Background: Glucocorticoid exposure is a significant driver of morbidity in children with systemic juvenile idiopathic arthritis (sJIA). We determined the effect of early initiation of biologic therapy (IL-1 or IL-6 inhibition) on glucocorticoid exposure in hospitalized patients with new-onset sJIA. Methods: We emulated a pragmatic sequence of trials (“pseudo-trials”) of biologic initiation in children (≤ 18 years) hospitalized with new-onset sJIA utilizing retrospective data from an administrative database from 52 tertiary care children’s hospitals from 2008 to 2019. Eligibility window, treatment assignment and start of follow-up between biologic and non-biologic study arms were aligned for each pseudo-trial. Patients in the source population could meet eligibility criteria at several timepoints. Mixed-effects logistic regression was used to determine the effect of biologic initiation on in-hospital glucocorticoid exposure. Results: Four hundred sixty-eight children met eligibility criteria, of which 19% received biologic therapy without preceding or concomitant initiation of immunomodulatory medications. This proportion significantly increased over time during the study period (p < 0.01). 1451 trial subjects were included across 4 pseudo-trials with 71 assigned to the biologic arm and 1380 assigned to the non-biologic arm. After adjustment, there was a trend toward decreased odds of glucocorticoid initiation in the biologic arm compared to the non-biologic arm (OR 0.39, 95% CI [0.13, 1.15]). Conclusion: Biologic initiation in children hospitalized with new-onset sJIA significantly increased over time and may be associated with reduced glucocorticoid exposure. The increasing use of first-line biologic therapy may lead to clinically relevant reductions in treatment-related adverse effects of glucocorticoid-reliant therapeutic approaches.

Abstract aus Peterson RG, Xiao R, Katcoff H, et al.: Effect of first-line biologic initiation on glucocorticoid exposure in children hospitalized with new-onset systemic juvenile idiopathic arthritis: emulation of a pragmatic trial using observational data. Pediatr Rheumatol Online J 2021;19:109. DOI: 10.1186/s12969-021-00597-z

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Hintergrund

Glukokortikoide (GC) sind historisch die erste Linie der Behandlung bei Kindern mit systemischer juveniler idiopathischer Arthritis (sJIA) und ermöglichen kurzfristig die Kontrolle der akuten Entzündung. Leider führen sie aber oft zu kurz- und langfristigen Nebenwirkungen, einschließlich Wachstumshemmung, Osteoporose, avaskulärer ossärer Nekrose, Adipositas, Katarakt, Bluthochdruck und psychischer Pathologien. Während die klassischen krankheitsmodifizierenden Antirheumatika bei sJIA nicht wirksam sind, wurden bei Interleukin (IL)-1- und IL-6-Inhibitoren in 2 großen randomisierten kontrollierten Studien (RCT) gute Effekte auf die systemischen und artikulären Manifestationen von sJIA nachgewiesen [1, 2]. Basierend auf diesen Ergebnissen befürworteten die Empfehlungen des American College of Rheumatology (ACR) von 2013 für die sJIA-Behandlung die IL-1-Hemmung als Initialtherapie für Patienten mit schwerer Erkrankung [3], was einen wichtigen Wendepunkt im Behandlungsansatz für sJIA darstellt. Weitere Studien deuteten darauf, das IL-1-Inhibitoren auch in Monotherapie und ohne Einsatz von GC die Krankheitskontrolle ermöglichen [4]. Es ist jedoch nicht bekannt, ob eine frühzeitige Einleitung einer biologischen Therapie den Bedarf an GC bei Kindern, die mit Beginn der sJIA ins Krankenhaus eingeliefert werden, verringern wird, vor allem weil diese Kinder oft eine schwerere Erkrankung haben. Weil die Behandlung dieser Kinder in verschiedenen amerikanischen Spitälern zwischen 2008 und 2019 unterschiedlich war, ergab sich die Möglichkeit zu beurteilen, ob der Einsatz eines Biologikums als Erstlinientherapie ursächlich mit einer Reduktion des GC-Einsatzes verbunden ist.

Um diese Frage zu beantworten, wurde eine neuartige Strategie angewendet, die Beobachtungsdaten nutzt, um eine hypothetische pragmatische Studie (Pseudo-Studie) zu emulieren [5]. Bei diesem Ansatz werden die Auswahl der Therapie (treatment assignment), die Einschlusseignung der Patienten (eligibility) und der Beginn des Follow-ups zwischen den Studienarmen mit Biologikum und bzw. mit GC auf eine Linie gebracht (Abb 1). Diese Methode ist bei sJIA besonders günstig, weil diese eine seltene Krankheit ist, die die Durchführung von RCT erschwert und die Verwendung von Beobachtungsdaten erfordert.

Abb. 1.

Flussdiagramm des Patienteneinschlusses in Pseudo-Trials. Pseudo-Trials stellen eine innovative Strategie dar, die anhand von Beobachtungsdaten eine pragmatische Studie [5] simulieren kann, auch wenn sie das Confounding by Indication nicht so gut wie eine randomisiert-kontrollierte Studie vermeiden kann.

Abb. 1.

Flussdiagramm des Patienteneinschlusses in Pseudo-Trials. Pseudo-Trials stellen eine innovative Strategie dar, die anhand von Beobachtungsdaten eine pragmatische Studie [5] simulieren kann, auch wenn sie das Confounding by Indication nicht so gut wie eine randomisiert-kontrollierte Studie vermeiden kann.

Close modal

Das primäre Ziel dieser USA-basierten Studie war es festzustellen, ob ein früher Beginn einer Erstlinientherapie mit einem Biologikum bei Krankenhauspatienten mit neu aufgetretener sJIA zu einer Verringerung der GC-Exposition während desselben Krankenhausaufenthalts führt [6].

Ergebnisse der Studie

Beobachtungsdaten von Kindern, die mit neu aufgetretener sJIA ins Krankenhaus eingeliefert wurden, sind aus dem Pediatric Health Information System (PHIS) entnommen worden. PHIS ist eine amerikanische Verwaltungsdatenbank, die Informationen zu stationären Patienten, Notaufnahmen, ambulanten Operationen und Beobachtungseinheiten von 52 gemeinnützigen Kinderkrankenhäusern der Tertiärversorgung enthält. Die Therapie mit Biologika schloss Anakinra, Rilonacept, Canakinumab und Tocilizumab ein. Der Hauptendpunkt der Studie war der Beginn einer Behandlung mit GC während der sJIA-bedingten Hospitalisierung.

Die Quellpopulation bestand aus 534 Kindern (= 18?Jahre), die zwischen dem 01.01.2008 und dem 31.03.2019 aus einem von 52 PHIS-Krankenhäusern mit neu aufgetretener sJIA entlassen wurden. Um den Einschluss von sJIA-Patienten zu vermeiden, bei denen bereits vor der Hospitalisierung die sJIA bekannt war, schloss die Kohortendefinition Patienten aus, die in den ersten 2 Krankenhaustagen GC, Biologika oder Methotrexat erhielten.

Für alle Patienten galten vor Beginn des Follow-ups die gleichen Eignungskriterien, nämlich keine vorherige GC-Exposition. Patienten, die ein Biologikum während des 1-tägigen Baseline-Evaluierungsfensters begonnen hatten, wurden als Biologikum-Initiatoren (exponiert) betrachtet. Diejenigen, die kein Biologikum erhielten, wurden als Nicht-Initiatoren (nicht exponiert) betrachtet. Die Analyse verlief parallel zu einem Intention-to-treat-Design. Patienten in der Ausgangspopulation könnten die Eignungskriterien zu mehreren Zeitpunkten erfüllen und zu bis zu 4 Pseudostudien beitragen; sobald jedoch mit einem Biologikum begonnen wurde, kam der Patient nicht mehr für nachfolgende Studien infrage. Für die Pseudo-Trial-Analysen zur Beurteilung der Assoziation der Exposition gegenüber Biologika mit einer GC-Exposition wurden logistische Regressionsmodelle mit gemischten Effekten verwendet.

Insgesamt wurden 468 Kinder, die die Eignungskriterien erfüllten und aus einer der 52 PHIS-beitragenden Krankenhäuser mit neu aufgetretener sJIA entlassen wurden, eingeschlossen. Davon waren 19% einer Biologikumtherapie exponiert worden, ohne vorherige oder gleichzeitige Einleitung zusätzlicher immunmodulatorischer Medikamente (z.B. Methotrexat, GC). Dieser Anteil stieg deutlich im Laufe der Zeit während des Studienzeitraums (p < 0,01), sodass er zwischen 2017–2019 40% erreichte. Für den Vergleich zwischen Biologika-exponierten bzw. -nichtexponierten Patienten bezüglich einer GC-Therapie wurden 1451 Fälle in 4 Pseudo-Studien eingeschlossen, davon waren 71 gegenüber Biologika exponiert (69 Anakinra, 1 Canakinumab und 1 Tocilizumab) und 1380 waren nicht exponiert. Nach der Anpassung an potenzielle Confounders gab es einen Trend zur verringerten Wahrscheinlichkeit eines GC-Einsatzes bei Biologika-Exponierten im Vergleich zu Nicht-Exponierten (Odds Ratio (OR) 0,39, 95%-Konfidenzintervall (KI) 0,13–1,15).

Fazit für die Praxis

Die Resultate der Studie, wenn auch nicht statistisch signifikant, zeigten einen Trend zur Abnahme der GC-Exposition bei Patienten, die eine Ersttherapie mit einem Biologikum erhalten haben. Therapien mit einem Biologikum in erster Linie, ohne Begleit- oder Vorbehandlung mit GC oder Immunmodulatoren, wurden eher im Laufe der Zeit üblich.

Insgesamt deutet diese Studie darauf hin, dass die anfängliche Therapie mit einem Biologikum die Verwendung von GC bei hospitalisierten Kindern mit neu aufgetretener sJIA reduzieren kann. In Anbetracht der historisch dokumentierten GC-verursachten Morbidität bei Kindern mit sJIA wäre die Vermeidung einer GC-Exposition ein großer Vorteil von Biologika als Erstlinientherapie.

Weitere Studien sind erforderlich, um andere wichtige klinisch relevante, langfristige Outcomes (beispielsweise Infektionen, Makrophagenaktivierungssyndrom, sJIA-assoziierte Lungenerkrankung und langfristige GC-Toxizität) evaluieren zu können.

Hiermit erkläre ich, dass keine Interessenkonflikte in Bezug auf den vorliegenden Kommentar bestehen.

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