behandlung entzündlicher Arthritiden, sondern auch die Bestrebungen, eine entzündliche Gelenkerkrankung möglichst früh unter Einsatz moderner Bildgebung und Labor zu detektieren zeigen auf, dass der Differentialdiagnose und frühen Therapie eine zunehmende Bedeutung zukommt.
Auch wenn das «gute alte» Methotrexat weiterhin die übliche initiale Basistherapie bei der rheumatoiden Arthritis und Psoriasisarthritis darstellt, so zeigt eine hier im Heft vorgestellte Kasuistik jedoch noch einmal eindrücklich auf, dass ein engmaschiges Monitoring gerade bei älteren Patienten mit möglicherweise eingeschränkter Nierenfunktion relevant ist, um Toxizitäten rechtzeitig zu erkennen [1].
In den aktuellen EULAR-Empfehlungen sowohl für die rheumatoide Arthritis wie auch für die Psoriasisarthritis sind Biologika und JAK-Inhibitoren den konventionellen Basistherapien nachgeordnet. Gilt bei der rheumatoiden Arthritis weiterhin das Dogma, wenn möglich Methotrexat im Sinn einer Kombinationstherapie (zusammen mit Biologika bzw JAK-Inhibitoren) auch bei Versagen auf eine Methotrexat Monotherapie fortzuführen, so mehren sich bei der Psoriasisarthritis die Daten, die zeigen, dass, abgesehen von den TNF-Blockern, kein relevanter Vorteil von einer Kombinationstherapie mit Methotrexat erwartet werden kann. Hingegen scheinen bei der Psoriasisarthritis andere Faktoren wie das Geschlecht des Patienten von Bedeutung zu sein: So sprechen Männer in einer Head-to-head-Studie ähnlich gut auf TNF-Blocker und Anti-IL17-Inhibitoren an, Frauen sprechen wiederum schlechter auf diese Biologika an, wobei wiederum das Ansprechen auf IL17-Inhibitoren besser als auf TNF-Inhibitoren zu sein scheint.
Die geschlechtsspezifischen Unterschiede in Diagnostik und Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen ist ein weiteres Thema in diesem Heft [2]. Die meisten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen «bevorzugen» das weibliche Geschlecht, auch haben Frauen vielfach häufiger als Männer eine längere Krankheitsdauer, bevor die Erkrankung diagnostiziert und eine adäquate Therapie eingeleitet wird. Es ist daher gut zu wissen, dass sich auch das klinische Bild einer Erkrankung bei beiden Geschlechtern unterschiedlich darstellen kann. Frauen haben häufiger eine nicht-radiographische Spondylarthritis, auch periphere Gelenke sind vermehrt betroffen. Bei Männern sind hingegen radiologische Veränderungen früher und häufiger, auch serologische Entzündungsmarker sind typischerweise erhöht. Interessanterweise werden auch Kollagenosen bei Männern häufig früher diagnostiziert, dies mag an den bei Männern nicht selten auftretenden schwereren Organbeteiligungen liegen.
Spannend ist natürlich auch die Frage hinsichtlich der Inanspruchnahme der ärztlichen bzw. rheumatologischen Versorgung. Es ist fast ein bisschen überraschend, dass auch das ärztliche Geschlecht eine Rolle spielt, so zeigte eine kanadische Studie, dass männliche Hausärzte später als weibliche Hausärztinnen dazu neigten, eine rheumatologische Überweisung zu veranlassen [2].
Das Thema geschlechtsspezifischer Besonderheiten in der Rheumatologie umfasst ein weites Feld, einschließlich Effektivität und Toxizität von Therapien, Komorbiditäten bis hin zur Entwicklung von Therapieempfehlungen. Ein Beispiel dazu ist eine ältere Arbeit, die sogar im renommierten New Engl J Med publiziert wurde, die zeigte, dass eine konventionelle Tripel-therapie von Methotrexat, Sulfasalazin und Hydroxychloroquin vergleichbar effektiv ist wie eine Kombination aus Methotrexat und einem TNF-Blocker [3]. Diese Arbeit wurde, nicht überraschend, auch unter sozioökonomischen Aspekten intensiv diskutiert. Bei diesen Diskussionen wurde jedoch häufig nicht berücksichtigt, dass es sich um eine Studie an US-Veteranen, also vornehmlich Männern, handelte, und Männer besser als Frauen auf eine konventionelle Kombinationstherapie ansprechen. Ein Beispiel dafür, wie weitreichend dieser Aspekt sein kann.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß und vor allem Erkenntnisgewinn beim Lesen dieser Kompass-Ausgabe!